

Seit 2013 ist Kulinarik mein journalistisches Hauptthema, das für mich längst zur Passion geworden is(s)t. Das war auch die Zeit, in der ich Ronny Siewert kennen- und schätzengelernt habe. Er ist für mich so etwas wie der Doyen des kulinarischen Corps in Mecklenburg-Vorpommern. Unmittelbar vor Sommerbeginn hatte er wieder zu der schon legendären Veranstaltungsreihe "Siewert & Friends" eingeladen, an dem sowohl renommierte Köche aus ganz Deutschland als auch der Köchenachwuchs des Landes teilnahm. Ich kann es vorwegnehmen: Es war wieder einmal ein Fest für alle Sinne.
Das Genussfest 2025 aber hatte für mich einen besonderen Glanz. Es fand nicht nur bei herrlichstem Sonnenschein am Meer im stilvollem Ambiente des Grandhotels statt. Es war eine stimmige Mischung aus exzellenter Kulinarik, ausgelassener Heiterkeit, Entspannung und Musik zum Tanzen und Zuhören. Nach sehr langer Zeit habe auch ich die Gelegenheit beim Schopfe gepackt, sprich: die Frau in den Arm genommen, um ein Tänzchen zu wagen.
Vor allem aber freuten sich zusammen mit den Gastgebern Ronny Siewert und Steffen Duckhorm Hotel-Eigner Paul Morzynski und General Manager Mathias Gerds sichtlich, dass die traditionsreiche Veranstaltung so gut wie ausverkauft und das Hotel gut gebucht war. Man weiß, das ist keine Selbstverständlichkeit in der Branche und bedarf großer Anstrengungen aller Beteiligten und eines eingespielten Team in allen Bereichen.
Zurück zur kulinarischen Sause. Auch wenn diesmal Namen wie Marcello Fabbri (Restaurant The First in Blankenhain, Thüringen) oder Christoph Rainer (Küchenchef im Schloss Elmau) nicht mit von der kulinarischen Partie waren, tat das der Qualität der Angebote an den einzelnen Stationen keineswegs Abbruch.
Für eine sehr abwechslungsreiche Palette sorgten Mike Albrecht vom Schlosshotel Burg Schlitz und Arne Linke von der "Alten Schule" auf Gut Wulfshagen ebenso wie "Siewert & Friends" Langzeit-Matador Jörg Lawerenz vom Restaurant "Ella" im Steigenmbereger Hotel am Kanzleramt in Berlin sowie Chocolatiere Claudia Schulz-Heimann. Beide kenne ich seit meinem ersten Besuch in Heiligendamm 2013. Sie sind längst zu geschätzten Freunden geworden.
Ein Verdienst von Ronny Siewert und seinem Mitstreiter vom Kurhaus Restaurant ist es auch immer wieder, sich dem Nachwuchs zuzuwenden und Möglichkeiten der Teilnahme an seiner Veranstaltungsreihe zu bieten. So war es auch diesmal keine Überraschung, dass Denis Röse von der Berufsbildenden Schule für Gastronomie in Bad Doberan sein Azubi-Team wieder in den kulinarischen Ring schickte.
Was Sie auftischten, wird noch zu erwähnen sein. Vorweg kann schon einmal gesagt werden, dass man bei dem Engagement und der kochenden Qualität der Jungs nicht um den Nachwuchs zu bangen braucht, der wie immer mit einem persönlichen, berufsbezogenen Geschenk der Gastgeber geehrt wurde. Respekt. Zum Nachahmen empfohlen.
Das kulinarische Kompetenz-Orchester ergänzten wie stets Steffen Duckhorn und sein Team samt dem Team Patisserie vom Kurhaus Restaurant und natürlich das Team um Ronny Siewert vom Gourmet-Restaurant "Friedrich Franz". Genussvoll ergänzend hatte sich Siewert in bewährter Weise der Teilnahme von über zehn Weingütern sowie von Genuss-Spezialisten wie dem Havelland und dem Rungis Express, Otto Gourmet Heinsberg sowie den Müritzfischern versichert. Auch das war ein wichtiger Baustein für den kulinarischen Gesamterfolg des Abends.
Die einzelnen Stationen der Köche und Genuss-Spezialisten waren:
Maik Albrecht: Mecklenburger Wagyu Cesar Style | Gebeiztes Eigelb | Aztekengold
Arne Linke: Clumenkohl | Chimichurri | Schwarzer Knoblauch | Salzzitrone | Piemonteser Haselnuss
Jörg Lawerenz: Rehrücken | Grüner Spargel
Denis Röse & Azubi-Team: Arancini | Tomate | Burrata | Basilikum
Claudia Schulz-Heimann: Degustation von SAchokolade & Pralinen
Steffen Duckhorn & Team: Heilbuttfilet "Finkenwerder Art" | Schmorgurken | Buttermilch | Bärlauch-Emulsion
Ronny Siewert & Team: Gänsleber | Holunderblüter | Grüner Pfeffer
Havelland Express: Austern Bar
Rungis Express: Cremespinat | Onsenei | Glasiertes Kalbsbries | Kartoffel-Nussbutterschaum | Kaviar
Team Patisserie: Dessertbuffet & Käse
Die Müritzfischer: Regionale Räucherfischspezialitäten
Otto Gourmet: Helgoländer Hummer | Grüner Spargel | Mango
Natürlich ist so ein Walking Dinner nicht mit einem servierten Dinner am Tisch und vorgegebener Gangreihenfolge zu vergleichen. Und man darf auch nicht in den Fehler verfallen, klassische Gourmet-Kost präsentiert zu bekommen. Aber kein Geringerer als Johann Lafer sagte einmal in einem Interview mit mir, dass auch das Kalbsschnitzel seiner Mutter für ihn Gourmet war. Recht hat er. Gourmet ist eine Einstellung.
Mir ist aber bei Siewert und Friends in diesem Jahr besonders aufgefallen, dass die die geschmacklich-kombinatorische Vielfalt ziemlich gut ergänzte. Es waren keine rabiaten "Gaumen-Brüche" zu verzeichnen. Soll heißen, man konnte sich sein Menü recht stimmig zusammenstellen, ohne von einer geschmacklich-fulminanten Nuance in eine geschmacklich-divergierende Ohnmacht zu fallen. Insgesamt hat mir auch die dezente, aber doch prägend-virtuose Verarbeitung von Gewürzen aller Couleur ausgesprochen gut gefallen, die den originären Geschmack des Produkts an sich in keinem Fall zerstörte. Auch in der Präsentation an sich, hielten sich die Akteure des Abends erfreulich zurück. Auf den meist kleinen Tellern überwog Übersichtlichkeit ohne artifiziellen Schnickschnack, wie es Michael Laumen zu sagen pflegte, der in Krakow am See den ersten Michelin-Stern nach Mecklenburg-Vorpommern holte.
An dem lauen Sommerabend auf der Terrasse des Heiligendammer Kurhauses war diesmal das leichte und würzige Gericht vom Team Duckhorn mein Favorit. Ganz nach dem Geschmack meines Vaters Sohn war auch die Kreation vom Rungis Express sowie von Arne Linke. Der hat wohl gewusst, dass Knoblauch zu meinen Lieblingszutaten gehört. Und das ich auch dem Reh mit grünem Spargel ebenso nicht den Rücken zuwenden konnte wie der einen oder anderen Auster, versteht sich von selbst. Meine Frau schwärmte von den Arancinis des Röse-Teams und natürlich auch von den schokoladigen Leckereien von Claudia Schulz-Heimann, mit der es auch schnell zu einer Art süßem Brainstorming und tags darauf zu einer angenehmen Begegnung zu viert im Herzoglichen Wartesaal des Bahnhofs in Heiligendamm kam.
Nicht zu vergessen ist natürlich einmal mehr die Leistung der vielen fleißigen Hände vor und hinter den Kulissen. Der Abend war von aufwendig gestalteten Blumen-Arrangements und einem sehr aufmerksamen Service geprägt. Und es ist für mich immer wieder frappierend, mit welcher Umsicht und Behändigkeit die Veranstaltungsräume noch in den frühen Morgenstunden wieder für den Alltagsbetrieb eingeräumt und die Tische gedeckt werden. Das ist gelebte Gastlichkeit.
Die gilt für mich auch für den regelmäßigen Besuch in der Nelson-Bar bei meiner Ankunft im Hotel und zum "Absacker" am späten Abend und angenehme Gespräche mit der stets freundlichen Dame am Tresen. In der Bar habe ich übrigens auch Paul Morzynski im Rahmen eines privaten Besuches eine Woche später als launigen Sänger an der Gitarre erlebt. Der Mann hat offensichtlich viele Facetten, die für mich auch seinen beruflichen Erfolg insgesamt erklären.
Zu guter Letzt sei auch ein wenig Nostalgie erlaubt: Ich habe in diesen über 12 Jahren eine Reihe sehr angenehmer Hoteldirektoren und natürlich auch grandiose Köche kennengelernt. Dazu zählen Tim Hansen, Thomas Perruzzo (!) und Thies C. Bruhn. Ich bin mir sicher, Mathias Gerds wird sich in diese Riege nahtlos einreihen. Den einen "Ausrutscher" eines Mister X mit sehr kurzer Verweildauer übersehe ich mal.
Von den Matadoren der Küche nenne ich neben den bereits Erwähnten Andre Thienelt, Jens Rittmeier, Alexander Ramm, Johannes Fuchs, Andre Muench, Christian Somann und Enrico Back, der zunächst als Sous-Chef von Ronny eine beeindruckende Karriere in anderen Häusern absolviert und seit einigen Jahren das Haus der Eltern Thüringen übernommen und seinen eigenen Stempel aufgedrückt hat. Nicht zu vergessen Dorit Wehmeyer, die lange Jahre (nicht nur) für die Pressevertreter stets ein offenes, ausgesprochen herzliches Wort hatte.
Trotz des fragwürdigen Konzepts bleiben mir auch die Veranstaltungen zum sogenannte "Großen Gourmet-Preis" in guter Erinnerung. Chapeau: Da wurde wahrlich großes kulinarisches Kino aufgetafelt. Ich könnte mir gut vorstellen, dass man einmal die Köche der vergangenen Jahre in einer Art moderierter kulinarischer Matinee versammelt.
In diesem Rahmen kann man auch die herausragende Rolle würdigen, die Ronny Siewert für das Haus hatte und hat. In diesem Sinn: Siewert & Friends 2025 ist noch nicht Geschichte, denn im Herbst lädt der sympathische Koch wieder nach Heiligendamm ein. Und wenn ich auch dann dabei sein kann und noch gute Freunde wie Koch-Legende Herbert Beltle treffe, dann ist das für mich "Glück am Meer" ...