Beim Aufräumen meines Büros habe ich kürzlich ein kleines Heft gefunden. Wie sich schnell herausstellte, hat darin meine Mutter im Rahmen ihrer hauswirtschaftlichen Ausbildung Ende der 1940er Jahre kochtechnische Grundlagen festgehalten. Ich war gerührt von der bekannt akuraten Schrift der Mutter und der Einfachheit ihrer Aufzeichnungen. Da wird gebraten, gesotten, gebacken und gemengt und sogar beschrieben, wie man Eier kocht. Ich habe mich heute für Gewickeltes entschieden.
Leider hat sie wenig zum Umgang mit Fleisch beschrieben. Ich weiß aber, dass bei meiner Großmutter Wickelbraten immer der Renner war. Ich kann mir leider nicht mehr zusammenreimen, wie der entstanden ist. In Erinnerung ist mir eine riesige Roulade, die fest mit Garn zusammengerollt war. Also ähnlich dem, was man heute Rollbraten nennt und an Fleischtheken mit diversen Füllungen und Marinaden im Netz angeboten wird. Ein kulinarischer Schelm, der Böses dabei denkt.
Ich halte es diesbezüglich mit kochtechnischer Transparenz und lasse mir beim Schlachter meines Vertrauens das Fleisch zu einem Rollbraten aufschneiden. Das sollt mager, aber auch nicht ganz fettlos sein. Man kann es nach dem Würzen mit Salz und Pfeffer und etwas Paprika natürlich auch mit Füllung eigener Wahl rollen. Eine, die meinem Geschmack entspricht, ist eine Zwiebel-Senf-Knoblauchfüllung. Dazu werden Zwiebeln in dünne Streifen geschnitten und eine Knoblauchknolle fein gehackt, oder zusammen leicht püriert. Damit Farbe reinkommt, kann man auch Lauch mit verarbeiten. Das Fleisch wird dünn mit Senf bestrichen, zu viel davon verfälscht den Eigengeschmack des Fleisches. Dann kommt die Zwiebel-Knoblauch-Masse auf das Fleisch. Rollen, zubinden. Fertig ist der Wickelbraten, den ich stets gut mit Pfeffer aus der Mühle einmassiere. Scharf anbraten und im Backofen bei 150 Grad etwa zwei Stunden garen. Dazu kann man Schmorgemüse zubereiten. Kräuter wie Rosmarin und Thymian runden das Ganze geschmacklich ab.
Die Zubereitung von Wickelklößen aber ist in dem Heft säuberlich dokumentiert. Die ergeben zusammen mit dem Braten eine deftige geschmackliche Kombination. Dazu reibt man etwa ein Kilo gekochte Kartoffeln vom Vortag, vermischt sie mit je 150 Gramm Mehl und Kartoffelmehl, gibt ganz nach Geschmack ein bis zwei Eier hinzu und würzt mit Salz und Muskat. Alles gut mengen und zu einem, einen halben Zentimeter starken, Teig ausrollen. Über den streut man nach Belieben grobes Semmelmehl. Nun kann man entweder Rechtecke ausschneiden, zusammenrollen und an den Enden gut zudrücken.
Ich entscheide mich für die Variante, dass der Teig gerollt und dann ähnlich wie bei Knödeln portionsweise abgestochen wird. Die so geformten Wickelklöße werden etwa 10 Minuten vorsichtig gekocht. Soll heißen, kurz aufgekocht und dann „leise“ am Köcheln gehalten. Bleibt nur noch, die Klöße mit dem Schaumlöffel aus dem Topf holen und sofort mit dem Wickelbraten servieren. Ein wenig von der Kloßbrühe ist gut für die finale Zubereitung der Soße. Die dicke ich mit Mondamin-Mehlschwitze an. Dagegen haben selbst Sterneköche nichts einzuwenden.
Mein Fazit: Das kleine Heft bleibt eine Rarität in meiner Kochbuchsammlung. Haben Sie auch solche Heftchen von Ihren Eltern und Großeltern? Dann lassen Sie mich das bitte wissen und schreiben Sie mir per E-Mail die besten Rezepte daraus. Die will ich gern aufbereiten, nachkochen und auf meinem Portal der Allgemeinheit vorstellen.
Diese Kolumne erschien am 23. Februar 2016 in der Schweriner Volkszeitung.