Bei Johann Lafer ist es wie bei vielem anderen: Die einen sagen so, die anderen sagen so. Die einen schätzen ihn für seine Kochkunst. Die anderen schelten ihn wegen seiner medialen Omnipräsenz. Die einen freuen sich über seine stets humorige Art und sein gewinnendes Lächeln. Die anderen freuen sich, wenn auch ein Lafer „nur“ ein Mensch ist und mal eins auf die Mütze bekommt.
Und nun taucht dieser umtriebige Steiermarker Koch, der in Rheinland-Pfalz eine Burg bewirtschaftet und gelegentlich sogar kulinarisch in die Luft geht, im Helikopter, versteht sich, auch noch im hohen Nordosten auf und will den Köchen dort beibringen, wie man bodenständig, ehrlich und raffiniert kocht. Schon treten die Klaukschnacker auf den Plan und unken: „Es gibt im Land genügend gute Köche. Der hat uns gerade noch gefehlt.“
Mehr noch, man wirft sogar dem Landes-Till vor, der hätte ihn als Botschafter des guten Geschmacks ins Land geholt und hat selber keine Ahnung von gutem Essen. Ich meine, da überschätzt man den umtriebigen Minister einigermaßen. Der nutzt höchstens mal die Gunst der Stunde, um auf einen kulinarischen Zug aufzuspringen und sich medial in gutes Licht zu setzen. Der Mann hat es aber auch nicht leicht, muss ständig Spargel stechen, sich mit Königinnen aller Art umgeben und ab und zu auch ein paar kluge, energische Worte ablassen, wenn der Biber oder ein anderer Politiker nicht so will, wie er.
Dem Glawe von der CDU hat er jedenfalls kulinarisch einen verpuhlt, wie man im Norden sagt und den Bratwurst essen lassen, die behördlich gar nicht genehmigt war. Und die hat ja nun mit Lafer gar nichts zu tun. Es sei denn, es war eine Bio-Gourmet-Bratwurst. Was ich bezweifle, und die ich auch nicht essen würde. Sie wissen schon, nur die Original Thüringer sind Bratwürste. Alles andere sind schnöde Imitate…
Zurück zum Johann Lafer, den ich auch auf seinem Stammsitz, der Stromburg, kennenlernen durfte und seine Professionalität schätzen lernen konnte. Der hat eben die Gunst der Stunde und ein Angebot genutzt, ein Projekt aufzuziehen, das ihn weiter im Gespräch sein lässt. Im noblen Schlosshotel Fleesensee hat er nun mit Küchendirektor Reinhard zur Kammer und Küchenchef Georg Walther ein neues gastronomisches Konzept entwickelt, das maßgeblich seine Handschrift trägt, aber keineswegs das Werk eines einzelnen Herrn ist. Und das Gourmetrestaurant „Blüchers“ hat nun den Zusatz „by Lafer“ bekommen. Der Meister soll auch in anderen Betrieben der Hoteleigner kulinarisch mitmischen.
Und was kann man dem Lafer nun vorwerfen, dass er in MV seine Spuren hinterlässt? Gar nichts. Der kommt doch nicht hierher, um einen auf dicken Johann zu machen. Der lebt seinen Traum von bodenständiger Küche aus und gibt sein Wissen und seine Visionen weiter. Die beiden Küchenchefs in Fleesensee können das auch gut selber. Aber mit dem Namen Lafer lässt sich eben etwas anfangen. Die Hotelbetreiber mit weiteren Häusern im Land wären dumm, wenn sie mit diesem Pfund nicht wuchern würden. Und wie ich mich überzeugen konnte, sind die drei ein Führungsteam, das gut miteinander kann. Man darf noch einiges von ihnen erwarten.
Mal ganz abgesehen davon, dass im Land auch einige Lafer-Schüler recht erfolgreiche arbeiten. Warum soll der einstige Lehrer also nicht auch hier mehrere Tage im Monat aufschlagen. Wie ich ihn kenne, kommt der nicht mit dem Helikopter, scheißt die dumme Mannschaft aus dem kulinarisch biederen Osten auf kleinstes Gardemaß zusammen, steckt sich die nächste Million ein und fliegt wieder auf die Burg, um dort auszuruhen.
Lafer ist ein Macher par excellence. Und das ist gut so. Solche Leute müsste das Land noch mehr haben. Davon kann man sich getrost etwas abgucken. Auch das kommt dem Genussland MV zugute. Was ich von der neuen Saisonkarte, die viermal im Jahr erneuert wird, gesehen und gegessen habe, war jedenfalls geschmacklich exzellent und von Präsentation genau das, was man versprochen hat: Bodenständige Küche ohne Schnickschnack, aber mit dem gewissen raffinierten Etwas der Spitzenküche.
Und ich weiß auch, dass Johann Lafer den oft strapazierten Begriff Gourmet gar nicht so verbissen sieht. Auf der Stromburg hat er mir verraten, dass das Wiener Schnitzel seiner Mutter immer noch der höchste aller Genüsse ist. So gesehen kann es nicht falsch sein, wenn er in Fleesensee mit Gleichgesinnten ein Projekt umsetzt, das Produkte vom Feld in die Küche bringt. Dann kann er nämlich auch wieder mal der kleine Johann aus der Steiermark sein, der mit Bodenständigkeit aufgewachsen ist und sich diese immer bewahrt hat.
Im Zusammenhang mit meinem Beitrag über die Vorstellung der neuen Karte im „Blüchers by Lafer“ habe ich übrigens einen interessanten Leserbrief erhalten. Da schreibt mir eine erboste Frau, dass es kein Genussland MV gebe, denn dort sind gute Restaurants und gutes Essen Mangelware. MV sei eine kulinarische Wüste und kein Genussland, in dem man noch nicht einmal in der Landeshauptstadt Delikatessen und gute Produkte von Wild und Fisch bekommt.
Man stelle sich vor, sie hat am Gründonnerstag nicht einmal Kerbel bekommen. Und sie selber gehe mit ihrem Mann schon längst nicht mehr „hier“ essen, sondern koche besser und mit guten und frischen Produkten. Ist die über 40 Jahre lang in den gebrauchten Bundesländern lebende Frau zu bedauern. Mir kommen die Tränen. Aber auch ein bisschen Wut im Bauch. Ich werde ihr sehr geradlinig antworten.
Und die Mecklenburger, respektive die Ossis sind für sie keine Gourmets, sondern Gourmands. Das sind in ihrem Verständnis unwissende Vielfraße nach dem Motto „viel, deftig, fett und billig“. Auf die Dame würde ich den Johann zu gern mal hetzen. Ich bin mir sicher, dass er die auf kulinarisches Gardemaß stutzen würde, zumal er ein sehr gescheiter und pointierter Gesprächspartner ist.
Wohl wissend, dass hinter Sterneküche und sogenannter zweiter kulinarischer Reihe in MV eine kulinarische Grauzone besteht. Aber die im Niveau anzuheben, das ist die Aufgabe aller, die sich gutem Essen verpflichtet fühlen. Und da gehört Lafer unbedingt dazu.