Nun wird es mal wieder Zeit, auf die kulinarische Walz zu gehen und Sie mit anderer (Bundes-) Länder Sitten, sprich: Geschmack, vertraut zu machen. Da kann man schon einige Überraschungen erleben. In Bayern will man die Gäste stets an der Weißwurst zutzeln, oder Beuschel, also Innereien, essen lassen. Im Nordwesten bekommt man Labskaus in allen Varianten angedreht. Und im Saarland denken sie, man kann aus Kartoffeln Bonbons machen, weil man denen vollmundige Namen gibt. Kennen Sie „Krommbeerkerschdscher“? Angeber, die Saarländer, das sind nur roh gebratene Kartoffelwürfel. Die kannte ich schon, da wusste ich noch nicht mal richtig, dass es das Saarland gibt. Schmeckt jedoch mit der richtigen Kombination trotzdem.
Zum Glück kenne ich aber ganz weit im Süden einen, der ist für wirkliche Überraschungen gut. Der Mann heißt Artur Frick-Renz, ist ein stattlicher Bildbuchkoch, bodenständig, humorvoll und von einer faszinierenden kulinarischen Kreativität beseelt. Sein kochendes Reich liegt im äußersten Südosten von Baden-Württemberg in Neukirch-Goppertsweiler nahe dem Bodensee. Es trägt den etwas inflationären Namen „Gasthof zum Hirsch“.
Aber was der Artur und sein Frau, die Ulrike, dort auf die Beine stellen, ist ein gastgeberisch-kulinarisches Erlebnis. Faszinierend, auf welche geschmacklich-kombinatorischen Ideen der Mittfünfziger kommt. Ich habe bei ihm beispielsweise eine in Orange und Safran pochierte Artischocke genossen, die er mit angebratenem Kalbsbries, Jakobsmuschelragout und Gemüsestroh in Szene gesetzt hat. Alter Falter, da schlägt der Gaumen Purzelbäume.
In diesem Sinne war der Artur auch „mein Mann“, den Lesern im Nordosten mit einem Rezept seiner Wahl das „Grausen“ beizubringen, wie mir der „Allgäuer im Schwabenland“ versicherte. Er hat Wort gehalten und offerierte mir „im Dutch Oven geschmorte Kalbsbäckchen auf gerauchter Forellensauce mit Tomate und Kräuteröl“. Ach du „gräune Neune“. Dieses geschmackliche Potpourri möchte ich Ihnen nicht vorenthalten. Da das Rezept etwas umfänglicher ist, sollten Sie es sich in seiner Gesamtheit im Internet an bekannter Stelle zu Gemüte führen. Es lohnt sich echt. Ich locke Sie hier erst einmal „nur“ mit der gerauchten Forellensauce. Nein, die sollen Sie nicht in der Pfeife schmöken, sondern genussvoll zubereiten.
Dazu hackt man zwei Schalotten und eine Knoblauchzehe fein. Beides in Öl andünsten, salzen, pfeffern und mit 100 Milliliter Gemüsebrühe aufgießen. Dann wird eine Tomate überbrüht, abgeschreckt, gehäutet, entkernt und gewürfelt. Auch die kommt in die Brühe und wird gemeinsam mit 50 Milliliter Crème fraîche kurz aufgekocht. Wer mag, kann das noch mit Chili würzen. Nun werden noch 150 Gramm gerauchtes, also geräuchertes, Forellenfilet hineingegeben und erwärmt. Alles gut pürieren, durch ein Sieb passieren und nochmals vorsichtig erhitzen. Fertig ist die Soße, die der Artur Sauce nennt...
Das Ganze wird mit den Kalbsbäckchen angerichtet und mit einer speziellen Kräutersoße nappiert. Als Sättigungsbeilage empfiehlt mir Artur Schupfnudeln. Auch die gibt’s im Rezept gratis. Ich bin mir sicher: Es wird Ihnen nicht grausen, sondern köstlich munden.
Diese Kolumne erschien am 23. Mai 2017 in der Schweriner Volkszeitung.