Geschmackssache: Max is(s)t altklug…

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Max' Kulinarische Kolumne - Rollfleisch mit Sauerampfer

Auf der Suche nach interessanten Rezepten habe ich mir kürzlich mein Mecklenburgisches Kochbuch vorgeknöpft und bei einem kühlen Köstritzer „studiert“. Das stammt  von Frieda Ritzerow, die Mitte des 19. Jahrhunderts in den fünf führenden Hotels Mecklenburgs gearbeitet haben soll. Vermutlich als Köchin, denn ihr einziger Bestseller von 1868 richtet sich an die „mecklenburgischen Hausfrauen und solche, die es werden wollen“. Offenbar dachte sie, dass nur Frauen an den Herd gehören.


In dem „Rathgeber“ mit selbsterprobten Rezepten geht es ganz schön zur Sache. Vor allem die fachlichen Begriffe, Maße und Produkte geben manches Rätsel auf. Ganz zu schweigen von der seinerzeit üblichen Rechtschreibung, die heute manchem Zeitgenossen sehr zupasse käme. Da gab’s eben noch Rumsteak und Kalbsmilch. Ersteres wurde sinnigerweise mit einem „p“ ergänzt, letzteres ist Kalbsbries, das ich über alles liebe. Die Kreationen der Ritzerow, die laut Taufregister Friederica hieß, haben mir mächtig Appetit auf ebenso einfache wie kreative Kost gemacht.

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Versprochen war aber, dass es heute Fleisch gibt. Hammel, Lamm, Inneren: Gar nicht schlecht, wär‘ mir grade recht… Aber da hebt es ja manchen von Ihnen die Zähne. Und Dinge wie ein Mock-Turtle-Ragout wollte ich Ihnen nicht antun. Denn dazu muss man mehr schlachtender Chirurg als Koch ein. Rollfleisch gehört da noch zu den bodenständigen Gerichten. Ähnliches gab es bei meiner Großmutter Martha auch manchmal.


Auf geht’s: Man nehme zwei Pfund schieres Rindfleisch und schneide davon handgroße Scheiben mit der Dicke des kleinen Finger ab. Die werden von beiden Seiten plattiert, so dass sie um ein Drittel dünner sind. Darauf kommt eine Gewürzmischung aus Salz, feingestoßenem schwarzen Pfeffer und Nelkenpfeffer. Letzteres unbekannt: Ist nichts anderes als Piment. Belegt das Fleisch mit dünnen Scheiben von einem Viertelpfund fetten oder durchwachsenen Specks. Auch der wird leicht mit den Gewürzen bestreut. Alles aufrollen, mit Faden abbinden, äußerlich würzen, leicht mehlieren und in einem Viertelpfund Butter hellbraun und mit Ringen von zwei Zwiebeln braten. Um eine treffliche Soße zu erhalten, gießt man Bouillon zu dem Rollfleisch, so dass es gut bedeckt ist und lässt es unter Zugabe eines Lorbeerblatts schmoren. Dazu schmecken frische Pellkartoffeln trefflich.


Als Gemüse der besonderen Art kann ich mir Sauerampfer aus meinem Garten vorstellen. Den kocht Frieda Ritzerow in Salzwasser etwa zehn Minuten weich, durchseiht und hackt ihn fein und vermengt ihn mit Butter und Zucker. Dazu kommen noch ein Schuss Weißwein, etwas gestoßener Zwieback und reichlich weich gekochte Korinthen. Alles gut durchkochen und mit dem Fleisch und den Kartoffeln servieren. Garnieren kann man das mit halbhart gekochten, geviertelten Eiern. Mahlzeit.  Das wird mein nächster Sonntagsbraten sein.


Kurz und gut: Die Lektüre alter Küchenratgeber ist sehr erhellend und bietet auch heute noch genügend Spielraum, sich darauf aufbauend kochend-kreativ zu betätigen. Und wer weiß, vielleicht forsche ich ja als gelernter Archivar im „Alter“ mal über die Autorin und ihre Wirkungsstätten, deren Spur sich ab 1887 verlor.

Diese Kolumne erschien am 1. August 2018 in der Schweriner Volkszeitung.

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