Seiten-Blicke: Fürstliche Hofküche neu aufgelegt

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Geschmackvoll: Vom Reiz des kulinarisch Neuen

Mir hat eine Köchin in der Oberlausitz einmal lachend erzählt, ihr Mann bestelle sich (fast) immer Schnitzel, wenn sie einmal privat ausgehen. Zumindest beim ersten Besuch in einem Restaurant. Ich verstehe seine Philosophie. Wo das Schnitzel nicht ordentlich zubereitet ist und nicht schmeckt, lohnt sich eben ein zweiter Besuch nicht. Ich mache es nicht viel anders. Wenn ich im Land regional-typisch essen gehe, ist mein Testprodukt die Bratkartoffel. Dafür habe ich mittlerweile ein untrügliches visuelles Gespür entwickelt und weiß auf den ersten Blick, ob sich der Genuss lohnt. Ich bin mir sicher, dass viele Menschen ähnliche Kriterien entwickelt haben, die ihrem gastronomischen Anspruch  entsprechen. Ich meine, man sollte seinen diesbezüglichen Intentionen treu bleiben. Was nicht heißt, dass man nicht auch offen für Neues sein sollte. Man will ja schließlich nicht zu den Bauern gehören, die nicht (fr)essen, was sie nicht kennen. Bleiben Sie also auch in diesem Sinne gleichermaßen kritisch wie neugierig, und wagen Sie mal einen Blick in ein Kochbuch der Region…

Fürstenhagen. Bei Kochsendungen aller Couleur und Qualität bleibt oft das kulinarische Anliegen auf der Strecke. Beim Blick ins traditionelle Kochbuch aber geht es originär um Zutaten und deren fachgerechte Zubereitung. Richtig spannend wird es bei solchen Büchern, die eine kulinarische Wanderung in die Geschichte erlauben. So beispielsweise bei dem im Steffen Verlag Berlin erschienenen Buch „Fürstliche Hofküche des großherzoglichen Hauses Mecklenburg-Strelitz“.

Daniel Schmidthaler vom Hotel und Restaurant „Alte Schule“ in Fürstenhagen ist der Autor des kulinarischen Teils des Buches und hat Gerichte der ehemaligen Hofküche neu aufgelegt. Grund genug, ihn zu befragen, was denn davon auch heute noch mach- und essbar ist. Das war keine leichte Aufgabe, verrät der gebürtige Österreicher. Er musste nur auf der Grundlage von Menükarten sozusagen „blind kochen“ und vieles ins kulinarische Heute transformieren.

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„Die Gerichte der Hofküche waren sehr komplex. Vor allem die Garnituren waren sehr aufwändig. Hier habe ich zeitgemäß interpretiert, aber das Rezept so angelegt, dass ein möglichst unverfälschter Geschmack bleibt“, sagt der mit einem Michelin-Stern dekorierte Koch. Er war, bekennt er, von der Vielfalt dieser Küche ziemlich beeindruckt. Und es ging ihm wohl wie vielen seiner Kollegen, dass er aus diesen Gerichten Inspirationen für die eigene Küche erhält. Daniel Schmidthaler: „Beim Lesen der Menükarten entwickeln sich im Kopf immer neue Ideen, die man auch mit den Zutaten von heute sehr gut in Szene setzen kann“.

Aber das gilt aus der Sicht des Koches nicht nur für seine im besten Sinne des Wortes ausgezeichnete, gehobene Landküche, die er gern als gut durchdachtes Potpourri  regionaler und saisonaler Gerichte bezeichnet. Daniel Schmidthaler, der sein Haus gemeinsam mit seiner aus Mecklenburg stammenden Frau Nicole betreibt: „Es war mir bei dem Buchprojekt wirklich wichtig, dass die Rezepte so einfach wie möglich und damit gut zu verstehen sind. Mehr noch, sie sollen auch für den ambitionierten Laien nachkochbar sein.“ Dazu gehören Suppen, Aufläufe und Desserts ebenso, wie anspruchsvolle Fisch- und Fleischgerichte. Für jeden Geschmack und individuellen Aufwand ist etwas dabei.

Man muss sich dabei ja nicht gleich an die großen Brocken wagen, meint er schmunzelnd.  Aber wenn man sich an die Rezepte hält, sollte alles bestens gelingen und ein Essen im Familien- oder Freundeskreis wird so zum ganz besonderen Genuss. In diesem Sinne war es auch sein Anliegen, die Leser des bebilderten und mit einem ausführlichem historischen Exkurs rund um den großherzoglichen Hof verbundenen Buches zum Ausprobieren zu verführen und sich bleibende kulinarische Erfolgserlebnisse zu verschaffen.

Die Anregung zur Kreativität gilt für Daniel Schmidthaler übrigens auch für die Gastronomie im Land überhaupt. Nicht nur für ihn fehlt dort eine deutlich höhere kulinarische Breite, geprägt von  handwerklicher Fertigkeit und abseits vom übervollen Tellern mit mehr oder weniger Fertigprodukten. Er weiß aber auch, wie schwer es ist, den Spagat zwischen Anspruch und ökonomischer Realität umzusetzen. Sein Fazit: „Um ehrliche, frische Küche zu bieten, braucht man große berufliche Leidenschaft und Überzeugung. Das zu schaffen, ist machbar. Es bedarf aber eines Umdenkens bei  Gastronomen und Gästen gleichermaßen.“

Diese Kolumne und dieser Beitrag erschienen im Rahmen der Seite
"Kochen & genießen" in der Schweriner Volkszeitung vom 11. März 2014.

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