Seiten-Blicke: Ein irrer Duft von Köstlichkeit

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Geschmackvoll: Käse gut, alles gut

"Käse macht erst geschickt die Zunge, Wein zu schmecken." Dieses Zitat wird dem Erzähler Heinrich von Kleist zugeordnet. Und ein Sprichwort heißt: "Beißt die Maus einmal am Käse, so kommt sie wieder." Das eine schließt für mich das andere nicht aus. Denn mit dem Geschmack von gutem Käse wachsen auch Sinn und Geschmack für guten Wein und man kann diesen Genuss nicht mehr lassen. Für mich jedenfalls gib'ts (fast) nichts besseres als eine Kombination von beidem. Die duftenden Köstlichkeiten haben es mir jedenfalls angetan und ich nutze jede Möglichkeit, neue Sorten zu "erkosten". Zugegeben, darunter auch Sorten, die nicht so mein Ding sind. Aber man(n) kann schließlich nur beurteilen, was man probiert. Halten Sie also getrost an, wo Ihnen solche duftenden Verführungen aus allen Ländern "über den Weg laufen" und lassen Sie die Geschmacksvielfalt auf sich wirken. Und lassen Sie sich nicht von Ex-Tagesthemen-Moderator Ulrich Wickert verrückt machen, der meint, dass man gleich als Lebemann gilt, wenn man etwas von Käse versteht. Ich meine, man muss davon nicht unbedingt alles verstehen. Aber seinen Geschmack kann man testen und schärfen. Bleiben Sie in diesem Sinne neugierig und vertrauen Sie auf Handwerk, wie immer...

Schwerin. Käseläden gibt es inzwischen wie Sand am Meer. Aber nicht alle halten den Duft, den sie versprechen. In Schwerin gibt's aber einen in der Mecklenburgstraße, an dem komme ich nie vorbei. Erstens wegen dem exzellenten, vielseitigen Angebot. Zweitens wegen der fachkundigen und beratend-eloquenten Inhaberin Martina Mühlenberg, die ihren Laden sinnigerweise auch "Der Käseladen Mühlenberg" genannt hat. Das öffnet der Fantasie des Kunden Tür und Tor.

Die freundliche Mittvierzigerin hat den Laden 1992 in der Landeshauptstadt eröffnet und kann seitdem auf einen festen Kundenstamm und natürlich auch solche Kunden verweisen, denen man Käse erst einmal schmackhaft machen muss. Man weiß ja, wat de Bur nich kennt..." Wie kommt man nun auf die duftende Idee, ein solches Geschäft zu betreiben, frage ich sie. "Ganz einfach, wie die Jungfrau zum Kind", meint Martina Mühlenberg, erklärt aber schnell weiter, "...so ganz zufällig war es natürlich nicht. Ich habe in der Molkerei in Blievenstorf bei Neustadt-Glewe Milchindustrielaborantin gelernt und stand da schon ganz gut in der Materie." Später hat sie im Rahmen eines berufliches Intermezzos in Hamburg von 1990 bis 1992 erste Käse-Verkaufserfahrungen gemacht. Weil aber die drei Töchter der Mühlenbergs in Mecklenburg aufwachsen sollten, ging es wieder zurück in die Lewitz und sie eröffnete mit ihrem Mann den Käseladen in Schwerin. Seit 2009 ist sie alleinige Inhaberin und Chefin zweier Mitarbeiterinnen.

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Die Kenntnisse und Fähigkeiten für den Job hat sie sich sozusagen "Learning bei doing" angeeignet, war auf Fachmessen unterwegs, hat viel gelesen und Käseproduzenten in verschiedenen Regionen Frankreichs besucht, selber Käse hergestellt und vor allem mit den Kunden zusammen immer wieder Neues ausprobiert. "Meine Ausbildung in einer Molkerei war aber sicher eine gute Grundlage", schätzt sie rückblickend ein. In ihrem Laden verlauft sie mit fast 200 Sorten eine stattliche Anzahl von Käse aller Art, aber vorwiegend handwerklich gefertigte Sorten. Ihr Anspruch: "Der Laden ist zu klein für Käse, der nicht schmeckt..."

Kriterien zur Auswahl benennt sie nicht wirklich. Martina Mühlenberg: "Erst einmal muss man sich entscheiden, wo man den Käse kaufen möchte. Und dann kommen die Fragen: Schaf? Ziege? Kuh? Büffel? Weich? Hart? Mild? Kräftig? Mit oder ohne Gewürze? Rot? Weiß? Blau? Dann hat man meist einen Plan, oder probiert eben doch aus dem reichhaltigen Angebot." Wenn ein Kunde nach einem "schönen Stück Käse" fragt und ob des großen Angebots ganz verwirrt ist, fange sie ihn wieder auf und führe ihn durch die Käsewelt. Ihre Erkenntnis, wenn man mit Käse erst einmal anfängt, hat man verloren. Oder besser gesagt: gewonnen. Man ist ihm nahezu verfallen. Auf die Frage, ob Käse dick macht, antwortet sie übrigens nur mit einem gewinnenden Lächeln: "Wenn man nach jedem Stück Käse einen Purzelbaum schlägt, dann nicht. Es kommt, wie überall, auf das Maß an."

Wie sollte man nun mit Käse umgehen und ihn aufbewahren? Ganz einfach, meint die Käseexpertin Käse sei ein lebendes Produkt und verändert sich, wird weicher oder härter und meistens kräftiger . Ihn zu Hause länger zu lagern, erfordert Übung und Aufmerksamkeit. Den Käse im Laden kauft man bestenfalls im gewünschten Reifegrad und verzehrt ihn zeitnah. Einige Tage könne man ihn in Käsepapier im Kühlschrank aufbewahren.

Ihr Rat an alle, die Käse außerhalb von Fertigpackungen für sich erschließen wollen: Man muss sich auf Käse einlassen. Für Käse entscheidet man sich mit allen Sinnen. In einem Käseladen gibt es viel zu sehen, noch mehr zu riechen und zu schmecken. Man muss die unterschiedlichen Konsistenzen auf der Zunge zergehen und das Hören der Geschichten um den Käse auf sich einwirken lassen. Und in der Küche zu Hause muss man sich vorsichtig und im besten Sinne mit Geschmack an die Kombination von Käse mit anderen Zutaten wagen. Wenn die Ideen dazu erst einmal fehlen: Martina Mühlenbergs Ideen führen bestimmt auf duftende Fährten.

Diese Kolumne und dieser Beitrag erschienen im Rahmen der Seite
"Kochen & genießen" in der Schweriner Volkszeitung vom 28. Oktober 2014.

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