Seiten-Blicke: Wertvoll, weil aus Pflanzenfett

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Geschmackvoll: Das geht runter wie Öl

Ein plattdeutsches Sprichwort heißt: "Wat de Buer nich kennt, frett hei nich..." Soll wohl heißen, alles is(s)t gewöhnungsbedürftig. So geht es sicher auch vielen, die sich kulinarisch beweisen und neue Zutaten und Gewürze für sich entdecken wollen. Dazu gehört auch der Einsatz von Öl als raffinierte Zugabe für Speisen aller Art. Meine Großmutter setzte auf Sonnenblumen- oder Rapsöl. Mein Großvater, der aus dem Spreewald stammte, schwor auf Leinöl. Allenthalben gab es auch mal Distelöl zu kaufen. Das war aber meist schon das Ende der kauftechnischen Fahnenstange. Was nicht heißt, dass es früher weniger gut geschmeckt hat. Mit den heute nahezu unbegrenzten Möglichkeiten des Einkaufs ist das jedoch nicht zu vergleichen. Olivenöl gehört in diesem Zusammenhang zu meinen lukullischen Genüssen. Ich probiere mich diesbezüglich in vielfältigen Facetten aus und kombiniere den Geschmack des Öles mit zahlreichen Gerichten. Und Pasta ohne Olivenöl ist längst undenkbar geworden. Mein Rat: Probieren geht auch hier über studieren. Und neugierig sein muss man sowieso immer...

Trent auf Rügen. Die These ist nahezu unglaublich: Olivenöl gilt heute als das am meisten gefälschte Lebensmittel in der EU. Der das behauptet, muss es eigentlich wissen, denn Heinrich Zehetner aus dem österreichischen Mondsee gilt als anerkannter Olivenölexperte und in Italien staatlich geprüfter Olivenölverkoster und Tester. Seine Behauptung fußt auf der Tatsache, dass erheblich mehr natives Olivenöl als "Extra Vergine" verkauft wird, als nach der EU-Verordnung von 2003 produziert wird.

Grund genug also, zu hinterfragen, was man bei der Auswahl und beim Kauf von Olivenöl beachten sollte. Heiko Triller, Küchendirektor im Lindner Hotel & Spa Rügen (Foto): "Wie auch immer die Statistik zu bewerten ist, man sollte bei Kauf von Olivenöl auf seinen Geschmack vertrauen und mit nachweislich guten, von Experten empfohlenen Olivenölen arbeiten." Er empfiehlt in diesem Zusammenhang, in ein gut sortiertes Feinkostgeschäft oder zu einem Händler des Vertrauens zu gehen und mehrere Olivenöle zu probieren. Grundsätzlich, so Triller, ist dabei teuer nicht immer gleich gut und billig nicht immer gleich schlecht. Das könne man nicht pauschalisieren. Zehetner dagegen meint, alles was an Nativem Olivenöl Extra unter 15 Euro pro Liter angeboten wird, ist mit großer Vorsicht zu behandeln.

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So sind für den in Karl-Marx-Stadt geborenen Koch milde und fruchtige Olivenöl "sehr spannend", mit denen er am liebsten arbeitet. "Natürlich gibt es aber auch sehr gute Olivenöle mit einer schönen bitteren Note, die sich  beispielsweise für fruchtige Salate anbietet. Und für Gerichte mit Dorsch und Fisch überhaupt favorisiere ich ein fruchtig, mildes Olivenöl." Grundsätzlich kommt für ihn der Einsatz von Olivenöl vor allem für Salate, Salatdressings, Gemüse, kalte Vorspeisen, Fischgerichte und natürlich Pasta in Frage.

Aber Triller weiß, es gibt dafür keine wirklichen Grenzen. Als Beispiel nennt er: "Sehr delikat schmeckt beispielsweise eine Kugel Vanilleeis mit ein paar Tropfen eines sehr milden, fruchtigen Olivenöls und dazu karamellisierte Trauben. Trotz des vermeintlichen Gegensatzes ist das ist eine sehr harmonische und köstliche Kombination. Vorausgesetzt, man benutzt das Olivenöl nicht in großen Mengen, sondern setzt wie ein Gewürz ein."

Ob und in welchem Umfang man Olivenöl zum Braten verwenden darf oder sollte, beantworten die Fachleute unterschiedlich. Einig ist man sich aber in die Aussage, kein altgepresstes Olivenöl zum Braten zu nehmen, weil beim Erhitzen gerade die wertvollen Inhaltsstoffe zerstört werden, die Olivenöl so gesund machen. Nimmt man dieses Öl jetzt zum Braten, dann war die ganze aufwändige Kaltpresserei für die Katz.

Heiko Triller: "Es ist jedoch nicht gesundheitsschädlich, wie manchmal kolportiert wird, ein hochwertiges kaltgepresstes Olivenöl zum Braten zu verwenden. Aus dem genannten Grund ist das meiner Meinung aber Perlen vor die Säue geworfen. Empfehlenswert ist aber Olivenöl für das confieren (einlegen) von Fisch. Oder man benutzt das Öl,  um einem gebratenen Gericht noch den gewissen 'Pfiff' zu geben."

Nicht nur in der Profi-Küche sollten deshalb nach Meinung des Kochs immer zwei verschieden Olivenöle im Haus sein, eines mit mild fruchtiger und eines mit einer bitteren Note. Es ist für ihn aber auch keine kulinarische Sünde mit weiteren hochwertigen Ölen wie Arganöl oder Leinöl zu arbeiten. Wie man Oliven übrigens schmackhaft mariniert, hat Heiko Triller noch folgenden Tipp parat: "Grüne Oliven je nach Geschmack mit ein wenig Honig und gehacktem Rosmarin, Basilikumpesto, zubereitet mit einem fruchtigem Olivenöl, Limettensaft und -abrieb marinieren.

Eine weitere kulinarische Empfehlung sind Marinierte Spargelstangen mit Himbeeren. Für zwei Personen sollte man 500 Gramm Spargel schälen und im großzügig mit  Zucker, Salz und Zitrone abgeschmeckten Wasser bissfest kochen. Aus 150 Gramm Himbeeren und mit etwa 50 Milliliter Spargelfond und 100 Milliliter fruchtigem Olivenöl ein Dressing bereiten und mit Saft einer Limette einer Prise Salz und etwas Zucker abschmecken. Triller: "Das Dressing über den noch heißen Spargel geben und mindestens eine Stunde ziehen lassen. Das schmeckt sehr..." Hier benutzt er leider das Wort, das mir nie über die Lippen kommt. Ich würde es mit "raffiniert" beschreiben...

Diese Kolumne und dieser Beitrag erschienen im Rahmen der Seite
"Kochen & genießen" in der Schweriner Volkszeitung vom 22. April 2014.

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