Geschmackssache: Max is(s)t appetitlich …

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Eingelegter Winterhering

Die Heringssaison hat begonnen. Ich kann mich noch gut an einen Besuch im Fischereihafen Freest bei Wolgast vor weit über 20 Jahren erinnern. Da wollte ich für zehn Mark (!) frisch gefangenen Hering erwerben. Und habe schließlich einen Beutel voll Fisch erhalten, dessen schier unendliche Menge ich kurzerhand halbieren ließ. Bei dem Zehner habe ich es belassen. Nun will es der Zufall, dass ich ein Rezept von Johannes King gefunden habe, das meine Lust auf Meer geweckt hat. Der Spitzenkoch auf Sylt bereitet Winterheringe, das sind kleinere Ausgaben ihrer Artgenossen, auf sehr raffinierte Weise zu. Lassen Sie sich davon inspirieren und von den vielen Gewürzen nicht abschrecken.


Wenn der Fischer meines Vertrauens die Heringe im Angebot hat, geht es ran an die ausgenommenen und entgräteten Fische, die behutsam mit Meersalz eingerieben, mit schwarzem Pfeffer gewürzt sowie leicht mehliert werden. Sodann werden die Heringe in geklärter Butter auf beiden Seiten kurz angebraten. Für die „Klärung des Sachverhalts“ müssen Sie für zwei Personen etwa 20 Gramm Butter leicht erhitzen, bei geringer Hitze köcheln lassen und den Schaum abschöpfen.

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Danach den Fisch aus der Pfanne nehmen und beiseitestellen. In derselben Pfanne schwitzen Sie jetzt zwei mittlere, halbierte Schalotten an, löschen mit 20 Milliliter Apfelessig ab, den Sie vollständig einreduzieren lassen. Anschließend nochmals mit etwa 30 Millilitern Noilly Prat ablöschen und auch den vollständig einreduzieren lassen. Von dem Wermut können Sie natürlich auch gern einen Lütten „verlöten“.


Dann werden der Zwiebelmasse eine ganze Sternanis, ein Lorbeerblatt, je ein knapper halber Teelöffel Senfsaat, schwarze Pfefferkörner und Koriandersamen sowie ein paar Wacholderbeeren untergejubelt. Aufgefüllt wird das Ganze mit etwa 80 Milliliter Apfelsaft und einem Schuss Malzbier. Den Rest von etwa 110 Millilitern Bier stellen Sie bis zum Anrichten kühl. Diesen Gewürzsud lassen sie zugedeckt so lange köcheln, bis die Schalotten weich sind. Final geben Sie noch etwa zehn Gramm Ahornsirup dazu. Rein mit den Heringen in den heißen Sud, Pfanne vom Herd, Deckel drauf und den Fisch langsam garziehen.


Bevor der nun für einen Tag in den Kühlschrank verbannt wird, sollten Sie ihn mit kleinen Douglasienzweigen (oder andere Nadelbaum-Zweige) belegen, die Sie beispielsweise mit einem Gasbrenner anrösten, um die ätherischen Öle zu aktivieren. Auf diese etwas aufwendige, aber geschmacksprägende Raffinesse werde ich nicht verzichten.


Angerichtet werden die Heringe bei Zimmertemperatur und mit dem Schaum des restlichen Malzbieres nappiert, also überzogen. Ob Sie den Fisch nun als pikante Vorspeise mit einem Röstbrot vernaschen, bleibt Ihnen überlassen. Ich jedenfalls komplettiere ihn mit einem deftigen, lauwarmen Kartoffelsalat, wie ihn Frank Bansner vom Brauhaus Finsterwalde zubereitet hat. Diesbezüglich empfehle ich wärmstens einen Blick in meine virtuelle Rezeptothek, die den Salat in mannigfaltigen Variationen zubereitet. Es lohnt sich, versprochen.


Das Kolumnen-Titelfoto für den Monat Februar 2022 stammt von meinen Geburtstagsmenü im Juli 2021 im Restaurant "Paris-Moskau" in Berlin, kreiert von Küchenchef Rainer Wolter.

Diese Kolumne erschien am 10.2.2022 in allen Ausgaben der Schweriner Volkszeitung, den Norddeutschen Neuesten Nachrichten sowie der Neuen Osnabrücker Zeitung und ihren Partnermedien und in sieben Ausgaben SH:Z-Verlages in Schleswig-Holstein.

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