Meine Freunde Wolfgang und Siggi sind leidenschaftliche Skatspieler. Aber mit denen spiele ich nicht, weil sie ihre Regeln selber machen. Ich bin ein vehementer Vertreter der Skatordnung ohne Kontra und Re. Aber immerhin: Beide lesen meine Kolumnen und sagen mir ihre Meinung. Hat mich Siggi doch neulich spontan aufgefordert: „Aber nächstes Mal gibt’s ein Schnitzel“. Meine Antwort ist nicht spruchreif, hat aber was mit dem Leid zu tun, das einem Schnitzel vor dem Panieren blüht.
Nach einer Bedenkzeit habe ich jedoch beschlossen, dem Siggi kontra zu geben und ihm ein Schnitzel zu präsentieren, bei dem er gewiss erst einmal „passe“ sagt. Immerhin kenne ich Gaststätten, die in der Karte auf zwei Seiten Schnitzelvariationen ohne wirkliche Überraschungen anbieten. Nach kurzem Reizen in meiner kulinarischen Runde nach dem Motto „18, 20, zwei, Null, Schnitzel…“ hat einmal mehr Rainer Wolter aus Krugsdorf das Spiel gemacht. Der zog die besten Trümpfe und zelebriert ein Kalbshirnschnitzel. Das haut den Siggi garantiert um. Denn der kann zwar leidlich Skat spielen, versteht aber vom Kochen so viel wie ein Schwein vom Klavierspielen. Aus selbigem werden ja die meisten Schnitzel zubereitet.
Gut, das Hirn bekommt man nicht so en passant beim Bäcker. Aber beim Fleischer seines Vertrauens kann man das sicher bestellen. Das Kalbshirn, man darf auch Kalbsbries nehmen, wird in fingerdicke Scheiben geschnitten und mit Salz und Pfeffer gewürzt. Die werden mit verquirltem Eigelb und fein geriebenem Weißbrot paniert. Die so zubereiteten Schnitzel werden in Butterschmalz beidseitig goldgelb gebacken, mit Zitronensaft beträufelt und sofort angerichtet. Der Koch empfiehlt eine Kombination mit Kopfsalat in Buttermilchdressing.
Letzeres will ich auch nicht vorenthalten. Für das Dressing werden Eigelbe und Öl zu einer Mayo verrührt, die mit Buttermilch angereichert und mit Salz, Pfeffer, Zitronensaft und Himbeeressig abgeschmeckt wird. Der Kopfsalat wird in mundgerechte Stücke zerpflückt, mit dem Dressing vermischt und mit enthäuteten, gewürfelten Tomaten, Radieschen und Schnittlauch angerichtet. Schnitzel drauf. Fertig. Dazu passt auch ein Baguette.
Und wie immer habe ich auch eine Reihe weiterer Schnitzel-Trümpfe bekommen. Artur Frick-Renz vom Bodensee empfahl mir das legendäre Wiener Schnitzel, Ronny Kallmeyer vom Gothischen Haus in Wernigerode brachte ein Schnitzel aus der Rehkeule ins Spiel. Und Daniel Reuner aus Zossen schwört auf eine Panade aus den Krumen natursauren Roggenbrots und Kräutern.
Sein Schnitzel-Ass im Ärmel wären darüber hinaus Schafbock-Hoden, die er als sehr zartes Fleisch deklariert. Ich stimme ihm aber zu, dass man dieses Fleisch erst verraten sollte, wenn man es gegessen hat. Außerdem wird heute schließlich kulinarisch Skat und nicht Schafkopf gespielt. Aber reizen würde mich so etwas schon. Weitere Schnitzelvarianten habe ich in petto. Die dokumentiere ich jedoch woanders.
Nun bin ich gespannt, mit welchem Spruch mich Siggi heute am Skat-Stammtisch begrüßt. Kann ja sein, dass ihm das Kalbshirn skattechnische Höhenflüge beschert. In diesem Sinne „Gut Blatt“, oder wie man unter Köchen sagt: „Gut Schnitzel…“
Diese Kolumne erschien am 11. April 2018 in der Schweriner Volkszeitung.