Inzwischen weiß man längst vom vielfältigen kulinarischen Nordosten. Vielerorts entstehen im besten Sinne des Wortes geschmackvolle Initiativen, die die Gäste mit Niveau und handwerklicher Meisterschaft bewirten. In der Region um Plau am See agieren seit Jahren sieben kulinarische Enthusiasten mit großem Erfolg. In Wismar haben sich pfiffige Gastronomen zusammengetan, um die traditionellen Heringstage mit geschmacklicher Vielfalt auszustatten. Und auf Usedom trifft man sich direkt am Strand zum kulinarischen "Grand Schlemm". Leider erfahre ich bei meinen Streifzügen durch das Land aber auch öfters, dass gute Ideen durch einen gewissen Egoismus potenzieller Mitmacher geprägt sind. Da treten oft uneinsichtige, nahezu kleinliche Argumente an den Tag, die eine Aktion für die Region und die Gäste attraktiv machen. Frei nach dem Motto: "...der eine schilt den anderen dumm..." Oder zutreffender: der eine dünkt sich besser als andere. Erfolg stellt sich auch in diesem Zusammenhang nur mit Gemeinsamkeit und Kontinuität ein. Da muss man zugegebener Maßen auch mal einen etwas längeren Atem haben. Ich kann Gastronomen nur empfehlen: Lassen Sie sich etwas einfallen, damit sich zufriedene Gäste einstellen, die gern wiederkommen.
Kummer. Bereits 1994 hat Bernd Scholz den kleinen Gasthof seiner Eltern übernommen, führt in der Küche das Zepter und den "Laden" gemeinsam mit Ehefrau Kerstin. Dabei ist der athletische Koch gerade mal vierzig Jahre jung, und, wie er angesichts lachender Augen seiner Frau verrät, immer noch glücklich verheiratet. "Scholzens Lindenkrug" hatte, das weiß ich nur zu gut, immer einen guten Ruf in Sachen Gastlichkeit und Genuss. Trotzdem hat sich mit der Übernahme durch das junge Paar eine Menge getan. Und seit Anfang des Jahres haben auch die Gasträume ein sehr ansprechendes, neues Ambiente, das vom guten Geschmack der Gastgeber zeugt.
Mutter Scholz stand früher für rustikal-einfache, deftige Mecklenburger Küche. Mit dieser Tradition wollte auch Sohn Bernd nicht generell brechen. "Wir haben die Speisekarte im Laufe der Zeit in eine Richtung entwickelt, die ich mit allem Vorbehalt gegenüber dem Begriff an sich als gutbürgerliche Küche, verbunden mit einem gewissen innovativen Anspruch bezeichnen möchte." Soll auch heißen: Bei Scholzens gibt es frische, saisonale und regionale, im Detail aber auch durchaus exklusive Küche. Das alles natürlich abseits von Geschmacksverstärkern und Fertigprodukten.
Bernd Scholz lachend: "Der Geschmack unserer Gerichte entsteht aus der Natürlichkeit der Produkte. In der Mikrowelle heiß gemachte und vorgebratene Formschnitzel mit der vornehmen Bräune einer Kellnerjacke gibt's bei uns nicht." Auf leichte Sommerküche angesprochen, erklärt der Koch:" Ich koche mit dem Lauf der Jahreszeit und mit allem, was die Natur hergibt. Spargel, Erdbeeren und Gemüse kommen nur dann auf den Tisch, wenn sie Saison haben. Und aus der Region müssen sie sowieso sein."
Besonders gern hantiert Scholz mit knackigen Salaten mediterraner Prägung, ist mittlerweile begeisterter Anhänger des Sous-vide-Garens und überzeugt auf Wunsch auch mit fantasievollen Überraschungsmenüs in Kombination aus kulinarischer Tradition und Moderne. Das erreicht man vor allem, ist er überzeugt, mit ebenso hochwertigen wie raffinierten Zutaten und kleinen Details wie selbstgemachten Pesto- und verschiedenen Pasta-Sorten.
Diese Kolumne und dieser Beitrag erschienen im Rahmen der Seite
"Kochen & genießen" in der Schweriner Volkszeitung vom 21. April 2015.