Geschmackssache: Max is(s)t belustigt …

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Bauernfrühstück

Auch in kulinarischer Hinsicht treibt das Sommerloch oft merkwürdige Blüten. Es wird fabuliert, dass sich die Balken biegen. Ich amüsiere mich beispielsweise immer köstlich, wie über "typische DDR-Küche" parliert wird. Und ich nehme meine Meinung dazu vorweg: Das ist kulinarischer Tinnef. Anders gesagt: Diese exponierte Art von Küche gab es genau genommen gar nicht. Dabei will ich aber nicht in Abrede stellen, dass in Vorwendezeiten in den neuen Bundesländern bestimmte Speisen aufgetischt wurden, die Kultstatus erlangten. Das ist aber auch noch heute so und territorial keineswegs auf die Landschaft zwischen Kap Arkona und Fichtelberg, oder zwischen Elbe und Oder begrenzt.


DDR-Küche aber auf Mangelwirtschaft und Armut zu reduzieren, das ist potenzierte Einfalt. So las ich kürzlich, dass „Falscher Hase“ ein Imitat aus Hackfleisch ist, der deshalb auf Spitzenplätze ostzonaler Küche gelangt ist, weil sich die Wenigsten eine richtigen Hasen leisten konnten und die Eier aus dem Kombinat Industrielle Mast Abnehmer finden mussten. Das könnte ich ellenlang fortsetzen und belegen, dass sogenannte DDR-Küche von vielen regionalen Einflüssen geprägt war, ohne Anspruch auf den kulinarischen Status eines Arbeiter-und-Bauern-Staates zu erheben.

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Wenn mir mal nach deftig-traditioneller Kost zu Mute ist, muss oft ein LPG herhalten, wie das auch als Bauernfrühstück bezeichnete Omelette genannt wurde. Dass das nicht unbedingt mein Frühstück, aber eine sättigende Hauptmahlzeit war/ist, sei mal dahingestellt. Dazu brauchen Sie eigentlich nicht viel kochendes Können und nur wenig Zutaten. Wichtig sind die gekochten, gut ausgekühlten und in Scheiben geschnittenen Kartoffeln. Die können durchaus aus mehreren Sorten zusammengestellt sein.


Zunächst schneiden Sie aber Schinkenspeck und eine stattliche Zwiebel in kleine Würfel. Der Speck wird bei mir nicht zu kross ausgebraten und schließlich mit der Zwiebel und den Kartoffelscheiben vermengt, denen ich ebenfalls stets nur eine vornehme Bräune angedeihen lasse. Soll heißen: Nicht zu dunkel und ungenießbar wie es manchmal in Gaststätten angeboten wird. Die Qualität der Bratkartoffeln sind für mich übrigens stets ein Gradmesser für gute, bodenständige Küche. Stimmen/schmecken die nicht, werde ich dort nie wieder gesehen oder trinke das wenige, das ich nicht esse.


Nun wird über die Bratkartoffeln eine Mische aus verquirlten und mit Salz und Pfeffer gewürzten Eiern geschüttet. Alles unter vorsichtigem Rühren stocken, dann auf den Teller gleiten lassen und eine Hälfte über die andere legen, so dass ein deftiger Halbmond lockt. Es geht natürlich auch, Speck, Zwiebel und Eier als Pfannkuchen auszubacken, zu falten und die Bratkartoffeln dazwischen zu verstecken. Bestreut werden kann das Omelette nun noch mit Kräutern aller Art. Dazu ein knackiger Salat und ein Bier. Köstlich. Fleischig kann man mit einer „echten“ DDR-Bulette aus verarmten Brötchen und wenig Hack ergänzen. Gegessen werden darf übrigens ohne Hammer und Sichel. Mahlzeit.


Das Kolumnen-Titelfoto für den Monat August zeigt ein Gericht im Rahmen einer Benefiz-Gala im Hexenhaus Falkensee: Rinderbäckchen / Pfifferlinge / Rotweinsauce / Mini-Grenaille-Kartoffeln.

Diese  Kolumne erschien am 3.8.2024 in allen 9 Regionalausgaben der Schweriner Volkszeitung, in den Norddeutschen Neuesten Nachrichten und im Prignitzer sowie in 10 Regionalausgaben des Nordkurier in MV und der Uckermark.

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