Im Interview: Georg Walther – einer, der mit Tradition und Zeitgeist kocht…

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Georg Walther

Georg Walther, Jahrgang 1977, geb. in Waren/Müritz, verheiratet, 2 Kinder, ein Hund.


Seine Ausbildung absolvierte er 1993 bis 1996 im Restaurant Werderbruch in Neubrandenburg. Seit 2013 ist er geprüfter Küchenmeister der IHK Rostock und seit 2013 Mitglied Prüfungskommission für Köche IHK Neubrandenburg. Stationen seines Schaffens waren u.a. das Hotel Louis C. Jacob, Hamburg, Schloss Schorssow und Gutshof Woldzegarten sowie das Gesundheitshotel Kurzentrum Waren/Müritz. Seit 2016 ist er Küchenchef im Restaurant Blüchers Schlosshotel Fleesensee.

Was ist für Sie Genuss abseits von Essen und Trinken?

Ganz einfach, ich genieße es, Zeit und Ruhe für die und mit der Familie zu haben.

 

Wie beschreiben Sie Genuss im kulinarischen Sinne?

Das muss jeder für sich selbst definieren. Die diesbezügliche Palette reicht von Karo einfach bis anspruchsvoll. Für mich ist kulinarischer Genuss der optimal in Szene gesetzte Geschmack bei der Zubereitung von Gerichten aller Art.

 

Wie definieren Sie Ihre kulinarische "Philosophie"?

Ich koche in dem Bestreben, das Produkt ohne Schnörkel, aber mit geschmacklich-kombinatorischer Raffinesse auf den Teller zu bringen.

 

Beschreiben Sie das kulinarische Angebot Ihres Restaurants in einem Satz?

Wir bieten für jeden Geschmack etwas an und wollen damit zum Genuss anregen und verwöhnen.


Was heißt das genauer?

Wir bieten gehobene regionale Küche mit mediterranen und französischen Akzenten. Man kann es auch „neue internationale Regionalität“ nennen.

 

Über welche Werte definieren Sie Ihre Küche?

Ich bin ein Vertreter der sogenannten „alten Schule“ und koche so, wie ich es gelernt habe. Sowas nennt man heute wohl „ehrliche“ Küche.

Bedeutet das, dass Sie altmodisch kochen?

Natürlich nicht. Das Kochen muss jedoch auch mit dem Zeitgeist einhergehen. Allerdings ohne die Grundlagen zu verleugnen, auf die alles aufbaut.

 

Verstehen Sie sich als Koch eher als Handwerker oder als Künstler?

Das sagen schon die beiden vorhergehenden Antworten: Ich verstehe mich in erster Linie als Handwerker. Aber eine gewisse künstlerische Ader kommt selbstverständlich manchmal schon durch… Spätestens beim Anrichten der Teller.

 

In diesem Zusammenhang: Wo setzen Sie Grenzen in der Präsentation Ihrer Gerichte?

Sagen wir es mal so: In meiner Küche gibt es keinen Chemiebaukasten und ich bin auch kein kochender Feinmechaniker mit winzigen Werkzeugen für das Anrichten. Ich bin da eher für die schlichte Ausführung, bei der man das Produkt erkennen kann.

 

Wie wichtig ist Ihnen traditionelle Küche?

Ohne Tradition kommt auch nichts Modernes zustande. Sie ist auch in der Küche die Grundlage aller Entwicklung. Soll auch heißen: Ohne Tradition gibt es kein wirklich gutes Ergebnis.

 

Anders gefragt: Wie setzen Sie Akzente der traditionellen Küche in Ihren Gerichten ein?

Beispielsweise beim klassischen Schmoren. Über diesem Weg kann man viele geschmackliche Nuancen herauskitzeln und neue Akzente setzen.

Worin wollen Sie sich mit Ihrer Küche im regionalen Umfeld bewusst unterscheiden?

Bewusste Unterscheidung will ich das nicht nennen. Aber wird produzieren viele Zutaten selbst. Damit erreichen wir natürlich auch beste Qualität, die wir auf dem Teller umsetzen können.

 

Was halten Sie von gastronomischen Trends die kochtechnisch auf „brutal lokal“ und andere mehr oder weniger sinnige Slogans setzen?

Von solchen Trends halte wenig, zumal sie meist wirklich nur Slogans sind und oft nur etwas vormachen wollen. Den Begriff „lokal“, der durchaus vorhanden sein sollte, sollte man jedoch nicht in zu engen Grenzen sehen.

 

Inwieweit setzen Sie in Ihren Menüs auch internationale geschmackliche Akzente ein?

Das trifft vor allem auf den Einsatz von speziellen Gewürzen, aber auch von speziellen Produkten wie französisches Geflügel, Meeresfrüchte oder exotisches Obst zu, dient aber meist nur der geschmacklich-kombinatorischen Raffinesse.

 

Inwieweit räumen Sie dem Gast ein,  (s)ein Menü zusammenstellen?

Niemand muss bei uns das komplette Menü essen, sondern kann ganz nach Geschmack und Lust auch aus dem a la carte Angebot auswählen und zusammenstellen. Wir bieten auch die meisten Speisen in großen und kleinen Portionen an.

Nach welchen Kriterien entwickeln Sie Ihre Speisen?

Das ist stets eine Kombination aus Saison, Preis und den eingesetzten Produkten. Und es ist auch stets ein Hauch von Zeitgeist und individuellen Vorlieben dabei.

 

Müssen Sie sich dabei Beschränkungen beispielsweise monetärer Art auferlegen?

Nein, der Preis spielt erst einmal eher eine untergeordnete Rolle. In der Summe der Kalkulationen muss es dann aber schon passen.

 

Kommt Ihre Küche ohne  "Verstärker" oder Convenience-Produkte aus?

Im Restaurants Blüchers definitiv. Man muss in diesem Zusammenhang aber auch das Wort Convenience an sich begrifflich schärfen. Das wird oft missverständlich einseitig benutzt und verstanden.

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Wie wichtig ist Ihnen die Zusammenarbeit mit regionalen Erzeugern?

Das ist ein ganz wichtiges Selbstverständnis für unsere Küche. Bauer Knust aus Sembzin beispielsweise hält unsere Rinder und liefert Gemüse und Kartoffeln. Wir haben aber, das habe ich an anderer Stelle schon angemerkt, eine respektable eigene Landwirtschaft. Insofern sind wir bestens mit Winter- und Lagergemüse sowie Obst bis hin zu Wassermelonen versorgt.


Sie definieren Ihr Restaurant über den Begriff Gourmet? Was gehört aus Ihrer Sicht dazu?

Entscheidend ist für mich, wie das der Gast für sich verinnerlicht. Gourmet hat nichts mit Extras zu tun, sondern die Grundlage ist immer wieder die Handwerklichkeit der Zubereitung der Speisen. Gourmet fängt in diesem Sinne beispielsweise  bei einem gut soufflierten Schnitzel an .

 

Hinterfragt: Ist der Gourmet-Begriff überhaupt noch zeitgemäß?

Für mich ist er es nicht. Vor allem, weil der Begriff meist negativ besetzt ist.

Oder können Sie sich auch einen Mittelweg zwischen bodenständiger und Gourmet-Küche vorstellen? Wenn ja, wie müsste der aussehen?

Es muss einen geben. Wie der geschmacklich ausgestaltet wird, entscheidet jedes Restaurant für sich. Neben gutem Essen spielt da jedoch auch der Service eine sehr wichtige Rolle, über den vieles laufen muss. Man muss mehr am Gast sein. Dezent, locker, zeitgemäß.


Was meinen Sie: Kann/sollte man den Gast zu seinem Glück, sprich: zum guten Essen, zwingen, oder erziehen. Wie weit sollte das Ihrer Meinung nach gehen?

Zwang geht gar nicht. Aber ich weiß schon, was Sie meinen. Erziehen kann man nur im Sinne von Aufklären, was gutes Essen ausmacht. In diesem Zusammenhang hängt auch viel von der Einstellung des Gastes dazu ab.

 

Was ist für Sie ein Spitzenkoch? Ist ein Stern dafür das Muss?

Das ist für mich einer, der seinen Beruf liebt und lebt. Einer, der die ganze Palette des Berufes erlebt hat. Nur so kann er sich ständig weiterentwickeln. Ein Stern ist für mich dafür kein Maßstab.

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In diesem Zusammenhang, was hat der Name Lafer während seines kurzen „Gastspiels“ für das Restaurant gebracht?

Das war eine gute Gemeinschaftsarbeit. Vor allem menschlich war das absolut ein Zusammenwirken auf Augenhöhe und hat auch Anregungen für die weitere Arbeit gebracht.


Ist ein Stern ein Ziel Ihres kulinarischen Schaffens? Wenn ja oder nein, warum...?

Für mich ist er nicht das Ziel. Für diese Auszeichnung gibt es so viele Unwägbarkeiten. Ich bin in dieser Beziehung auch realistischer geworden und koche so, dass es vor allen den Gästen gefällt. Denn deren Lob ist für mich mehr wert als ein Stern. Deswegen verweigern wir uns solchen Ehrungen natürlich nicht. Bei Gault Millau haben wir ja gerade die 15 Punkte erfolgreich verteidigt.

 

Welche der bekannten deutschen oder internationalen Köche sind für Sie eine Art Vorbild in Bezug auf Authentizität und Qualität des Kochens?

Ich schätze Köchinnen und Köche wie Anna Sgroi, Thomas Martin und Alexander Herrmann. Grundsätzlich schätze ich alle, die einen ganz eigenen Stil verkörpern und sich nicht von Trends  verbiegen lassen.

Mit welchem Koch würden Sie selbst gern einmal zusammenarbeiten?

Bei Thomas Martin habe ich Mitte der 1990er Jahre als Commis gearbeitet. Bei ihm würde ich gern nochmal ein „Praktikum“ absolvieren. Oder einfach mal etwas zusammen kochen.


Apropos "Kochen" noch eine humorige und doch ernst gemeinte Frage: Was würden Sie geschmacklich kombinieren, wenn Sie einmal so richtig die "kulinarische Sau" rauslassen wollen?

Ich würde eine Kombination aus Kaffee, Schweinebauch und Jacobsmuscheln wählen. Das habe ich auch schon gemacht und ist ein geschmacklicher Hammer. Ansonsten lasse ich jedoch die Sau lieber im Stall. Dafür ist mir das Kochen zu wichtig.


Welchen Traum als Koch würden Sie sich gern noch verwirklichen?

Eine kulinarische Mitmachreise um die Welt. Das wäre schon etwas, was mich reizen würde.

 

Wie muss ein Restaurant aussehen, was muss es Ihnen bieten, um sich wohl zu fühlen?

Ich bleibe bei Stichworten: Nicht steif, ehrliche Küche, exzellenter und lockerer Service.

 

Was haben Sie für Hobbys? Spielt Kulinarik für Sie auch in der Freizeit eine Rolle?

Ich fahre gern Motorrad. Ansonsten gehört die Freizeit der Familie, für die ich auch sehr gern und oft koche. Und natürlich schaue ich auf Reisen auch über den Tellerrand und hole mir kulinarische Anregungen.

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