Der Traumzauberer, oder: Lackys Erbe

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Monika Ehrhardt-Lakomy hat von ihrem verstorbenen Mann eine Büste schaffen lassen

BERLIN-BLANKENBURG   Der Sänger und Komponist Reinhard „Lacky“ Lakomy würde heute seinen 73. Geburtstag feiern. Im Februar 2013 verstorben, hinterlässt er ein großes künstlerisches Erbe. Michael H. Max Ragwitz sprach mit seiner Witwe, der Schriftstellerin und Texterin Monika Ehrhardt-Lakomy, über ihn und sein Schaffen.


Frau Lakomy, wie gegenwärtig ist der Mann für Sie, den alle Lacky nannten?

Er ist immer bei und in mir. Das heißt nicht, dass ich mit einem Toten lebe. Sein Geist aber ist überall, fast spürbar körperlich.


Was bewegte sie beide besonders, als sich Anfang 2013 gegen eine Krebs-Behandlung entschied?

Lacky war Realist. Er wollte nach einem erfüllten Leben nicht zum Pflegefall werden. Die letzten sechs Wochen waren in jeder Beziehung die intensivsten in unserer langen Gemeinsamkeit. Das gab mir Kraft für das Leben ohne ihn.


Lackys Lieder haben Kultstatus. Woraus schöpfte er seine Ideen?

Wir haben uns perfekt ergänzt. Er hat alle meine Texte vertont, die ich ihm sozusagen auf den Leib geschrieben habe. Es mussten also Texte sein, die seinem Lebensverständnis entsprachen. Das wiederum hat er einfühlsam und melodisch in Töne umgesetzt.


Ihrer privaten und beruflichen Gemeinschaft verdanken nicht nur die Kinder im besten Sinne des Wortes zauberhafte Musik.

Wissen Sie, wir haben nie speziell für Kinder geschrieben und vertont. Reinhard war stets der Meinung, gerade für Kinder sei musikalisch nur das Beste gut genug. Diesem Anspruch waren wir abseits des Mainstream stets verpflichtet. So ist auch der Traumzauberbaum entstanden.

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Stichwort: Traumzauberbaum. Was spornte sie an, solche Geschichten in Töne zu setzen?

Ich stamme aus Thüringen und war schon immer ein Kind des Wortes und habe sagenhafte Geschichten buchstäblich aufgesogen. Es gab eine Zeit, da suchte Lacky musikalische Geschichten für Kinder. Die hat er eher zufällig in meinem Schreibtisch gefunden, was fast zu einem Ehekrach führte und er mit der Tür krachend von dannen zog.


Und, kam er wieder?

Klar, schelmisch lachend und mit einem Vertrag mit AMIGA. Er hat die Seele meiner Texte in Töne gezaubert. Das konnte nur er. Damit haben wir Kunst für Kinder in Form von Geschichten-Liedern geschaffen.


Traum und Zauber wurden in ihrer Begrifflichkeit also sozusagen als Bildungsarbeit umgesetzt?

Meinetwegen können Sie es so nennen. Auf jeden Fall waren Dinge wie der Traumzauberbaum für uns Anliegen, Kindern und auch Erwachsenen beim Entdecken zu helfen, dass Poesie und die deutsche Sprache in Verbindung mit einfühlsamer Musik etwas ganz Schönes sind.

Lakomy protestierte gegen die Biermanns Ausweisung, setzte sich kritisch mit der Nachwendezeit auseinander, hatte aber keine Sehnsucht nach dem realen Staat DDR und rief 2009 zur Wahl der Partei Die.Linke auf. Sind das nicht Widersprüche in sich?

Es sind keine Widersprüche. Salonkommunismus war nie sein Ding. Er hat durch Havemann und andere Personen sozialistische Ideen kennengelernt, die seinem Weltbild besser entsprachen. Demzufolge wollte er nach 1989 eine gerechtere Gesellschaft. Dafür hat er auch seine Stimme erhoben.


Hatte er Konfliktpotenzial mit Kollegen, die dem "realen Staat DDR" den Rücken kehrten?

Für ihn wäre das nie eine Option gewesen. Mit den Kollegen, die Sie ansprechen und deren Namen ich ahne, hatte er kein wirkliches Problem. Jeder muss eben nach seinem Bilde glücklich werden. Fuchsig konnte er aber über jene werden, die im Westen spontan, ich sage es mal sehr direkt, ins Nest geschissen haben, um ihre Entscheidungen zu legitimieren...


Wie wichtig waren Lacky Preise?

Sie waren schon wichtig, zumal auch mit Geld verbunden, von dem man sich neue Technik für das musikalische Wirken anschaffen konnte. Aber sein wichtigster Preis war sein Publikum.

Sie haben ihm nun mit einer Büste ein sehr "intimes" Denkmal gesetzt.

Inspiriert dazu hat mich eine Büste von Eva Strittmatter. So ist er mir noch näher und ganz nah bei seinem geliebten Klaver.


Sie haben sich seinerzeit mit Kollegen und Freunden vom toten Lacky verabschiedet, der in der Küche aufgebahrt war. Hätte ihm das gefallen?

Ja, wir haben Musik von ihm gehört, Videos von ihm angeschaut, uns über ihn unterhalten, einen guten Tropfen getrunken. Ich meine, dass war ein Abschied ins Leben danach in seinem Sinne.


Wie werden Sie Reinhard Lakomys Werk bewahren?

Das bestimmt einen großen Teil meines Lebens. Ich arbeite auch zum Teil noch unveröffentlichte Musik von ihm auf und ordne seinen Nachlass.


Was wäre Ihrer Meinung nach Lackys Schlusswort über sein künstlerisches Leben?

Wohl in die Richtung: Ich konnte nur Musik, aber die richtig…

Dieser Beitrag erschien am 19. Januar 2019 in stark gekürzter Fassung in der Schweriner Volkszeitung und wird durch mich als Autor noch durch das Gesprächsmaterial ergänzt, das im Rahmen des Interviews für die Zeitung aus Platzgründen keine Verwendung gefunden hätte.

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