Geschmackssache: Max is(s)t verwurzelt …

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Wurzelfleisch à la Witzigmann

Kürzlich wurde mir die große Ehre und Freude zuteil, an einer Feier zum 80. Geburtstag von Eckart Witzigmann in der Königlichen Porzellan Manufaktur Berlin teilzunehmen. Ja, Sie lesen richtig: Der Jahrhundertkoch wurde in Berlin und nicht in München geehrt. Dort hat er erst im Restaurant Tantris, ab 1978 im Restaurant Aubergine grandios aufgekocht, das bereits ein Jahr später als erstes deutsches mit drei Sternen ausgezeichnet wurde. Witzigmann hat seitdem eine kochende Revolution ausgelöst, die viele Spitzenköche hervorbrachte.


Nun denken Sie aber bloß nicht, ich möchte Sie mit einem Gourmetrezept überfordern. Obwohl der Begriff an sich Geschmacks- und Auslegungssache ist, wie mir vor Jahren auch Johann Lafer bestätigte. So hat nämlich der in Österreich geborene Witzigmann eine sehr enge zur, u.a. durch seine Mutter geprägte, Hausmannsküche, die ich auch sehr schätze. Rezepte dafür hat er in einem Buch vorgestellt. Daraus möchte ich Sie zu einem deftigen Wurzelfleisch überreden, das mir das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ.

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Für diese Art herbstlich-wärmender Küche warte ich jedoch ab, bis genug Esser zusammenkommen, oder ich mir Wintervorrat anlegen will. Aber wie immer gibt’s in meiner virtuellen Rezeptothek noch ein Witzigmannsches Hausrezept sowie ein Gourmet-Variation mit Aubergine. Letztere hebe ich mir für einen besonderen Anlass auf. Wer weiß …


Nehmen Sie also ein stattliches Stück Schweinebauch von etwa zweieinhalb Kilo Gewicht, schneiden die Schwarte kreuzweise ein und reiben das Fleisch mit einer Mischung von im Mörser zerstoßenen Salz, Pfeffer, Majoran und Kümmel ein. Letzterer ist auch dazu angetan, die Verdauung des vergleichbar fetten Fleisches zu befördern. Ich liebe Kümmel, fest und flüssig … Das so behandelte und mit zerdrückten Knoblauchzehen eingeriebene Fleisch kann nun bis zu acht Stunden an einem nicht zu warmen Ort marinieren und gelangt danach in einen großen Topf, wo es mit Wasser bedeckt und mit etwa 200 Gramm grob zerkleinertem Wurzelwerk wie Sellerie, Möhren, Lauch und Zwiebeln  vermählt und bei milder Hitze zwei bis drei Stunden geköchelt wird.


Inzwischen garen Sie je Person etwa vier kleine und eine große geschälte Kartoffel in Salzwasser. Außerdem werden in einem Teil des Kochsudes von dem Fleisch weitere 300 Gramm in feine Streifen geschnittenes Wurzelwerk schön knackig gegart. Nun kann schon angerichtet werden: Das Fleisch wird aufgeschnitten, auf dem Teller oder einer Platte platziert und mit grob geriebenem Meerrettich bestreut. Darüber oder daran werden die Wurzelstreifen gegeben und alles mit in etwas Sud aufgekochten geschnittenen Petersilienblättern bekrönt. Die dazu gereichten Salzkartoffeln werden mit frisch gehackter Petersilie bestreut. Übrigens: Wenn Sie den Meerrettich getrennt reichen, können Sie ihn auch mit geriebenem Apfel und Sahne vermischen. Als korrespondierendes Getränk empfiehlt Witzigmann ein kühles Blondes. Allein dafür lohnt sich, dieses Gericht nachzukochen.


Das Kolumnen-Titelfoto für den Monat Oktober 2021 stammt aus dem aktuellen Menü im Restaurant "Cube by Mika" in Schwerin: Kabeljau / Ingwer / Karotte / Krustentierschaum 

Diese Kolumne erschien am 14.10.2021 in allen Ausgaben der Schweriner Volkszeitung, den Norddeutschen Neuesten Nachrichten, der Neuen Osnabrücker Zeitung und ihren Partnermedien sowie dem Beig Verlag Pinneberg und in einer Ausgabe des SH:Z Verlages.

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