Den letzten Sonntag im September habe ich für einen Fotospaziergang durch den Ludwigsluster Schlosspark genutzt. Dass auf dem Schlossplatz eine Informations- und Fressmeile, Stichwort: Fisch- und Wildtage, aufgebaut war, hatte ich fast vergessen. Aber auch das hat sich gelohnt. So habe ich Rüdiger Lauck aus Prislich mal wieder getroffen, der in seiner Landschlachterei schön dünne Rouladen anbietet, die dazu geeignet sind, der buckligen Verwandtschaft was vom Pferd zu verschweigen und danach genüsslich zu wiehern.
Und natürlich war auch Norbert Bosse dabei, der die Veranstaltungen gewohnt souverän moderierte und mich dem geneigten Publikum sogar vorgestellt hat. Das ging wärmend runter wie ein Köm… Der Bosse ist stets dort, wo auch der Landes-Till is(s)t und seine kulinarischen Kalauer zum Besten gibt. Ich kenne sogar noch den alten Bosse, der mir vor über 25 Jahren in Boizenburg 2.000 frische Thüringer Rostbratwürste gebrüht hat, weil die Lebensmittelüberwachung in Ludwigslust keine Ahnung von echten Rostbratwürsten hatte. Denn die sind definitiv nicht gebrüht.
Kurz und gut: Der Norbert hat mich animiert, meine letzten wilden Reserven aus dem Tiefkühlschrank zu holen und eine Rehkeule final zu verarbeiten. Dafür werde ich sogar den Knochen mühselig aus dem Fleisch herausschneiden, damit ein schöner Braten zum Füllen daraus wird. Das ist gar nicht so einfach, kann man aber über Youtube (ist in der Online-Version verlinkt) erlernen oder vom Fachmann machen lassen.
Das Innenleben der ausgelösten Rehkeule wird mit Senf bestrichen, mit Salz und Pfeffer gewürzt und mit einer gewürfelten Zwiebel, Scheiben von Schweinebauch sowie Schweinehack gefüllt. Nun wird das voluminöse Fleischstück eng mit einem Netz oder Garn zusammengebunden, in Öl scharf angebraten und mit je einem Viertelliter Brühe und trockenem Rotwein abgelöscht.
Danach wird der Braten bei schwacher Hitze zusammen mit Wacholderbeeren, Lorbeerblatt, Thymian und Salbei gut anderthalb Stunden gegart. Der Bratenfond wird nochmals mit Salz und Pfeffer, gern auch mit Wildpreiselbeeren, abgeschmeckt und nach Geschmack mit gekörntem Mondamin Soßenbinder angedickt. Zusätzlich Sahne ist nicht mein Soßengeschmack. Nun wird die Rehbondage wieder entfesselt, das Fleisch in Scheiben geschnitten und an der Soße angerichtet.
Was dazu mundet, entscheiden Sie. Die Palette reicht von Klößen über Böhmische Knödel bis hin zu schnöden Salzkartoffeln. Ich will mich aber an einer Zitronen-Kräuter-Pasta versuchen, die ich aus einem kulinarischen Facebook-Fundstück abwandeln werde. Dazu wird die Pasta Ihrer Wahl in einer speziellen Brühe gekocht, bis diese aufgesogen ist. Und als pikante Gemüsebeilage werde ich im Ofen gebackene Rote Bete in Liaison mit Beluga-Linsen wählen. Klingt alles sehr kompliziert. Isses aber nicht. Anleitung dazu gebe ich in meiner Rezeptothek. Dann ist in meinem Haushalt „Schluss mit Wild“ und (m)ein Jäger wird animiert, mal wieder für mich auf die Pirsch zu gehen und abzudrücken. Mahlzeit.
Das Kolumnen-Titelfoto für den Monat September zeigt ein Gericht von Mario Peters, Küchenchef im Restaurant "Tafelhuus" in Wismar: Käseschaum mit Trüffeln und Grießnocken |
Diese Kolumne erschien am 27.9.2023 in allen Ausgaben der Schweriner Volkszeitung sowie der Norddeutschen Neuesten Nachrichten.