Im Interview: Andre Nimtz – ein Inselkoch mit dem Hang zur Natur …

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Andre Nimtz

Andre Nimtz, Jahrgang 1984, geboren in Prenzlau, ledig, eine Tochter.

 

Nach der Kochlehre im Restaurant Tiergarten Neustrelitz begann seine viereinhalbjährigen Wanderjahre, die ihn in Österreich u.a. nach Ischgl und Mayrhofen führten. Danach zog es ihn zurück in den deutschen Nordosten und er arbeitete als Sous Chef im damaligen Restaurant „Fürstenhof“ am Neustrelitzer Marktplatz. Seit 2014 ist er Küchenchef im Restaurant „Tilia“ des Seehotels Lindenhof in Lychen.


 

Was ist für Sie Genuss im Allgemeinen, abseits von Essen und Trinken?

Da brauche ich nicht lange zu überlegen: Eine Freizeit mit Ruhe und viel Natur.

 

Und wie definieren Sie Genuss in kulinarischer Hinsicht?

Der tritt dann ein, wenn der Spagat zwischen Zubereitung mit frischen Produkten und der dabei umgesetzten Optik gelungen ist.

 

Ich weiß, dass in Ihrem Haus die Hotelchefin die Ausrichtung der Küche vorgibt. Wie bringen Sie sich als Küchenchef in die Gestaltung der Karte ein?

Das Procedere ist einfach: Sie gibt die geschmacklich-kombinatorische Marschrichtung vor. Dann beraten wir gemeinsam, was stimmig umsetzbar ist.


Und wenn es trotzdem unter Standpunkte im Detail gibt?

Wenn dann die Meinungen einmal etwas auseinander gehen, werden sie eben auf einen gemeinsamen, machbaren Nenner gebracht. Das muss nicht immer der kleinste sein …

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Nach welchen Kriterien entwickeln Sie die Speisen?

Wie eingangs schon einmal bemerkt: Geschmack und Optik müssen eine Einheit bilden.

 

Wie beschreiben Sie die kulinarische "Philosophie" und damit das kulinarische Angebot in einem Satz?

Ich gebe mal Stichworte vor: Ausgefallen, jung, saisonale Frische und eine gewisse kulinarische Frechheit im positiven Sinn des Wortes.

 

Das Restaurant Tilia definiert sich gleichermaßen über Haute cuisine und deftige Hausmannskost.

So ganz strikt würde ich das nicht trennen. Wir „wagen“ ein geschmackliches Spiel mit und zwischen den Komponenten.


Wie bewältigen Sie diesen Spagat?

 Eben dieses „Spiel“, wie immer man es nennt, muss ausgewogen sein. Das eröffnet auch Spielräume und damit Interpretationsmöglichkeiten für den Gast.

Über welche Werte definieren Sie Ihre Küche?

Im Mittelpunkt steht das Handwerk, verbunden mit der Maßgabe, Produkte kreativ in Szene zu setzen, um dem Gast ein nachhaltiges Geschmackserlebnis zu bieten.

 

Verstehen Sie sich als Koch eher als Künstler oder als Handwerker?

Das ist mit der vorherigen Frage bereits beantwortet: Ich bin Genuss-Handwerker …

 

Wie wichtig ist Ihnen traditionelle Küche?

Auch das zielt in Richtung Handwerk. Die sogenannte traditionelle Küche ist die Grundlage für alles, was darauf aufbaut.

 

Worin wollen Sie sich im kulinarischen Umfeld bewusst unterscheiden?

Wir wollen geschmacklich und optisch kulinarische Überraschungen bieten.

Wie leben Sie als Küchenchef Ihre kreative Ader als Koch aus?

Ich bin Teil des Küchenteams und setze auf die Abstimmung im Team. Da kann jeder seine Vorstellungen einbringen und wir finden immer so etwas wie den goldenen Mittelweg.

 

Wo setzen Sie ggf. mit Sparsamkeit an: An der Kreativität oder am Geschmack?

 Sie definieren sparsam sicher in wirtschaftlicher Hinsicht. Diesen Faktor darf man natürlich nie aus den Augen verlieren. Aber letztlich ist es falsch sowohl an geschmacklicher Kreativität zu sparen. Das zahlt sich auf längere Frist nicht aus.


Kommt Ihre Küche ohne "Verstärker" oder Convenience-Produkte aus?

Darüber brauch wir eigentlich nicht zu reden. Ohne solche Dinge kommen wir sehr gut aus und setzen lieber natürliche Dinge wie Kräuter und Gewürze ein.

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Woher beziehen Sie Ihre Produkte?

Hauptsächlich von Chef Culinar, die ein breites Spektrum erstklassiger Produkte vorhalten und uns stets verlässlich beliefern.

 

Wie wichtig ist Ihnen die Zusammenarbeit mit regionalen Erzeugern?

Das spielt natürlich auch eine Rolle, wenngleich auch die Möglichkeiten beschränkt sind. Das sind dann eher Kleinerzeuger, die Geflügel, aber auch Pilze und Gemüse liefern. Solche Kooperationen gehen wir je nach Möglichkeiten gern ein.

 

Wie stehen Sie zu dem Grundsatz „Vom Einfachen das Beste“?

Das sollte die Devise eines jeden Kochs sein, der fähig sein muss, aus einfachen Dingen geschmacklich etwas herauszukitzeln.

 

…und welchen Standpunkt vertreten Sie in Sachen ganzheitliche Verwertung?

Das hat vor allem auch etwas mit Respekt vor der Natur zu tun. Das trifft nicht nur auf das Tier, sondern auch auf Produkte wie Gemüse zu. Das verlangt neben fundierten Handwerkswissen natürlich auch eine gewisse kreative Denkweise.

 

Wie holen Sie sich Inspirationen für Ihre Speisekarte?

Neben den Vorgaben der Geschäftsleitung lohnt sich natürlich auch der bekannte Blick über den Tellerrand. Da kann man sich Ideen für die Weiterentwicklung der eigenen Karte holen, ohne zu kopieren.

Wo kehren Sie in diesem Kontext besonders gern ein?

Gern suche ich dafür Restaurants wie das „Klassenzimmer“ in der Alten Schule in Fürstenhagen, das Tenzo in Triepkendorf oder das „Herr Grünfink“ in Neubrandenburg auf,

 

Kochen Sie mehr nach Rezepten, oder nach geschmacklich-kombinatorischer Intuition?

Die sogenannten Basics muss man zwar kennen und können. Aber ich bin eher der Freistil-Koch.

 

Wie viel Kreativität gönnen Sie sich abseits der Vorgaben bei der Präsentation Ihrer Gerichte?

Ich sage es mal humorig, alles was nach den Vorgaben kommt, ist sozusagen auf „meinem Mist“ gewachsen. Natürlich immer in Abstimmung …

 

Wie viel „Kunst“ auf dem Teller sollte man dem Gast überhaupt zumuten?

Kurz und bündig: Man darf den Gast nicht überfordern. Der Geschmack bestimmt den Erfolg

 

Inwieweit fließen auch internationale Akzente in Ihre Speisekarte ein?

Nun ja, einen leicht asiatischen Touch, sprich: Geschmack, lasse ich mir schon hier und da nicht nehmen und baue diese Nuancen in bestimmte Gerichte ein.

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Bieten Sie das, was man unter Gourmet versteht?

Ich sage es mal salomonisch: Wir sind kreativ und bodenständig-solide. Was immer der Gast damit verbinden möge.


Was ist für Sie ein Spitzenkoch? Ist ein Stern dafür das Muss?

Viele mehr als ein „Nein“ kann ich Ihnen nicht bieten. Entscheidend ist die handwerkliche Umsetzung.

 

Würden Sie ganz gern auch mal nach den Sternen greifen?

Ganz eindeutig; Nein. Ich brauche solche Bestätigungen nicht. Der Gast allein entscheidet, und das ist besser als der ständige Druck, dem man durch Ehrungen wie von Michelin oder Gault Millau ausgesetzt ist.

 

Welche Köche sind für Sie eine Art Vorbild in Bezug auf Authentizität und Qualität des Kochens?

Sie werden lachen, oder auch nicht: Tim Mälzer. Das ist ein kochendes Original mit Herz.

Wie viel bedeutet Ihnen der Erfahrungsaustausch mit Kollegen aus der Region?

Der ist mir schon wichtig, findet aber nur in beschränktem Maße und meist privat statt.

 

Welchen Traum als Koch würden Sie sich gern noch verwirklichen?

Dass ich mein Handwerk als Koch im Lindenhof bis zur Rente erlebe … Nicht mehr, nicht weniger.

 

Wie muss ein Restaurant aussehen und was muss es Ihnen bieten, um sich dort als Gast wohl zu fühlen?

Für mich zählen in dieser Beziehung eine gewisse Gemütlichkeit, ein nicht zu steifer, durchaus persönlicher Service und natürlich gutes Essen.

 

Was hat ein Koch wie Sie für Hobbys? Spielt Kulinarik für Sie auch in der Freizeit eine Rolle?

Natürlich denke ich auch in meiner Freizeit über den Beruf und kulinarische Ideen nach. Privat liebe ich aber die Natur, das Quad-Fahren und gemeinsame Unternehmungen mit meiner Tochter sehr.

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