Schauen Sie sich manchmal die Fernseh-Kochsendungen an, die täglich in großer Anzahl in die Haushalte flimmern? Ich habe diesem fragwürdigen Vergnügen mehr und mehr entsagt. Es ist nicht mein Ding, wenn Kochen zu einer Show verkommt, die sich nur noch an Quoten und Klamauk orientiert. Klar ist es gut, wenn sich die Menschen für diese wichtige Beschäftigung interessieren und die Produkte sowie den Beruf des Kochs wertschätzen lernen. Was aber medial daraus gemacht wird, ist im Detail unter aller Katastrophe. Die handelnden Akteure überbieten sich in sprachlichen Pointen, die Zuschauer klatschen auf Befehl und wissen eigentlich gar nicht so genau, was am Herd abgeht. Vorbei sind die Zeiten, als ein Biolek unaufgeregt, humorvoll pointiert und Wissen vermittelnd im TV plauderte. Heutzutage liefern sich Topfgeldjäger Küchenschlachten und gaukeln angebliche Spitzenköche wie Sarah Wiener "auf Deibel komm raus" hohe Kochkunst vor. Da sind mir die nahezu intimen, kurzen regionalen Kochsendungen doch tausendmal lieber. Da ist noch etwas bodenständiges dabei, das Kochen wirklich aufwertet. Das hat kulinarischen Charme, bietet humorige Pointen ebenso wie Fachwissen, das das Kochen ausmacht. Hier ist Einschalten empfohlen.
Rostock. Der NDR hat zwei Fernsehköche, die ein gemeinsamer Vorname verbindet. Der eine ist Rainer Sass, der als kochende Quasselstrippe mit einer extrovertierten Eloquenz den Zuschauern gestenreich das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt. Der andere heißt Rainer Lemmer, ist ein echter Mecklenburger Jung, den Kommissar Zufall zum Nordmagazin gebracht hat. Ein Casting von Köchen für das Magazin hatte nämlich nicht den gewünschten Erfolg. Da war der Produzent der Sendung eher zufällig in seinem Lokal und wurde auf den gebürtigen Schweriner aufmerksam.
Lemmer ist sozusagen der kochende Gegenpol zu Sass. Seine Sprache ist zwar nicht minder eloquent, aber seine Ausstrahlung ist eher bodenständig ruhig. "Richtig", meint Rainer Lemmer, "ich kann und will meine Mecklenburger Herkunft nicht verleugnen. Ich bin kein kochender Schauspieler, sondern versuche, mich authentisch darzustellen." Was die Leute am Donnerstagabend von ihm sehen, das sollen sie am Samstag nachkochen. Das ist sein Anliegen, und nicht die Show.
Kulinarisch möchte er, verrät mir Lemmer im Gespräch in seinem Rostocker Lokal "Helgas Kitchen", das Rad nicht neu erfinden. Sein Ding ist die Mecklenburger Küche, der er hier und da einen mediterranen Hauch verleiht. Im Beruf kocht er übrigens so, dass es dem Gast mundet und durch eine gelungene Präsentation auf dem Teller auch seine Sinne anspricht. "Zu Hause muss es 'nur' schmecken, da kommt es mir nicht so auf das Äußere an", sagt Lemmer lachend.
Ich habe ihn natürlich auch auf seine kulinarischen Vorlieben angesprochen und verschmitzt angemerkt, jetzt müsste eigentlich ein Schwenk zu den Fischen kommen. "Das ist gar nicht nötig", entgegnet der in Plau aufgewachsene Koch und Außenhandelskaufmann, "Fisch ist tatsächlich ganz mein Ding. Hier kann ich meine kulinarische Kreativität reichlich ausleben." Na dann, nun mal Butter bei die Fische, Herr Lemmer, was kann man beim Zubereiten von Fisch denn so alles falsch machen?
Fisch, so Lemmer, ist ein sensibles Produkt. Zu seiner Zubereitung muss man, ähnlich wie beim Angeln, Ruhe und Zeit haben. Hektik ist hier, wie meist auch sonst, völlig fehl am Platze. Fisch darf nicht trocken sein und bei der Zubereitung kommt es auf die Kerntemperatur an, die 60 Grad nicht überschreiten sollte. Beim Dünsten sollte von Fisch sollte man nicht zu viel Weißwein beigeben und grundsätzlich gelte, dass die verwendeten Produkte den Fisch und seinen Geschmack nicht überlagern dürfen. Und apropos "Butter bei die Fische": Na klar gehört die dazu, meint Lemmer. Man sollte beispielsweise die letzten Minuten bei niedriger Temperatur den Fisch in Butter zu Ende braten. Seine persönliche Vorliebe, so der Nordmagazin-Koch weiter, sei es, Fisch wie Barsch, Forelle, Hecht und Zander zu grillen oder zu braten, weil dann aromatische Röststoffe entstehen.
Die Zubereitungsart an sich hängt seiner Meinung nach vom Fisch ab. Lachs bietet sich am besten zum Backen an, Heilbutt dagegen entwickelt seinen Geschmack optimal durch Räuchern. Und mit den eventuell auftretenden Gräten muss man eben verantwortungsbewusst umgehen, meint er augenzwinkernd. Gerät eine solche doch mal in den Hals, helfen Zitronensaft und Weizenbrot.
Großen Anteil am Geschmack eines Fischgerichts haben natürlich auch die Gewürze. Beim Braten empfiehlt Rainer Lemmer beispielsweise Romarin, Thymian und Zitronenmelisse. Für das Dünsten sind für ihn Lorbeer, Piment, Nelken, Fenchel, Zwiebel und Lauch für den Fond die Favoriten.
Und: Gibt's auch einen markanten Satz des Fernsehkochs zum Thema Fisch und Kochen überhaupt? "Klar", grinst Lemmer schlitzohrig, "für die Liebe, den Wein und auch für das Kochen muss man sich Zeit nehmen. Das gilt für den Fisch erst recht." Sagt's, und begibt sich wieder in seine Küche. Sympathischer Typ der Mann, eben ein Mecklenburger.
Diese Kolumne und dieser Beitrag erschienen im Rahmen der Seite
"Kochen & genießen" in der Schweriner Volkszeitung vom 16. September 2014.