Geschmackssache: Max is(s)t einfach …

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Wiegebraten

Meine kochende Leidenschaft hat ihre Geschichte. Schon im späten Kindes- bzw. frühen Jugendalter habe ich im Erzgebirge meiner Mutter, meiner Großmutter oder meiner Tante gern beim Kochen über die Schulter geschaut. Natürlich hier und da auch mal verkostet, vor allem aber darauf geachtet, wie zubereitet wurde. Und mit großem Interesse habe ich bis heute immer wieder in ein handgeschriebenes Rezept-Buch meiner Mutter geschaut, das sie in der Gewerbeschule, also einer Art Haushaltsschule, angelegt hat. Da muss ich über so manchen sympathischen Schreib- und Rechenfehler schmunzeln, bewundere aber die akribisch-einfache Art der küchentechnischen Beschreibung.


Da ich mir neben der raffinierten Auswahl und Zubereitung von Produkten genusstechnisch auch das bewahrt habe, was man „Karo einfach“ nennt, möchte ich Sie heute an einen Wiegebraten heranführen, den Sie ganz nach Lust und Laune kombinieren können. Bei uns gab es den sogar beim Fleischer als Aufschnitt zu kaufen. Wie der Braten heißt, ist eigentlich egal. Den gibt’s in mannigfaltigen Bezeichnungen sicher in fast allen deutschen Regionen.

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Und lassen Sie sich nicht den kulinarischen Bären aufbinden, dass das ein Gericht mit DDR-Herkunft sei. Auf jeden Fall brauchen Sie für den Braten Hackfleisch halb & halb. Das sollte möglichst so fein gewolft sein, dass es dem Bratwurstbrät nahekommt. Sie merken schon, ein klassischer „falsche Hase“ wird das nicht.


Meine Mutter nahm laut ihrer Kochklatte je ein Viertel Schweine- und Rindfleischhack. Wo sie die andere Hälfte hernahm, weiß ich nicht. Es hat jedenfalls immer gelangt. Das Hack wird nun mit einer feingeschnittenen Zwiebel, einer in Milch eingeweichten und danach fest ausgedrückten Semmel bzw. einer rohen oder gekochten geriebenen Kartoffel homogen vermischt, so dass die Flüssigkeit gut aufgesaugt wird. Ebenfalls in die Masse gehören zwei Eier und nach Geschmack in feine Würfel geschnittener Speck. Gewürzt wird mit Salz, etwas Knoblauch, Pfeffer und edelsüßem Paprika. Das Ganze können Sie nun zu einer größeren Rolle formen, die keine Risse enthalten sollte, mit Eiweiß bestrichen, in eine mit Butterschmalz ausgestrichene Pfanne gelegt und mit etwas Wasser angegossen wird. Rein in den vorgeheizten Ofen und bei mittlerer Hitze eine gute Dreiviertelstunde braten.


Dabei das Fleisch stets mit dem entstehenden Saft begießen und ab und an etwas Wasser nachgießen, damit nichts anbrennt. Hat der Braten außen die gewünschte Farbe erreicht, nehmen sie ihn heraus und schwitzen Sie den eingedampften Saft mit etwas Kartoffelmehl zu einer Soße Ihres Geschmacks an. Ich bevorzuge zum warmen, aufgeschnittenen Wiegebraten die Kombination mit Salzkartoffeln und Mischgemüse. Aber auch Bratkartoffeln oder Kartoffelstampf vertragen sich mit dem Fleisch. Und kalt aufgeschnitten und mit Senf bestrichen ergibt der Wiegebraten eine deftige Brotzeit zu jeder Tageszeit. Und zu allen anderen Zeiten sowieso … In diesem Sinn einfach „guten Appetit“.


Das Kolumnen-Titelfoto für den Monat Februar 2022 stammt von meinen Geburtstagsmenü im Juli 2021 im Restaurant "Paris-Moskau" in Berlin, kreiert von Küchenchef Rainer Wolter.

Diese  Kolumne erschien am 24.2.2022 in allen Ausgaben der Schweriner Volkszeitung, den Norddeutschen Neuesten Nachrichten sowie der Neuen Osnabrücker Zeitung und ihren Partnermedien und in sieben Ausgaben des SH:Z-Verlages sowie des Beig Verlages in Schleswig-Holstein.

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