Geschmackssache: Das DDR-Menü

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Früher war alles besser. Sagt man alleweil. Nun ja, kommt auf die Definition von „früher“ an und ist wohl eine Sache der Erfahrung. Kulinarisch gesehen hat aber die ostdeutsche Küche schmackhafte Dinge zu bieten, die heute noch Bestand haben. Wer erinnert sich nicht an die deftigen Tatar mit Ei und Zwiebel, die es nicht nur in den Bahnhofskneipen gab. Oder die Warmen Eckchen, das Würzfleisch und die legendäre Soljanka.

Nicht zuletzt waren Fernsehsendungen mit Chefkoch Kurt Drummer und Fischkoch Rudolf Kroboth beliebte Kochshows. Ganz ohne Show, aber mit viel Liebe zum kulinarischen Detail. Warum sich also solche Traditionen nicht zu eigen machen, mag sich ein Koch aus dem Vogtländischen gedacht haben. Der heißt Ronny Plutz, ist gebürtiger Leipziger und nach seinen Wanderjahren nun als Küchenchef im „Restaurant 1850“ in Schönbrunn tätig. Als 1989 die Mauer fiel, konnte Plutz zwar noch nicht mal über den Küchentisch schauen, aber sein Beruf und das „Studium“ der DDR-Küche haben ihn auf eine schmackhafte Idee gebracht.

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Seit Kurzem gibt’s in dem Restaurant, das eine vielseitige und kreative Frischeküche mit vorwiegend regionalen Komponenten bietet, ein sogenanntes „DDR-Menü“. Das ist eine viergängige Speisenfolge, die ich so noch nirgendwo auf einer Speisekarte gesehen habe. Man lese und staune: Die Vorspeise ist eine Liaison aus Spreewaldgurke und Ostseeforelle. Die Forelle ist zugegebenermaßen kein typisches DDR-Produkt, schwimmt aber als Meerforelle auch in der Ostsee und wird verkaufsfördernd gar als Ostseelachs bezeichnet. In fantasievoller Art und Weise mit der Spreewaldgurke verbunden, ergibt das eine vorzüglich appetitanregende Vorspeise.

Dem folgt eine Soljanka der ganz anderen Art als aufgegossener Sud aus der Tomate und Pilzen als Einlage. Den Hauptgang bildet ein Steak au four. Sie wissen schon, das mit dem Würzfleisch überbacken, im „1850“ mit Erbsen-Möhren-Püree und Erbsen als grüner Krokette an einer Worchesterjus serviert. Den Abschluss bildet eine süße Variation von Kirsch und Pfeffi, effektvoll aufgemacht als Ampelmännchen und Beerenfrüchten. Darauf muss man erst einmal kommen.

Ob man das Dessert mit einer Fahne des verblichenen Arbeiter-und-Bauern-Staates verzieren muss, ist Ansichtssache. Ich kann aus gestalterisch-ästhetischer Sicht darauf verzichten, nicht etwa aus genereller Ablehnung des Staates oder seiner Küche. Das geschmackliche Gesamterlebnis aber hat mich überzeugt, das von einer jungen Küchen- und Servicemannschaft zelebriert wird, die im Stil eines „Jugendobjekts“ agiert und viel Wind in die kulinarische Szene der Region bringt.

Die Soljanka neuen Typus sollten Sie vor Ort probieren. Das Rezept aber ist eine von vielen klassischen Varianten aus dem geschmacklichen Ost-Repertoire.    

Diese Kolumne erschien samt einem Rezept für eine Soljanka a lá Max
am 20. Juli 2016 in der Sächsischen Zeitung und der Freien Presse.

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