Mein Vater wurde im ostpreußischen Königsberg geboren. Über kulinarische Traditionen seiner früheren Heimat haben wir leider nie gesprochen. Er hat aber manchmal Gerichte mit merkwürdigen Namen genannt und seine kulinarische Vorliebe galt immer der Kartoffel. Kein Wunder also, dass er für (s)eine deftige Kartoffelsuppe bekannt war. Alles andere, darunter die Zubereitung der legendären Klopse, oblag der Kochkunst meiner Mutter. Sie tischte ihm fast täglich zum Abendbrot vor allem Bratkartoffeln auf oder setzte die Knollen einfach und deftig in Szene. Dazu zählten auch geriebene Kartoffeln mit Schinkenspeck.
Das nannten die Ostpreußen wohl Kakalinski. Dafür raspeln Sie geschälte Kartoffeln und zwei, drei Zwiebeln grob, vermischen das mit zwei Eiern und etwa drei gehäuften Esslöffeln Mehl sowie Würfeln aus Schinken und Bauchspeck. Gewürzt wird nach Geschmack mit Salz, Pfeffer, Muskatnuss und Paprikapulver. Nun gelangt die Masse auf ein gut eingefettetes Backblech oder in eine geeignete Auflaufform und wird gut eine Stunde auf Sicht gebacken. Kurz abgekühlt und wie Pizza in Stücke geschnitten wird serviert. Ich habe ähnliches bereits als dickeren Kartoffelpuffer in der Pfanne gebraten. Geht schnell und schmeckt famos. Dazu passt ein knackiger Salat.
Ebenso schmackhaft sind Heilsberger Keilchen, die ich auch schon einmal vorgestellt und deren Zubereitung in meiner virtuellen Rezeptothek erklärt habe. Nachschauen und nachkochen lohnt sich.
Ein anderes typisch ostpreußisches Gericht ist "Schlackstroh". Das ist eine Kombination von Kartoffeln mit Sauerkraut, das durch die Vermischung wie "geschlackertes" Stroh aussieht. Dafür schälen Sie Kartoffeln in kleine Stücke. Rein in der Topf, mit Sauerkraut belegen und alles etwa eine Dreiviertelstunde mit Salzwasser bedeckt kochen. Sodann abgießen und einen Teil des Kochwassers beiseitestellen. Jetzt Kraut und Kartoffeln stampfen, sodass eine Konsistenz wie bei Kartoffelstampf entsteht. Bei Bedarf können Sie noch etwas vom Kochwasser angießen.
Während der Kochzeit schneiden Sie von Knochen und Knorpeln befreite, gesalzene und gepfefferte Schweinebauchscheiben in daumendicke Streifen und braten sie in einer Pfanne langsam an, bis knusprige "Spirgel" entstehen, wie es in Ostpreußen genannt wurde. Die werden nun in oder an den Kartoffel-Sauerkraut-Stampf gegeben und mit Salz und Pfeffer gewürzt sowie für den deftigen Geschmack noch mit etwas Bratfett angereichert.
Mit solchen und anderen deftigen, geschmacklich kreativ erweiterten Gerichten sammeln Sie die nötigen „Körner“, um über den ar(kti)sch-kalten deutschen Winter zu kommen. Es darf gelacht werden. Damit es mit der Verdauung gut klappt, empfehle ich eine Art „Pillkaller“. Dafür legen Sie auf ein mit „Mann un Fru“ gefülltes Schnapsglas eine mit Senf bestrichene Leberwurstscheibe. Dann wird erst der „Belag“ verzehrt und nun, Kopp in’ Nacken, mit dem Doppelkümmel abgelöscht. In diesem Sinn: Ich wünsche Ihnen viel Erfolg beim Ausprobieren meiner Rezept-Ideen ... Mahlzeit.
Das Kolumnen-Titelfoto für den Monat Februar zeigt ein Gericht aus dem Restaurant Namenlos in Ahrenshoop: Grünkohl mit Tranchen von der geschmorten Frischlingskeule aus Darßer Jagd, Wildknackwurst und Kartoffelkrusten
Diese Kolumne erschien am 31.1.2025 in allen 9 Regionalausgaben der Schweriner Volkszeitung, in den Norddeutschen Neuesten Nachrichten und im Prignitzer sowie in 10 Regionalausgaben des Nordkurier in MV und der Uckermark.