Geschmackssache: Max is(s)t spießig…

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Max' Kulinarische Kolumne - Keniatischer Hähnchenspieß

Kennen Sie Stephan Hermlin? Das war einer der bekanntesten Schriftsteller und Lyriker der DDR. Und er war auch einer, der 1976 in Sachen Wolf Biermann den Mund aufgemacht und die Petition gegen dessen Ausbürgerung verfasst hat. Darum geht’s heute jedoch nicht. Hermlin hat einen Sohn Andrej, der ein begnadeter Jazz- und Swing-Musiker ist und mit seinem Orchester weltweit Erfolge feiert. Auch um den geht es diesmal nur indirekt.


Aber Andrej hat eine Frau. Die heißt Joyce und lebt mit ihm und den Kindern David und Rachel in Berlin-Pankow in seinem Elternhaus. Kennengelernt hat Hermlin die gebürtige Keniatin in einem Tanzlokal in Dahlem. Er spielte dort mit seinem Orchester, sie saß im Publikum. Und jetzt, endlich, kommt auch der Bezug zum Thema Kulinarik. Denn die Frau ist eine vorzügliche Köchin. Das kommt nicht von ungefähr. Schließlich ist sie auf einer Farm in Kenia aufgewachsen, mit dem landestypischen Kochen bestens vertraut und weiß mit der Verarbeitung von Tieren und Gemüse bestens Bescheid.

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Und was tut eine Frau, deren Mann öfters auf Reisen ist? Sie schaut sich nach einer erfüllenden Beschäftigung um. Die hat Joyce im Kochen und einem Catering-Service der besonderen Art gefunden. Den hat sie „Kaari“ genannt und zaubert traditionelle afrikanische Speisen auf den Tisch, mit denen sie geschmackliche Erinnerungen an ihre Kindheit wieder aufleben lässt und das Ganze kreativ mit einer europäischen Note verbindet. Der Name ist übrigens aus dem keniatischen Wort für Joyce abgeleitet und steht für „schön, geduldig und treu“. Gut, zu wissen.


Da ich solche Kombinationen sehr liebe, kam ich nicht umhin, Joyce ein Rezept „abzuringen“. Was mir mit Hilfe von Andrej auch gelang. Ich biete Ihnen, ganz der Jahreszeit entsprechend, marinierte Hähnchenspieße an. Man kann das Fleisch natürlich auch mit Rind, Lamm oder Ziege ersetzen. Das Ganze geht so: Für vier Personen vermischt man Olivenöl mit je einer kleinen halbe Tasse Sojasoße und Zitronensaft, zwei Esslöffeln Sesamsamen, je einem halben Teelöffel Knoblauch-, Kreuzkümmel- und Korianderpulver, zwei zerdrückten Zwiebeln und Knoblauchsalz ganz nach Geschmack. In diese Marinade kommen vier Hähnchenbrusthälften ohne Haut und Knochen.


Die haben nun abgedeckt im Kühlschrank mindestens eine Stunde Zeit zum Durchziehen. Danach aber werden sie aufgespießt und müssen sich ihrem geschmacklichen Schicksal auf dem Grill ergeben. Auch die Marinade erfüllt noch ihren Zweck, in dem man sie fünf Minuten köcheln lässt und später mit serviert. Als geschmacklich-kombinatorisches I-Tüpfelchen eignet sich ein Dip, der aus Erdnussbutter, heißem Wasser, Zitronensaft, Cayennepfeffer sowie Mais- oder Pflanzenöl und Salz zubereitet wird. Ich gebe zu, ich würde das Hähnchen mit Lamm ersetzen. Ist eben Geschmackssache. Dazu schmeckt beispielsweise Chapati, eine Art Weizenfladenbrot.


Nun warten Sie auf die Pointe: Andrej Hermlin hat mir augenzwinkernd verraten, dass seine Frau die besten Thüringer Rostbrätl zubereitet, die er je gegessen hat. Das zumindest lässt einige Auslegungen zu. Aber immerhin kocht er nicht mit, denn viele Köche verderben bekanntlich den Spieß. Oder so ähnlich…

Diese Kolumne erschien am 23. Mai 2018 in der Schweriner Volkszeitung.

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