Kennen Sie den Kalauer, den der legendäre Heinz Erhardt gern zum Besten gab: „Der Eber ist oft missgestimmt, weil seine Kinder Ferkel sind. Nicht nur die Frau - die Sau - alleine, auch die Verwandten…alles Schweine.“ Kulinarisch gesehen kommt Fleisch vom Eber aber eher selten auf den Tisch. Den muss man ganz schön pudern und schminken, sprich: Marinieren. Denn sein markanter Duft kann sich negativ auf den Genuss auswirken. Dagegen wird die Sau, plattdeutsch auch Mutte genannt (nein, das ist kein ferkeliger Schreibfehler), recht vielfältig verarbeitet.
Die kleinen Schweine aber sind, dem Erhardt sei Dank, Ferkel. Wenn die nicht mehr an der Mutter-Zitze saugen, sind sie Spanferkel. Um die kleinen, bis zu einem halben Zentner (darüber sind sie Läufer) schweren Grunzer soll es heute gehen. Es gibt Ferkelbauch mit Steckrüben-Gemüse. Das Rezept stammt vom Hamburger Koch Heinz O. Wehmann, den ich vor allem von der perfekten Zubereitung der Vierländer Ente her kenne.
Für vier Personen lässt er etwa ein Pfund Ferkelbauch mit etwas Flüssigkeit, drei Lorbeerblättern, etwas Pökelsalz, zwei Zehen Knoblauch, zwei Gramm Pfefferkörner und Sternanis sowie 125 Gramm Bouquet garni, das ist ein Kräutersträußchen, bei 87 Grad bis zu sechs Stunden in einem Topf langsam gar ziehen. Danach das Fleisch herausnehmen, zwischen zwei Blechen pressen und abkühlen lassen, in Rauten schneiden und anschließend auf der Fettseite mit Pflanzenöl kross braten.
Für das Gemüse werden 600 Gramm Steckrüben und 200 Gramm Möhren in dünne Stifte geschnitten. Von einem Viertel Bund Petersilie werden 12 Bouquets gezupft, der Rest wird mittelfein geschnitten. Außerdem werden drei Schalotten fein gewürfelt, in 40 Gramm Butter angeschwitzt und mit Fleisch-Fond abgelöscht. Nun werden die Steckrüben und Möhren hinzugegeben. Alles mit Salz, Pfeffer und Muskat würzen. Bei geschlossenem Deckel nur etwa drei Minuten garen. Zum Schluss 80 Gramm Distelöl und die Petersilie hinzufügen, kurz durchschwenken und anrichten: Auf das Steckrüben-Gemüse kommt der Ferkelbauch, die Petersilien-Bouquets und ein toller Gewürzsenf. Für den werden je 20 Gramm mittelscharfer Senf, Honig und Weißwein-Essig sowie eine fein gewürfelte Schalotte, 30 Gramm Distelöl vermischt und mit Salz und Pfeffer abgeschmeckt.
Ich habe andere Köche gefragt, was man an dem Ferkelbauch verbessern könnte, den Wehmann scherzhaft mit Marzipan vergleicht. Andreas Scholz vom Weimarer Restaurant „Anastasia“, der mir schon manche geile Schweinerei aufgetischt hat, meint: „Gar nix, das Gericht ist perfekt.“ Varianten sieht er lediglich in der Verwendung anderer, beispielsweise asiatischer Aromen. Außerdem kann man die Schwarte leicht mit Salz einreiben, damit sie krosser wird. Rainer Wolter aus Krugsdorf brachte noch die Variante ein, den Bauch mit einem Gemisch aus Honig, Weißwein und Fünf-Gewürz-Pulver zu lackieren. Das gefällt mir sehr.
Und wenn es familiäre Probleme gibt, weil ein Marzipanschwein verarbeitet werden soll, steigen Sie eben auf ein anderes Familienmitglied um. Bei den Schweinen kann man sich das ja aussuchen. Im Leben muss man mit dem klar kommen, was man hat. Oder auch nicht.
Diese Kolumne erschien am 7. November 2018 in der Schweriner Volkszeitung.