Geschmackssache: Max is(s)t bläulich …

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Saure Bratwürste

Zu Speisen mit säuerlicher Note braucht man mich nicht lange zu überreden. Dazu gehören süß-saure Linsen-Eintöpfe ebenso wie pikante Nierchen oder Saure Kutteln, also in Streifen geschnittener Pansen von Rindern und Schafen. Noch heute erinnere ich mich an meinen ersten Sauerbraten. Der war eine mittlere Katastrophe, weil ich ihn ohne Ahnung zubereitet und nur eine quieksaure Wassersuppe mit halbgarem Fleisch auf dem Teller hatte. Heute ist der Braten längst (m)eine kulinarische Legende. Und natürlich bin ich auch stets für einen Rollmops oder Brathering zu begeistern.


Wovon ich aber bisher so gut wie nichts wusste, sind saure Bratwürste. Da spielt schon bei dem Gedanken mein Kopfkino verrückt. Aber neugierig wie ich bin, habe ich mich auch einmal diesem kulinarischen Thema gewidmet. Diese Bratwurst-Kreation ist eine Spezialität der fränkischen bzw. Oberpfälzer Küche. Dort wird die Wurst nicht in die Pfanne gehauen, sondern in einen Sud eingelegt. Auf diese Weise entstehen „Blaue Zipfel“, wie sie wegen einer leicht bläulichen Note genannt werden. Na ja, die Bayern und ihre Farbenlehre …

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Den Sud stellt Markus Brunner, ein ambitionierter Griller aus der Oberpfalz so her: Anderthalb Liter Wasser werden mit 100 Millilitern Weinessig und 150 Millilitern trockenem Weißwein sowie nach Geschmack mit Salz, Pfeffer, einem Teelöffel Zucker, Lorbeerblättern und Wacholderbeeren, Senf- und Koriandersamen vermischt. Dazu kommen noch eine ordentliche Portion in dünne Ringe geschnittene Zwiebeln und drei in feine Scheiben geschnittene Möhren. Das Ganze wird aufgekocht und etwa eine Viertelstunde geköchelt. Dann abschalten und kaltstellen. Oder Sie legen nun bereits die Würste Ihrer Wahl in den Sud und lassen sie darin 20 Minuten ziehen.


Die „fränggischen“ oder die Oberpfälzer Bajuwaren verwenden dafür fränkische Bratwurst oder Nürnberger Rostbratwurst. Aber ich bin doch nicht blöd. Für mich gibt’s in dieser Beziehung nur die Original Thüringer Bratwürste, die es auch im gut sortierten Supermarkt zu kaufen gibt und von denen ich noch ein paar Exemplare in der feinen und groben Ausführung in der Kühltruhe hatte. Gebrühte oder Bratwürste ohne essbare Hülle, wie sie die Berliner gern verdrücken, kommen mir nicht auf den Teller. Und weil ich immer gern etwas variiere, habe ich die Bratwürste mit der feinen Füllung vor dem Bad in der sauren Brühe ganz leicht angebraten. Die anderen müssen nackig-unbefleckt hineinspringen und sich erwärmen lassen.


Das Anrichten der Würste ist denkbar einfach. Auf dem Teller gesellen sie sich mit dem Zwiebel-Möhren-Gemüse. Ein wenig von dem Sud regt den Geschmack zusätzlich an. Senf ist bei mir diesbezüglich trotzdem ein Muss. Als Beilage für die groben Würste hatte ich frisches Kartoffelbrot und sogar eine Brezel. Die feinen „bläulichen“ Würstchen durften sich mit herzhaftem Kartoffelstampf mit Majoran vermählen. Und ich war trotz eines finalen Köm alles andere als „blau“. Hat einfach nur gut geschmeckt …

Diese Kolumne erschien am 16.12.2021 in allen Ausgaben der Schweriner Volkszeitung, den Norddeutschen Neuesten Nachrichten, der Neuen Osnabrücker Zeitung und ihren Partnermedien sowie dem Beig Verlag Pinneberg und in einigen Ausgaben des SH:Z Verlages.

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