Heiligendamm. Er schreitet aufrechten, forschen Schritts durch die breite Eingangstür zur Rezeption des Grand Hotels Heiligendamm. Und er hat wie selbstverständlich seine markante Kochkleidung an, begrüßt seinen Gesprächspartner und bittet ihn freundlich in die stilvolle Nelson-Bar. Die Rede ist von Ronny Siewert, seines Zeichens Küchenchef im Gourmet-Restaurant des renommierten Hauses unmittelbar an der Ostsee. Er, respektive seine Küche wurde nicht nur seit 2005 mit einem der begehrten Michelin-Sterne ausgezeichnet, Siewert kann seit Ende 2012 auch 18 von 20 Punkten im Restaurant-Führer Gault Millau auf seiner Haben-Seite verbuchen und steht seit fünf Jahren nahezu unangefochten an der Spitze der Köche-Rangliste im Land.
Trotz "Warnung" und Rat seiner Eltern, einen anderen Beruf als den des Kochs einzuschlagen und so in die Fußstapfen des Vaters zu treten, entscheidet sich der 1978 in Nienburg an der Saale geborene Siewert mit etwa 15 Jahren: Ich werde Koch. Nach einer Lehre im Maritim Hotel in Halle an der Saale folgen Lehr- und Wanderjahre bei Drei-Sterneköchen in Aschau, Bergisch Gladbach und Dreis an der Salm, bevor er 2005 das Chezann in Rostock als Küchenchef übernahm, seinen ersten Stern erkochte und ab 2008 in Heiligendamm das Küchenzepter schwang und unter seiner Leitung das Restaurant "Friedrich Franz" zum kulinarischen Flaggschiff des Landes avancierte.
Dabei hatte er, verrät Siewert im Gespräch, anfangs gar keine Ahnung von der Sternegastronomie und ist da "einfach hineingewachsen". Auf die Frage, ob man im Sternebereich ein besonderer Typ sein muss, antwortet Ronny Siewert: "Mit den Typen ist das so eine Sache. Da gibt es viele Facetten. Man braucht nicht nur in diesem Segment des Kochens viel Spaß am Beruf und im Besonderen auch viel Ehrgeiz. Wie sich jeder weiterentwickelt, ist seine Sache. Man muss eben aus seinen Möglichkeiten etwas machen." Und genau das hat der 35-jährige Siewert offensichtlich auch gemacht und seit seinem eher zufälligen Umzug an die Ostsee eine Art Bilderbuch-Karriere hingelegt.
Kritiker bescheinigen ihm eine kleinteilige Arbeit mit viel Geschmack. Das scheint im besten Sinne sein Erfolgsrezept zu sein. Sein Anspruch an seine Küchenphilosophie ist es, mit seiner Küche eine klare, geradlinige Handschrift erkennen zu lassen. Jedes Gericht hat seine Eigenständigkeit, muss aber im Menü zu einer Harmonie der Speisen führen. Siewert: "Ich denke, dass das Prägende meiner Menüs das Spiel von Süße und Säure ist." Und er hat eigenem Bekunden zufolge von seinen Lehrmeistern Heinz Winkler, Dieter Müller und Helmut Thieltges "von jedem etwas mitgenommen" und setzt davon heute noch sehr viel um.
"Ich habe mir viel von deren Kochstil und der Philosophie der Küche abgeschaut, die man ja erst einmal verstehen muss. Daraus habe ich mir sozusagen meinen eigenen Weg gebaut und profitiere noch heute von diesen Erfahrungen", erklärt Ronny Siewert. Mehr noch, er arbeite ständig an der Weiterentwicklung seiner "Philosophie", setze sich täglich mit seiner Arbeit auseinander und hinterfrage die Zubereitung seiner Gerichte. Das wird, meint er, wohl ein ständiger Prozess bleiben.
Dass Siewert nicht nur ein hervorragender Koch, sondern auch ein sympathischer Typ, Kollege und Chef ist, beweist unter anderem die Meinung seines Sous Chefs Enrico Back, der es unter Siewerts Leitung immerhin zum 3. Platz beim Wettbewerb "Koch des Jahres" geschafft hat. Enrico Back: " Ronny Siewert ist ein Koch, für den in erster Linie der Geschmack eines Gerichtes zählt. Er hat mich in eben dieser Hinsicht und bezüglich der Filigranität sehr geschult und mir gezeigt, dass man als Küchenchef sehr menschlich sein kann. Sein Team ist für ihn das wichtigste Bindeglied." Letzteres bestätigt Siewert, wenn er sagt: "Ich bin zwar im Detail ungeduldig, aber auch relativ entspannt, weil ich mich auf meine Mannschaft verlassen kann. Kochen ist wie im Fußball vor allem Teamarbeit. Und das Team muss so eingestellt werden, dass es funktioniert, dass beim Einzelnen Stärken und Schwächen ausgeglichen werden und er an den richtigen Stelle eingesetzt wird."
Auch Kollegen wie die Sterneköche André Tienelt vom Gourmet-Restaurant "Sendig" in der Elbresidenz Bad Schandau und Marcello Fabbri vom Restaurant "Anna Amalia" im Weimarer Hotel "Elephant" bescheinigen Siewert hohe kulinarische Meisterschaft und angenehme Kollegialität. Tienelt: " Ronny zelebriert eine sehr filigrane Küche mit sehr ausdrucksstarken Aromen. Er bleibt seiner Linie treu und verfolgt seine Ziele sehr beharrlich." Unisono dazu Fabbri: "Er ist für mich ein sehr guter Freund und Kollege, offen, hilfsbereit und konsequent. Mich beeindruckt immer wieder seine geschmackliche Kreativität, sein Qualitätsbewusstsein und die Art und Weise des Anrichtens der Gerichte."
Kein Wunder also, dass Siewert jährlich bis zu sechs Mal mit Freunden und Kollegen durch die Lande "tingelt", um auch andere Restaurants noch breiter bekannt und Sterneküche populär zu machen. Show, verrät Ronny Siewert, ist dabei zwar nicht so sein Ding. ". Aber solche Veranstaltungen machen schon viel Spaß. Und wir Köche sind dann sehr locker, wenn wir unmittelbar vor den Gästen auftreten. Denn wir tun dann das, was wir am Besten können, nämlich kochen. Das schafft eine ganz besondere Atmosphäre."
Zu seiner beruflichen Zukunft befragt, meint Siewert: " Ich fühle mich hier sehr wohl und zu Hause. Wenn es nach mir geht, würde ich bis zur Rente an der Ostsee in Heiligendamm arbeiten." Tim Hansen, Direktor des Grand Hotels Heiligendamm wird das gern hören. Hansen: " Dank Ronny Siewert ist unser Gourmetrestaurant längst über die Landesgrenzen bekannt. Er ist für uns nicht nur ein tolles Aushängeschild, sondern auch ein Botschafter für das Genussland M-V, dass hoffentlich noch viele Feinschmecker für sich entdecken möchten. Unser neuer Eigentümer hat sich klar positioniert: Ronny Siewert und das Gourmetrestaurant Friedrich Franz ist und bleibt ein fester Bestandteil im Angebot des Grand Hotel Heiligendamm."
Dieser Beitrag erschien am 29. Januar 2014 in der Schweriner Volkszeitung.