Kulinarisch gesehen habe ich nicht nur in Sachen Eiern ein abwechslungsreiches Leben. Früher konnten die Dinger gar nicht hart genug sein. Und die weißen Ausgaben davon waren und sind ein Ausschlusskriterium auf meinem Frühstückstisch. Jetzt sind die Objekte meiner wochenendlichen Begierde stattliche Eier mit einem zartflüssigen Dotter und weißer Umhüllung. Dazu etwas Marmelade in Form von Forellenkaviar, Brötchen und Butter, eine kleine Käseauswahl … So kann der Tag genussvoll beginnen.
Seit einiger Zeit versuche ich mich aber auch an etwas „eggszentrischen“ Kreationen abseits schnöden eierkochenden Tuns. Dazu gehören pochierte Eier, die ich vor längerer Zeit schon einmal vorgestellt habe und die immer etwas von zubereitungstechnischem Roulette geprägt sind. Es gibt aber noch andere eiige Kreationen, denen ich auf meinen internetten und realen Ausflügen begegne. Darunter ein hammergeiles in Szene gesetztes Stundenei. Das will ich Ihnen nicht vorenthalten. Also gibt’s heute mal wieder etwas nach dem Motto „Kochen für Angeber“.
Die Stundeneier bereiten Sie mit Schale im Dampfgarer zu. Den heizen Sie auf 63 Grad vor und lassen die ovalen Dinger eine Stunde garen. Das kann man ja bei den modernen Geräten recht genau einstellen. Danach lösen Sie die Eier vorsichtig aus der Schale und platzieren sie jeweils einzeln mittig auf einem Teller. Drumherum schäumen Sie mit Salz und Pfeffer abgeschmeckte Crème fraîche, die Sie in einen Spritzsack gefüllt haben. Auf die Crème setzen Sie nun eine farblich-geschmacklich kreative Mischung von kleingezupften Kräutern wie Kresse, Kerbel, Sprossen und essbare Blüten in großer Vielfalt. Letztere gedeihen sogar in meinem winzigen Balkon-Garten und sorgen für ganz besondere Geschmacksnoten.
Außerdem kommen hauchdünn gehobelte Radieschen zum Einsatz. Nappiert, also fein übergossen, werden die Kräuter mit einer Art Vinaigrette, die Sie aus Olivenöl, Weißem Balsamico, etwas Zucker und Fleur de Sel (Meersalz) mischen. Diese Kombi kann man ohne alles, aber beispielsweise auch mit geröstetem Knoblauch-Brot verzehren.
Eine weitere, raffinierte eigelbe Variante hat mir Annette Glücklich verraten, die Sie vielleicht aus einer Kochsendung in einem Privatsender kennen. Die charismatische Köchin aus dem rheinland-pfälzischen Worms kombiniert confiertes Eigelb mit verschiedensten Zutaten. Dazu gart sie die völlig von Olivenöl bedeckten Eigelbe in einem kleinen Topf bei 50 Grad etwa 25 Minuten im Ofen. Sie hat mir dazu ein tolles Rezept mit Kokosnussschaum, grünem Spargel und marinierten Wildkräutern anvertraut.
Diese „eggszellente“ Mahlzeit, ich bereite sie mir mangels Dame am Herrentag zu, finden Sie neben weiteren Empfehlungen in meiner virtuellen Rezeptothek. Geschmacklich kombiniere ich das Ei noch mit einer deftigen Brotsuppe, die Sie leicht nachkochen können. Also eiern Sie nicht herum. Beweisen Sie Fantasie. Sie wissen doch: Die einfachen, genialen Lösungen machen das Ei des Kolumbus aus. Mahlzeit.
Das Kolumnen-Titelfoto für den Monat Mai zeigt einen Klassiker der erzgebirgischen Küche, die "Scharfe Sache": Kalter Schweinebraten auf Graubrot, mit Senf, Meerrettich und pikanter Gurke. Diese deftige Speise habe ich in der "Sportgaststätte Leukersdorf" genossen. Das Ganze gibt es auch als "Warmes Eckchen" auf geröstetem Weißbrot und Bratensoße.
Diese Kolumne erschien am 19.5.2022 in allen Ausgaben der Schweriner Volkszeitung sowie der Norddeutschen Neuesten Nachrichten.