Die hunderten Leserbriefe, die mich stets nach (m)einer Kolumne erreichen, freuen mich sehr. Na gut, es sind ein paar weniger. Ablassen kann man(n) ja immer. Manchmal wird mir neben dem Lob für meine bekannt liebenswürdige, bescheidene Art die Verwendung eher ungewöhnlicher Gewürze attestiert. Ja, ich gebe zu, dass ich ein Faible für diesbezügliche Raffinesse habe. Zur Anwendung kommt aber nur, was man hierzulande ohne großen Aufwand und preislich akzeptabel erwerben kann.
Die Mär, dass gegenwärtig alles teurer wird, glaube ich sowieso nicht. Man bekommt höchstens für das gleiche Geld ein bisschen weniger. Aber in mir schlummert auch kochende Verwegenheit. Grund genug, Ihnen diesmal Geschmack auf die Zunge zu drücken, der Sie etwas mehr fordern wird. Wir kochen eine pikante Suppe „mit Pfiff“. Das Grundrezept stammt zwar von einem Koch aus Bayern. Ich aber wandle es frei nach dem Plappermoehl-Motto „dit un dat, un süs noch wat …“ ab.
Für vier Personen lassen Sie je einen halben Liter Gemüsebrühe und Heumilch, je einen Stängel Zitronengras und -thymian, 100 Gramm Heu und zehn Gramm getrocknete Kornblumen aufkochen, etwa 20 Minuten ziehen und seihen dann die Flüssigkeit ab. Sie werden lachen: Milch, Heu und Kornblumen gibt’s im Supermarkt bezahlbar zu kaufen. Kleiner Tipp: Suchen Sie nach einem Logo mit blauem Buchstaben auf gelbem Grund. Nun stellen Sie aus 50 Gramm Butter und zwei Esslöffeln Mehl eine Mehlschwitze her und löschen mit 100 Millilitern trockenem Weißwein ab. Darin rühren Sie die Milchbrühe ein und schmecken mit Muskat, Salz, Pfeffer, Zitronenabrieb und -saft ab. Dazu kommen noch 50 Gramm Crème fraîche und ein paar Fäden Safran. Letztere kann man auch weglassen.
Als Einlage für die Suppe stellen Sie Fisch-Klößchen her. Dafür schneiden Sie gut 200 Gramm Saiblingsfilet in kleine Würfel und verbannen sie ein paar Minuten ins Tiefkühlfach. Dann im Mixer grob zerkleinern, mit 20 Gramm Sahne anreichern und mit je zehn Millilitern Pernod und Wermut (kosten nicht vergessen) vermischen sowie mit Salz, Pfeffer und Zitronensaft abschmecken und zu einer lockeren Masse verarbeiten. Davon stechen Sie mit zwei Esslöffeln Klößchen ab, die Sie in leicht köchelndem Salzwasser garen, bis sie oben schwimmen. Dann kann schon angerichtet werden: Suppe in die Teller, je zwei Nockerln mittenmang und mit Dillspitzen garnieren.
Pfiffig wie ich bin, habe ich auch Lachsklößchen zubereitet, die der Suppe farblich und geschmacklich gut zu Gesicht stehen. Das hat seinen Grund, denn ich bereite mir zu der Suppe noch eine bissfeste, mit Lachs gefüllte Wirsing-Roulade zu. Ist das nicht sündhaft geschmackvoll und unerhört verwegen? Das Rezept dazu finden Sie in meiner Rezeptothek. Vor allem aber seien Sie versichert, dass das Ganze wirklich nicht schwer und aufwendig ist. Die paar Taler mehr sollten Sie sich gönnen. Die haben Sie schnell wieder rein, wenn Sie den (alt-) klugen Ratschlägen der Politiker in Sachen Sparen folgen. In diesem Sinne: Mahlzeit.
Das Kolumnen-Titelfoto für den Monat Dezember zeigt den 1. Gang eines Menüs im Hotel Elephant Weimar im Rahmen gemeinsamen Kochens von Spitzenkoch Franz Keller vom Falkenhof in Heidenrod in Hessen und Johannes Wallner, Küchenchef im Elephant: Juvenilferkel | Thüringer Trüffel | Bete | Sonnenblumenkerne.
Diese Kolumne erschien am 7.12.2022 in allen Ausgaben der Schweriner Volkszeitung sowie der Norddeutschen Neuesten Nachrichten.