Über Tatar habe ich gelegentlich schon parliert. Aber man(n) wächst bekanntlich mit seinem Geschmack. Ich bin in kombinatorischer Hinsicht ziemlich furchtlos-kreativ geworden. Da schere ich mich nicht strenge Rezepte noch so bekannter Köche. In Sachen Tatar habe mich in den letzten Jahren auch dem Thema Fisch zugewandt und mit raffinierten Gewürzen und Zitrusfrüchten hantiert. Dass das dann Ceviche heißt, ist mir egal. Bei mir ist das ein Fischtatar, das ich in einem Ring anrichte und mit Kräutern drapiere. Erst kürzlich habe ich im Mare Müritz Resort in Waren ein Tatar vom Kräuterhecht genossen. Das war zwar nicht klassisch als Türmchen angerichtet. Geschmacklich jedoch: À la bonne heure. Oder wie der Mecklenburger euphorisch sagt: Gaud …
Auf der Suche nach dem Tatar neuen Typus bin ich auf eine recht schmackhafte Gemüse-Variante gestoßen. Dafür garen Sie, vorher in Salz, Olivenöl und Thymian mariniertes, in grobe Stücke geschnittenes Gemüse wie Sellerie, Möhren, Petersilienwurzeln, Pastinaken, Kohlrabi & Co. Das Ganze gelingt recht gut im Bratschlauch und sollte bissfest, also nicht zu weich, werden.
Nun können Sie sich entspannt motorisch austoben und schnippeln die Stückchen in kleine Würfel. Dazu gesellt sich eine kleine, gekochte Knolle Rote Bete, die geschält ebenfalls unters Messer musste.
Alles schön mischen, mit einem kräftigen Schuss Olivenöl und fein gehackten Kräutern vom Stamm Petersilie, Kerbel, Schnittlauch, Estragon und/oder Thymian vermählen und mit Salz, Zitronensaft und -abrieb sowie Szechuanpfeffer abschmecken. Letzterer ist der einzige Exot unter den Zutaten. Aber statt dem üblichen schwarzen Pfeffer sollte man ihm wegen seines pikanten, scharf-fruchtigen Geschmacks den Vorzug geben.
Damit hat sich die zubereitende Übung an sich schon erledigt: Rein in den Ring, selbigen abheben und das so entstandene Tatar mit einem Kräutersalat mehr oder weniger effektvoll anrichten. Auch bei dem können Sie recht furchtlos, also geschmacklich-kombinatorisch „Frei Schnauze“ zu Werke gehen. Verarbeiten Sie alles, was der Wochenmarkt oder Ihr eigener Garten hergibt.
Nun wäre ich aber nicht Max, wenn ich das Gemüse so dröge verzehre. Da halte ich es doch mit Alfred Biolek, der weiland sagte: „Nur gesund essen, ist mir zu genussfeindlich.“ Also muss auch ein Stück Fleisch daran glauben. Das kann beispielsweise ein stattliches Stück Roastbeef sein. Das schneiden Sie auf einer Seite gut einen Zentimeter tief kreuzweise ein. So entsteht ein zusätzlicher optischer Tatar-Effekt.
Das mit grobem Salz und Pfeffer gewürzte Steak braten Sie nun auf der nicht eingeschnittenen Seite goldbraun an, lassen es dann ruhen und bestreichen es mit einer Marinade Ihrer Wahl. Das sollte sich trefflich mit dem Gemüsetatar vertragen. In meiner Rezeptothek gebe ich weitere tatarisch-furchtlose Anregungen. Darunter auch ein hammergeiles Gurken-Kirsch-Tatar von einer fabelhaften Spitzenköchin aus Thüringen. Bleiben Sie solchen Versuchungen ohne Furcht gewogen. Mahlzeit.
Das Kolumnen-Titelfoto für den Monat September zeigt ein Gericht von Mario Peters, Küchenchef im Restaurant "Tafelhuus" in Wismar: Käseschaum mit Trüffeln und Grießnocken |
Diese Kolumne erschien am 20.9.2023 in allen Ausgaben der Schweriner Volkszeitung sowie der Norddeutschen Neuesten Nachrichten.