Schlosshotel Fleesensee – Exzellente Küche, die sich am Gast orientiert

fleesensee01

Schlosshotel Fleesensee

Schlossstraße 1 - 17213 Göhren-Lebbin
www.fleesensee.de

Immerhin lebe und arbeite ich bereits ein Vierteljahrhundert in Mecklenburg. Da ist mir der Fleesensee natürlich ein Begriff. Das dazugehörige Schloss und die anderen Anlagen des Hotel und Sportresorts Fleesensee habe ich jedoch erst aus der Nähe kennengelernt, als im Mai 2017 Johann Lafer sein Debüt im Rahmen seines zugegebenermaßen kurzen Engagements als „kulinarischer Inspirator“ und damit Werbeträger des Goumetrestaurants „Blüchers“ gab. Bereits seit September 2017 ist jedoch Küchenchef Georg Walther in dem Restaurant alleiniger Chef im kulinarischen Ring. Und den kannte ich ja schon von meinem ersten Besuch im Schloss sowie als Kontakt auf Facebook und  Teilnehmer am Gourmet-Event „Burmè“ auf der Burg Penzlin.


Lafer ade: Ich war neugierig, was der Georg im Schloss im übertragenen Sinne so auf und in der Pfanne hatte und dem geneigten Gast auf den Tisch zaubert. Hinzu kam auch mein bereits geknüpfter Kontakt zu Hotelmanager Harald Schmitt (Foto), auf den ich genauso neugierig war. Weiß ich doch, dass er die küchentechnische und gastgeberische Palette vom Koch über den Patissier, Küchenchef und Food & Beverage-Manager sowie Hotel-Geschäftsführer und -Direktor erfolgreich durchlaufen hatte.


Nach meinem Interview mit dem Blüchers-Küchenchef, das Sie hier… nachlesen können, führte Georg Walther mich persönlich durch das imposante  Schlosshotel. Was ich bisher nur en miniature kannte, hat mich einigermaßen beeindruckt und überrascht. Dieses Hotel ist für mich eine Anlage der Superlative, ohne abzuheben und sich in dekadente Einzelheiten zu verlieren. Hier hat man es verstanden, ein historisch gewachsenes Schloss-Ensemble mit einem zeitlos-modernen, aber sehr anspruchsvollem Ambiente zu versehen. Eleganz und Moderne nennen das die Hausherren. Ich meine, das trifft den Nagel auf den Kopf.

fleesensee02

Zu meiner Schande muss ich gestehen: Die aktuell zugänglichen, also zurzeit nicht belegten Zimmer und Suiten zu besichtigen haben wir schlichtweg „vergessen“. Das war natürlich dem eher kulinarisch ausgerichteten Anlass meines Besuches geschuldet. Wir aber nachgeholt und in Wort und Bild gemeißelt dargestellt. Versprochen.


Dafür ging es recht intensiv an das bzw. in das „Eingemachte“, was Genuss im Speziellen ausmacht. Und immer bezogen „nur“ auf das Schlosshotel. Dort haben mich die großzügig-weitläufige Bar 1842 mit der Smokers-Lounge sowie dem gediegen-eleganten „Wine & Book“-Bereich ebenso fasziniert wie der lichthelle Wintergarten, der zu allen Jahreszeiten ein ideal-entspannendes Refugium ist.

Neben dem „Blüchers“, das sich im Ambiente der früheren Schlosskapelle als stilvolles Restaurant mit einer sehr persönlichen innenarchitektonischen Note präsentiert, hat es mir die Orangerie besonders angetan. Das ist ein riesiger, aber sehr individuell-intim gestalteter Restaurant-Bereich, der außerdem einen faszinierenden Blick auf die großzügigen Außenanlagen des Schlosses bis zu den Hochbeeten gewährt, die der Küche als Kräutergarten dienen. Hier wird nicht nur ein vorzügliches Frühstücks- und Mittagsangebot aufgetischt. Auch am Abend warten exquisite à la carte-Gerichte auf die Gäste, die sich ganz nach Gusto eine Speisenfolge zusammenstellen können.


Darüber hinaus beeindruckt mich auch das Gesamtkonzept des Hauses, das Harald Schmitt mit seinem Team umsetzt. Ich konnte im Rahmen meines Besuches beobachten, wie das Service-Team in der Orangerie gastgeberische Ideenfindung abhielt und der Hotelmanager mit seinen Mitarbeitern neue Weine besprach. Das entspricht ganz seinem Anspruch, mit dem Potenzial des Hauses zu arbeiten und alle Mitarbeiter optimal einzubinden. Auf die kulinarische Seite Hauses bezogen setzt Schmitt weiter auf die Faktoren „offene Küche“, mit dem Gast zu arbeiten und die Karte im Dialog mit dem Gast weiterzuentwickeln. Schmitt: „Es soll ein lebendes Restaurant sein, in das keine lähmende Ehrfurcht einzieht. Es muss Spaß machen, Gast zu sein. Dafür ist beispielsweise ein Stern kein zwingendes Kriterium.“

slider imageslider imageslider imageslider imageslider imageslider imageslider imageslider image
slider imageslider imageslider imageslider imageslider imageslider imageslider image

Und nun: Auftritt des Georg Walther. Der hatte für mich auf der Grundlage des aktuellen Winter-Menüs ein formidables Degustationsmenü gezaubert, zu dem mich Hotelmanager Harald Schmitt freundlicherweise eingeladen hat und das mir vom Küchenchef persönlich serviert und erläutert wurde:


Kleine Köstlichkeiten
Dreierlei Brot | Wildschweinschinken | Butter | Mixed Pickles

Kürbis hoch 2x3
Butternuss-Kürbis | Hokkaido-Kürbis | Muskat-Kürbis

Birnen | Bohnen | Speck
cremig | knackig | schaumig

Fulminante taube Ente
Chicorée | Backobst | Boskop

Hirschrücken
Wurzelwerk | Maronen | Goji-Beeren

Quittenacker
Schokoladen-Nougat-Tarte | Quitte | Erde

Ohne mich in langatmige Beschreibungen von sogenannten „Geschmacksexplosionen“, diese und ähnliche Begriffe sind mir ziemlich suspekt, zu verlieren, seien doch einige Anmerkungen erlaubt:


Das geschmackliche Entrée aus der beeindruckenden Schlossbäckerei waren frische Brot-Variationen aus Apfel-Karotte,  Dinkel-Hafer und Sauerteig. Dazu wurde gerührte Butter mit mildem Pfeffer und Kakao serviert. Wer meine Vorliebe für solche schlichten Speisen kennt, weiß, dass davon nichts auf dem Tisch geblieben ist. Auf das pikante Mixed-Pickles-Gemüse kann man in diesem Zusammenhang zwar verzichten. In der Kombination aber durchaus nicht geschmacklich divergierend.


Max is(s)t nicht wirklich ein Kürbis-Fan. Einmal im Jahr die diesbezüglich obligatorische Suppe. „Fertsch“, wie der „gemeine“ Mecklenburger sagt. Aber der Kombination dreier Kürbissorten in je zwei Varianten konnte ich nicht widerstehen. Den Butternuss-Kürbis gab es als Crème brûlée und gegrillt, der Hokkaido-Kürbis wurde als Eis und Chip in Szene gesetzt. Und der Muskat-Kürbis brillierte als Chutney und kleiner Kürbiskuchen. Dazu eine Creme vom schwarzen Knoblauch. Alter Falter, da schnalzt auch Max mit der Zunge. Stichwort: Geschmacksexplosion.

Das Rezept von seinem "dekonstruierzen BBS" habe ich Georg Walther übrigens inzwischen „abgeluchst“. Auf diesem Portal hier… nachzulesen. Der Rauchaal an seine Hamburger Zeit im „Louis c. Jacob“ war das i-Tüpfelchen dieses ursprünglich eher traditionellen Gerichts „neuen Typus‘“. Dem in nichts nach stand die fulminante Kombination von Blutente und Taubenbrüstchen. À la bonne heure: Da hat der geschmackssensible Walther mit ausgewogener Raffinesse alle Register gezogen und dazu gebratenen Chicorée mit Orange und Fenchel sowie Boskop als Creme und mariniert inszeniert.


Ohne Fehl und Tadel auch der Hauptgang. Hier wird dezent gewürzt, perfekt gegart und, wie das gesamte Menü, eher unprätentiös angerichtet. Das mag Max. Chichi auf dem Teller ist so gar nicht sein Ding, Natürlichkeit der Anrichte mit elegantem Handschwung dagegen sehr wohl. Nur die getrockneten Maronen waren für meine esstechnischen Möglichkeiten ein wenig zu „bissfest“. Scherz am Rande. Ein gaumenkitzelndes Freudenfest war außerdem das finale Dessert. Wie Walther Golfplatzquitten variiert eingelegt, als Creme und als Sorbet aufgeboten hat: Exzellent.

Mein Fazit: Was im „Blüchers“ geschmacklich in Szene gesetzt wird, ist Gaumenschmaus im besten Sinne des Wortes. Mir gefallen die Natürlichkeit von Georg Walther in allen Phasen seines Kochens und sein ebenso überraschendes wie geschmackssicheres Kombinationsgefühl. Das ist für Restaurantführer wie Michelin und Gault Millau nicht immer im Sinne ihrer zu Recht widersprüchlich diskutierten Kriterien. Ich aber nenne das ehrliche, bodenständige, gehobene Küche.


Mit Georg Walther habe ich in diesem Zusammenhang über den Begriff „Gourmet“ diskutiert. Der ist nicht nur für uns oft mit falschen Prämissen behaftet und demzufolge für den Gast etwas negativ besetzt. Und wir haben auch über einen sogenannten Mittelweg von Gourmet und bodenständig-anspruchsvoller Küche gesprochen. Für meinen Geschmack beschreitet Walther mit seinem Angebot in diesem Sinne nahezu einen Königsweg, der sich, wie er selbst sagt, locker und zeitgemäß am Gast orientiert. Denn die (symbolischen) Sterne, Punkte und Hauben vergibt letztlich der Gast und nicht ein einzelner Kritiker. Ob der Gast das fachlich letztlich kompetent einzuordnen vermag, sei dahingestellt. Über Geschmack kann man eben diskutieren. Oder auch nicht.

  • 95.6%
    Max’ Geschmacks Quotient (MGQ)

Der MGQ ist der Quotient aus der Summe der Einzelbewertungen in Bezug auf 
Angebot / Geschmack / Präsentation / Preis-Leistung / Service / Ambiente / Konzept

Kategorie: Restaurants - Dezember 2018

  • Angebot 95%
  • Geschmack 96%
  • Präsentation 94%
  • Preis-Leistung 95%
  • Service 96%
  • Ambiente 96%
  • Konzept 97%

Das könnte Sie auch interessieren

Hier finden Sie ein paar Vorschläge zum Weiterlesen.