Mit dem Frühling eröffnen sich wieder völlig neue kulinarische Welten. Gerade jetzt beginnt die Zeit nahezu grenzenloser geschmacklicher Vielfalt. Da hole ich mir gern Anregungen und Rat aus Kochbüchern und kulinarischen Magazinen, die ich mittlerweile wie Belletristik lese. Es ist schon fantastisch, zu erleben, welches Kopfkino dieser Lektüre einhergeht. Da gibt es richtig spannende, lehrreiche Titel wie Feld-, Wald und Wiesenkochbücher, Kleine Kräuterwelten oder andere handliche Büchlein, die für einen entspannten Aufenthalt auf der Terrasse geeignet sind. Ganz zu schweigen davon, was das Internet an kulinarischem Wissen alles bietet. Wenn man darin etwas Übung bekommt, ist das ein schier endloser Wissensschatz. Vor allem auch in Sachen Kräuter und Gewürze. Da gibt’s Dinge, kann ich Ihnen versichern, die hätte man nie für möglich gehalten.
Nur eines kann ich in diesem Zusammenhang nicht ab. Das ist die sogenannte Frankfurter Grüne Soße, mit der ein Koch von der Seenplatte die Mecklenburger in regelmäßigen Abständen missionieren will. Allein bei dem Gedanken daran sträuben sich mir die Nackenhaare. Erinnerungen werden wach, wenn es in meiner Kindheit Petersilien- oder Dillsoße gegeben hat. Klar, die Frankfurter Brühe ist ganz was anderes, aber für mich ähnlich ungenießbar.
Da halte ich es doch lieber mit meinem Kochfreund Joachim Rummel aus Boizenburg, der für das gesunde Frühstück auf’s Brot eine Kräutermischung aus Spitzwegerich, Löwenzahn, Gundermann, Knoblauchrauke, Brennnessel, Vogelmiere, Rotklee und Schnittlauch empfiehlt. Das ist sogar ein „Kräuter“ mehr als die hessische Variante. Aber nicht in pürierter Form wie aus der Schnabelflasche im Krankenhaus. Mein Rat, bleiben Sie kulinarisch im Lande und lassen Sie die Hessen nach deren Fasson glücklich essen. Die Natur bietet viel reizvollere und ansehenswertere geschmackliche Liaisons aus Brennnessel, Löwenzahn & Co. Das kann man auch mit Bratenresten, geräuchertem Speck oder Schinken kombinieren, damit man was zu beißen hat.
Und es gibt tolle Dinge für Liebhaber süßer Gaumenfreuden samt einer würzigen Note. Wie wäre es mit einem Beignet als Dessert, das ich aus einem der vielen Rezepte nach eigenem Geschmack abgewandelt habe: Dafür erhitzt man in einem breiten Topf 500 ml Olivenöl. 400 g Spitzwegerichblätter werden gewaschen und von den harten Stielen entfernt. In einer Schüssel werden ein Eigelb, 100 g Mehl und 200 ml Eiswasser miteinander verquirlt und leicht gesalzen. Nun werden die Blätter in den Teig gegeben und öfters gewendet. Sodann wird der Spitzwegerich portionsweise mit einem Schaumlöffel herausgehoben, kurz abgetropft und wie Puffer in kleinen Häufchen in das siedende Öl gesetzt und bei starker Hitze von beiden Seiten etwa zwei Minuten frittiert. Das Ganze geht aktuell auch sehr gut mit Holunderblüten zubereiten. Und Mutige wagen sich sogar an Brennnessel heran.
Diese Beignets, wie man den frittierten Teig auch nennt, werden auf Küchenpapier abgetropft, dann auf einem Teller dick mit Rohrzucker und Zimt bestreut und warm serviert. Dazu kann man ganz nach Geschmack Eiscreme reichen. Das ist mal ein Dessert der ganz besonderen Art. Ich bin allerdings kein Freund von Zimt. Den habe ich kreativ-ersatzlos gestrichen. Dazu passt sicher auch ein Weißdorn-Schafgarben-Likör, den Joachim Rummel selbst herstellt. Der soll gut für die Herzkranzgefäße sein. Und süffig ist er sowieso. Muss ich ausprobieren.Schlachter finden, der auch Zunge, Nieren oder andere „edle“ Teile auf Lager hat.
Diese Kolumne erschien am 24. Mai 2016 in der Schweriner Volkszeitung.