Geschmackssache: Max is(s)t vorzü(n)glich …

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Hannöversches Zungenragout

Schon in meinen frühen Jahren sagte man mir nicht nur in kulinarischer Hinsicht sehr eigenen Geschmack nach. Wenn es in der Schule zum Mittagessen pikante Nierchen, Lungenhaschee oder süß-saure Flecke gab, habe ich jedes Mal um Nachschlag gebeten. Aber ok, ich hatte auch immer das Glück, dass die Köchin etwas von der Zubereitung solcher Innereien verstand. Und bis heute ist Zunge stets ein besonderer Gaumenschmaus für mich. Leider wird so etwas nicht mehr oft angeboten. Grund genug, mir ein solches Teil einmal selbst vorzuknöpfen und zuzubereiten.


Da meine Kolumnen auch in Niedersachsen gelesen werden, habe ich ein vorzü(n)gliches Rezept für ein deftig-pikantes Hannöversches Zungenragout gefunden, das Küchenchef Oliver Hodemacher vom Mövenpick am Kröpcke aus Anlass des 75. Geburtstages von Niedersachen kreiert hat. Dafür schälen Sie eine große Zwiebel und spicken sie mit Nelken und Lorbeerblatt. Rein in Salzwasser und darin die Rinderzunge (alternativ: Kalb oder Schwein) bis zu drei Stunden weichkochen. Raus mit dem Fleisch, in Eiswasser abschrecken, die Haut abziehen, gut parieren und in wunschgerechte Scheiben/Stücke schneiden.

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Nun ist Zeit, etwa ein Pfund gemischtes Hack zu mundgerechten Klößchen zu formen und in der Zungenbrühe etwa fünf Minuten zu garen. Dann wieder raus mit den Kügelchen. Jetzt sind zwei, drei Schalotten dran. Die werden etwa zwei Minuten in heißes Wasser gegeben, dann abgezogen, geschnitten und beiseitegestellt. Auch unters Messer muss ein Pfund Champignons, die geviertelt in Margarine oder Butter angebraten werden. Die geschmacklich-kombinatorische Ergänzung sind Kalbsbratwürstchen, die mit etwas Fett gebraten und warmgehalten werden.


Für eine pikante Soße bräunen Sie nun mit wenig Butter und unter leichter Hitze und ständigem Rühren etwa 100 Gramm Mehl, gießen mit gut zwei Litern Zungenbrühe an und rühren alles mit dem Schneebesen glatt. Zur Verfeinerung kommen noch sechs Zentiliter Madeirawein hinzu. Damit aber sparsam umgehen, damit noch etwas für den Koch übrig bleibt. Je nach gewünschter Konsistenz wird nun eingekocht bzw. später mit Brühe verdünnt. Nun kommen alle vorbereiteten Zutaten samt der geschnittenen Zunge in die Soße, damit alles gleichmäßig erwärmt ist.


Abgeschmeckt wird mit Pfeffer und Salz, angerichtet mit gehackten frischen Kräutern, wer mag auch mit einem Esslöffel Grünkohl, und/oder einem Klecks Milchschaum. Das schmeckt vorzüglich und bedarf keiner weiteren Beilage. Zugegeben: Das ist eine recht kalorienreiche Mahlzeit. Man kann aber auch die Würstchen weglassen.


In meiner virtuellen Rezeptothek stelle ich Ihnen weitere Rezepte vor, in denen mit feinerer Zunge gekocht wird. Darunter neben zünglichen Klassikern ein Carpaccio mit Orangen und Granatapfel, bei dem Sie ganz sicher mit der Zunge schnalzen werden. Und glauben Sie bitte bloß nicht dem Sprichwort, dass zwei Zungen in einem Mund grundsätzlich etwas Übles sind. Kommt nämlich wie immer auf die Sichtweise und die Machart an …


Das Kolumnen-Titelfoto für den Monat November 2021 stammt aus dem Menü von Küchenchef Rolf Fliegauf  aus den **Restaurants "Ecco" Ascona und St. Moritz in der Schweiz im Rahmen des 35. Schleswig-Holstein Gourmet-Festivals im Ringhotel Friederikenhof in Lübeck: Tatar vom Angus Rind | geeiste Gänseleber | Rote Bete | Sisho

Diese Kolumne erschien am 11.11.2021 in allen Ausgaben der Schweriner Volkszeitung, den Norddeutschen Neuesten Nachrichten, der Neuen Osnabrücker Zeitung und ihren Partnermedien sowie dem Beig Verlag Pinneberg und in Ausgaben des SH:Z Verlages.

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