Sicherlich geht es Ihnen auch manchmal so, dass das aufgewärmte oder aus dem Tiefkühlschrank aufgetaute Gulasch sich auflöst und faserig wird. Mein Ding ist das nicht. Das Fleisch muss schon noch schön bissfest sein, ohne dass man danach eine Menge Zahnstocher braucht. Aber es gibt kochtechnisch auch Dinge, da läuft alles auf eben dieses Faserigkeit hinaus. Pulled Pork ist das Zauberwort: Zerrupftes Schwein. An das wollen wir uns heute wagen.
Gunnar Müller vom Restaurant „Klassenzimmer“ im Kavaliershaus in Fincken rät mir, dafür ein stattliches Stück Schweinenacken oder -schulter von bis zu 2,5 Kilogramm Gewicht zu verwenden und hat auch gleich ein Rezept parat. Das Wichtigste an der Sache ist, meint er, die Marinade. Für die mischen Sie 300 Milliliter Orangensaft, 100 Milliliter Cola, 30 Milliliter Apfelessig, 5 Gramm Senfpulver, eine Viertel entkernte und klein geschnittene Peperoncino, einen Viertelliter Barbecue Soße Ihres Geschmacks sowie 30 Gramm Meersalz und 80 Gramm Honig.
Alles gut verrühren, über das Fleisch schütten und 24 Stunden marinieren. BBQ-Soßen gibt‘s in großer Vielfalt zu kaufen. Man kann sich aber auch die Mühe machen, diese selbst herzustellen. Die Anleitung für eine Selfmade-Soße dieser Art gibt's an bekannter Stelle im Internet. Wenn das Schwein die Soße gut aufgesaugt hat, muss es in den Backofen. Am besten in einem tiefen Gefäß mit Deckel. Das kann ein Römertopf ebenso sein wie ein Bräter.
Im Ofen sollte eine Temperatur von 115 Grad, ohne Umluft, herrschen. Dort sollen Fleisch und Soße zugedeckt bis zu 13 Stunden garen. Danach wird das Schwein wieder entlassen, aber mit zwei Gabeln zerrissen, der verbliebene Sud ordentlich untergearbeitet. Armes Schwein, möchte man sagen. Pech gehabt, zur Freude der Genussmenschen. Die ganz harten Köche schwören übrigens darauf, das Fleisch im Smoker zu garen, weil dann das typische Raucharoma hinzukommt. Garen kann man auch in einem Vakuumbeutel im Wasserbad bei niedriger Temperatur. Aber man muss es ja nicht übertreiben und erst einmal Erfahrungen mit der Materie sammeln.
Nun ist es Ihrer kochenden Kreativität überlassen, wie Sie das Pulled Pork geschmacklich kombinieren. Sie können es beispielsweise zwischen ein Burger-Brötchen oder ein Fladenbrot legen und mit Salat anrichten. Es geht aber auch vornehm auf dem Teller. Frank Busch aus Weißwasser reicht zu dem Fleisch einen Kartoffelstampf aus Adretta und Süßkartoffel, den er mit Salz, Sahne sowie reichlich Butter zubereitet und in eine Espuma-Flasche gibt, damit man auch recht dekorativ anrichten kann.
Der Hingucker schlechthin und das geschmackliche i-Tüpfelchen ist schließlich eine geile Pink Lady. Nein, das ist keine unzüchtige Schweinerei, sondern eine Soße, bei der frisch geriebener Meerrettich aus dem Spreewald passiert und der Saft aufgefangen wird. Das alles wird mit Schmand und reduziertem Rote Bete Saft verrührt, bis die Lady pink ist. Die kommt dann in den Kühlschrank, damit sie auf dem Teller noch adrett aussieht. Final angerichtet ergibt das ein tolles Bild und schmeckt saugut. Und dass man statt dem Schwein auch Rind, Lamm und nahezu alles Fleisch zerreißen kann, brauche ich ja wohl nicht zu betonen. Dann muss man eben gegebenenfalls mit den Garzeiten variieren.
Diese Kolumne erschien am 9. Oktober 2019 in der Schweriner Volkszeitung.