KLÜTZ "Hereinspaziert" hießt es am vergangenen Wochenende im Schloss Bothmer, das nach siebenjährigen Sanierungsarbeiten wiedereröffnet und der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Auch Gerd Schneider hatte sich von Strande bei Kiel auf den Weg nach Klütz gemacht. "Dieses Ereignis kann ich mir doch nicht entgehen lassen", freute sich Schneider als stellvertretender Vorsitzender der Stiftung Bothmer. Der Siebzigjährige war von Ende 1991 bis 2007 Direktor des NDR-Landesfunkhauses in Mecklenburg-Vorpommern und nahm sich die Zeit, über die ereignisreiche Zeit seines Wirkens in Schwerin zu reden.
Die ersten NDR-Kontakte in den Nordosten, so Gerd Schneider, fanden bereits vor der politischen Wende statt. Er war damals in leitender Funktion im Landesfunkhaus Kiel tätig. Kein Wunder, dass er sich nach dem Wendeherbst 1989 für eine Intensivierung dieser Kontakte einsetzte und zunächst mehr oder weniger eigeninitiativ Gespräche suchte, um das 1990 neu entstandene Bundesland M-V für einen Beitritt zum NDR-Staatsvertrag zu überzeugen.
Schneider: "Das war ein durchaus wechselvoller, von politischen Kalkülen begleiteter Prozess. Wir mussten viele Gespräche führen, um die politischen Entscheider, aber auch die Menschen zu überzeugen, dass wir die richtigen Medienpartner für das Land sind." Ende 1991 schließlich einigten sich die Ministerpräsidenten der beteiligten Länder auf den neuen Staatsvertrag, der im April 1992 in Kraft trat. Der neue Arbeitsplatz von Gerd Schneider war fortan Schwerin. Hier wird auch das neue Landesfunkhaus entstehen, das Hörfunk und Fernsehen miteinander verbinden sollte.
Die Formierung eines fachlich-kompetenten und menschlich-glaubwürdigen NDR-Teams in M-V zählte gerade in der Anfangszeit seines Wirkens zu den herausragenden Aufgaben, die Schneider mitunter den Ruf eines strengen IM-Jägers einbrachte. "Ja, ich war in dieser Beziehung sehr streng", räumt er ein. "Ich habe in der Überzeugung, dass eine demokratische Medienanstalt nur funktionieren kann, wenn sie von integeren Mitarbeitern geprägt ist, keine Kompromisse gemacht."
Das war und ist, so Schneider, eine Frage der Glaubwürdigkeit. Denunziation und Bespitzelung haben in diesem neuen System absolut keine Daseinsberechtigung. Im Übrigen gab es für das Überprüfungsverfahren ein stringentes Reglement, das auch durch die überwältigende Mehrheit der Mitarbeiter getragen wurde und keine Einzelentscheidung des Direktors war, der aus dem Westen kam. Insofern habe er aber durchaus einen Lernprozess durchlaufen, sei sich aber keiner Fehlentscheidung bewusst. "Vielleicht hätte man, unbeschadet der letztendlichen Entscheidung, aber das eine oder andere Gespräch noch intensiver führen können", so Gerd Schneider.
Insgesamt aber sieht der frühere Landesfunkhaus-Direktor das Wirken des NDR in M-V als Erfolgsgeschichte an. Es wurden nicht nur Projekte wie "Erinnerungen für die Zukunft" und Radio Pommerania als Umsetzung des europäischen Gedankens in Lebens gerufen. Der NDR im Nordosten trat und tritt auch mit großem Engagement für die Bewahrung von Geschichte und Kultur im Land ein und fördert entsprechende Projekte. "Eine nahezu grandiose Leistung des gesamten Teams war auch die Einführung des digitalisierten Landesfunkhauses mit Fernsehen und Hörfunk, bei der alle voll mitgezogen haben", schwärmt Schneider.
Auch nach seinem Ausscheiden im Jahr 2007 hatte er noch (s)einen Wohnsitz in Schwerin. Grund dafür waren zahlreiche Ehrenämter in seiner "zweiten Heimat", wie er M-V bezeichnet. "Nun wird es schon etwas weniger, man(n) wird ja auch nicht jünger. Aber gehen Sie davon aus, dass ich mindestens einmal in der Woche in Mecklenburg oder Vorpommern bin. Ich liebe es, durch diese Landschaft zu fahren, Architektur zu bestaunen, mit Menschen zu reden und so Glücksmomente zu erleben."
Schmunzeln muss Schneider dann doch recht amüsiert, als er auf die Tatsache angesprochen wird, dass auf dem NDR-Gelände an der Schlossgartenallee schon zu Lebzeiten ein Platz nach ihm benannt wurde. Schneider: "Da haben sicherlich Spaß und Wertschätzung eine Rolle gespielt. Ich freue mich aber schon, wenn ich diesen Platz ab und an aufsuche. Hier hat schließlich ein wichtiges Stück meines Lebens gespielt."
Dieser Beitrag erschien am 27. Mai 2015 in der Schweriner Volkszeitung.