Kommentiert: Nach dem Preis ist vor der Arbeit

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Beobachtungen beim Finale zum "Koch des Jahres" 2013

Eine Auto-Reise von der Elbe in Mecklenburg nach Köln am Rhein ist durchaus nicht immer ein Vergnügen. Vor allem dann nicht, wenn man trotz sonnigen Herbstwetters für die rund 550 Kilometer über zehn Stunden braucht und die meiste Zeit nur rote Rücklichter vor sich sieht. Stau auf allen Wegen sozusagen. Dass ich diese Reise aber vor allem aus anderem Grund nicht vergessen werde, liegt ebenso am Anlass wie am Ergebnis: Ich war beim Finale zum Wettbewerb "Koch des Jahres" (KdJ) auf dem Gelände der Anuga, der weltweit führenden Ernährungsmesse für Handel und Gastronomie.

Ich nehme es vorweg, diese Veranstaltung war für mich ein Erlebnis mit (um in der kulinarischen Wortwahl zu bleiben) Gänsehaut-Gefühl pur. Das hatte einige Gründe: Eine beeindruckende Kulisse im Rahmen der Anuga, eine Super-Organisation durch das KdJ-Team unter Leitung von Nuria Roig, damit verbunden eine beeindruckende familiäre Atmosphäre, eine hochkarätige Jury mit dem sympathischen Dieter Müller an der Spitze. Und vor allem auch Finalisten, denen die Freude am Kochen buchstäblich im Gesicht geschrieben stand. Man braucht sich, auch das ist eine vorwegzunehmende Erkenntnis, um den exzellenten Nachwuchs im Koch-Metier mit Sicherheit keine Sorge zu machen.

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Was die acht Kandidaten und ihre Assistenten zum Finale in Köln buchstäblich "gezaubert" haben, kann man eigentlich nicht mit Worten beschreiben. Man muss dabei gewesen sein und erlebt haben, mit welcher Leidenschaft die (leider nur) Herren zu Werke gegangen sind. Zumal, die Aufgabe war nicht leicht. Mit einem Wareneinsatz von 16 Euro pro Person ein dreigängiges Menü für sechs Personen zu zaubern: das bedarf hervorragender fachlicher Kenntnisse, gepaart mit kulinarischer Kreativität und hohen Ansprüchen an Esskultur. Wer sich über die Bedingungen des Wettbewerbs schlau machen möchte, dem sei diese Seite empfohlen... Da wird einem auch als Laie schnell klar, wie hoch die Messlatten gesetzt ist, um vor der technischen und der "verkostenden" Jury zu bestehen.

Dass der Wettbewerb eine Art Nachwuchsevent für die Kochelite ist, täuscht außerdem nicht darüber hinweg, dass es sich bei den Finalisten durchweg um gestandene Profis handelt, die bereits als Küchen- oder Souschefs arbeiten. Ich hatte im Vorfeld mit allen Teilnehmern des Finales ein Interview geführt, die man hier nachlesen kann... Persönlich kannte ich bis zu diesem Zeitpunkt nur Enrico Back und Christian Singer, die als Sieger des Vorfinales in Hamburg hervorgingen. Dementsprechend neugierig war ich auch auf die anderen sechs. Neugier auch deshalb, weil die Antworten auf meine Fragen erfrischend offen und optimistisch waren.


Keiner von den jungen Köchen hat sich vor einer Niederlage in Köln gefürchtet. Unisono meinten alle, man kann auch ohne Preis nur gewinnen, man lernt dadurch viel hinzu und neue, interessante Kollegen kennen. Sascha Lenz aus Nürnberg, mit 37 Jahren der älteste unter den  Teilnehmern, brachte es so auf den Punkt: " Wir sind sehr froh, dabei zu sein, werden unsere Leidenschaft fürs Kochen so gut wie möglich auf den Teller bringen und  viele Erfahrungen vom Finale mit nach Hause nehmen. Darum werden wir so oder so nicht enttäuscht über den Ausgang sein."

Allen Finalisten war auch gemeinsam, dass sie eine ganz eigene kulinarische Handschrift einbringen wollten. Sie setzten auf authentisches Kochen, bei dem das Produkt der Star ist, dem man seinen ganz individuellen Geschmack entlocken und mit weiteren Nuancen kombinieren will. Dass das im Wesentlichen gelungen ist, bestätigte auch Koch-des-Jahres-Präsident Dieter Müller in seiner kurzen Ansprache zur Siegerehrung ebenso wie in zahlreichen Gesprächen am Rande des Wettbewerbs. Müller: "Die Finalisten verkörpern bei allen geschmacklichen Unterschieden der Menüs hohes handwerkliches Können und viel kreative Fantasie beim Anrichten. Es ist eine beachtliche kulinarische Vielfalt, was uns präsentiert wurde. Um nach Nachwuchs in der Branche mache ich mir auch aus diesem Grund überhaupt keine Sorgen. Hier steckt ein Potenzial drin, das weit in die Zukunft reicht."

Gleichermaßen interessant auch die Antworten zu den Vorbildern. Klar, dass in diesem Zusammenhang große Namen wie Dieter Müller, Juan Amador, Joachim Wissler und Christian Bau  genannt wurden. Mich hat aber auch beeindruckt, dass auch in dieser Beziehung sehr viel Selbstvertrauen ausgestrahlt wurde.


Jeder will letztlich seinen eigenen Weg gehen und seine Ansprüche, gepaart mit der Kenntnissen und Erfahrungen der Lehr- und Wanderjahre umsetzen. Für Christian Singer sind Vorbilder bezeichnender Weise auch Menschen, "die eine eigene Idee haben, diese konsequent verfolgen und daran arbeiten. Egal, wie viel Gegenwind sie bekommen und dadurch über kurz oder lang Erfolg haben."


Lange Rede, kurzer Sinn: nach dem Kochmarathon war die Erwartung natürlich riesig, wer den begehrten Titel "Koch des Jahres" mit nach Hause nehmen konnte. Martina Kömpel als ebenso charmante wie kulinarisch-kompetente Moderatorin hat die Siegerehrung noch einmal richtig spannend gemacht.

Neben einigen Sponsorenpreisen konnten sich schließlich Enrico Back aus Heiligendamm über den 3., Christian Singer aus Berlin über den 2. und Christian Sturm-Willms aus Bonn über den 1. Platz freuen. Sturm-Willms war mit einer nahezu übermächtigen Fan-Gemeinde ins benachbarte Köln gereist und konnte sein Glück kaum fassen: "Das ist ein Tag und ein Erfolg, den ich nie vergessen werde. Natürlich geht man in einem solchen Wettbewerb, um zu gewinnen. Aber so richtig damit gerechnet habe ich angesichts der Leistungen der Finalisten nicht wirklich."

Was genau den kleinen, aber entscheidenden Unterschied zwischen den einzelnen Menüs ausgemacht hat, bleibt wohl das Geheimnis der Jury. Sicher spielten dabei geschmackliche Nuancen ebenso eine Rolle, wie die Präsentation des Menüs. Bei letzterem hatte auch aus meiner Sicht, ich durfte ja leider nicht verkosten, Sturm-Willms die besten Karten. Das war bereits eine Augenweide, wie groß wäre erst der Gaumenschmaus geworden... Der sympathische Koch aus dem Kameha Grand Hotel in Bonn dürfte auch von der äußerst gelungenen Fusion von mediterraner und asiatischer Küche profitiert haben. Er selbst charakterisierte sein Menü so: "Angefangen von leicht-würzig, über kräftig-erdig und abschließend süßlich-erfrischend." Das entspricht auch der Philosophie in seinem Restaurant, die er als euro-asiatische Küche mit authentisch japanischen Einflüssen beschreibt.


Mein Fazit: Es gab verdiente Sieger, aber keine Verlierer. Alle teilnehmenden Köche haben bravouröse Leistungen abgerufen und die Jury mit ihrem Können beeindruckt. Für mich war dieses Finale eine ganz besondere Erfahrung. Ich habe sehr sympathische Menschen hinter und vor dem Herd kennen und schätzen gelernt, deren Kochkunst ich bald persönlich erleben und deren Bekanntschaft ich vertiefen möchte. Es hat Spaß gemacht mit euch, Jungs. Ganz in diesem Sinne ist nach dem Preis vor  der Arbeit...

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