Wenn ich Grüne, Thüringer oder gekochte Klöße zubereite, dann setze ich meist auf traditionelle Handarbeit: Reiben, Kochen, Kneten, Brühen steht dann auf der Tagesordnung. Und mit einem deftigen Braten samt würziger Soße schmecken die runden Dinger doch überaus köstlich. Besonders auch dann, wenn man sich mit den Füllungen ausprobiert. Klöße mit Blutwurstfüllung beispielsweise sind eine sehr schmackhafte Variante. Damit ist aber die Vielfalt des Umgangs mit den Tüfften bei weitem nicht erschöpft. Wenn es schnell gehen soll, dann schnipple ich mir auch einmal nur ein paar rohe Kartoffeln in die Pfanne und veredle das Ganze mit Speck und Gewürzen. Ebenso beliebt in unserem Hause sind Stampfkartoffeln, die man später auch leicht angebraten noch mit Genuss verzehren und mit Produkten aller Art ergänzen kann. Kartoffeln sind in diesem Sinne für mich auch Zutaten, die keinen Vergleich mit Gourmet zu scheuen brauchen. Nicht umsonst sagen selbst namhafte Spitzenköche, dass auch ein gut gemachter Sauerbraten mit Klößen oder Salzkartoffeln durchaus einem solchem Anspruch entspricht. Mein Tipp: Lassen Sie es nie an kulinarischen Einfällen mangeln und lernen Sie so die Gourmet-Seite Ihrer Küche kennen.
Boizenburg. Es gibt ein Lied mit der Melodie von der Schwäb'schen Eisenbahne, darin heißt es: "Einstmals hat der Alte Fritze, das sind keine faulen Witze, streng befohlen: Jedermann baut sofort Kartoffel an..." Das ist kein Wunder, denn es hatte sich längt auch in deutschen Landen herumgesprochen, dass Kartoffeln in Kombination mit nahezu allen denkbaren Produkten eine recht nahrhafte und wohlschmeckende Mahlzeit ergeben.
Wenn man Joachim Rummel auf die Tüffel, Tüften, Ketüffel, Petüffel und Iertüffel anspricht, wie die Knollen im Nordosten auch genannt werden, lockt man ihm ein Augenleuchten ins Gesicht. "Die Vielseitigkeit für die Zubereitung und Verarbeitung der Kartoffeln ist für mich unübertroffen", erklärt der Küchenchef in der Boizenburger "Ratsstube" am Wall. Man kann, so Rummel weiter, ein komplettes Kartoffelmenü mit mehreren Gängen zaubern und seiner kulinarischen Fantasie ungehemmt frönen.
Gefragt, wie weit man beim "Experimentieren" mit Kartoffeln gehen sollte, antwortet der erfahrene Koch ohne lange zu überlegen: "Man sollte alles ausreizen, was einem in den Sinn kommt. Eigentlich gibt es nichts, was nicht zur Kartoffel passt. Selbst in die Hühnerbrühe kann man sie integrieren. das gibt dem Ganzen noch den gewissen Pfiff."
Ob dabei mehlig oder festkochende Kartoffeln verwendet, ist erst einmal zweitrangig und wie immer Geschmackssache. Aber natürlich eignen sich beispielsweise mehlige Kartoffeln besonders für Suppen aller Art, während die festkochende Schwester etwas für den angerichteten Teller mit Fleisch, Fisch oder Geflügel und damit auch für's Auge ist.
Gute Bratkartoffeln bedürfen nicht nur aus seiner Sicht übrigens frischer, festkochender Kartoffeln. Nur wenn die Bratkartoffel goldgelb und leicht gebräunt gebraten aussieht, entfaltet sie ihren ganzen Geschmack. Alte, pappige und durch zu viel Paprika verunstaltete Kartoffeln gehören nicht in die Pfanne. "Aber guter Schinkenspeck und gegebenenfalls auch ein Hauch von Majoran erhöhen den Genuss um ein Vielfaches", ergänzt Ehefrau Gudrun lachend, die in der "Ratsstube" für den bekannt freundlichen und sachkundigen Service zuständig ist.
Ute Alm-Linke, die Köksch in "de oll Döprschaul" in Rosenow zaubert aus den Knollen in Kombination mit Quark, Sahne, Honig und Sanddornsaft sowie Nüssen, Früchten und Minze sogar ein schmackhaftes Kartoffeleis. Und da sie ganz auf Bio steht, stammen die Tüfften natürlich aus Mecklenburger Landen, beispielsweise die "Blaue Elsa" vom Biohof in Medewege.
Und das die Mecklenburger auch sonst etwas von Kartoffeln und deren genussvolle Verarbeitung verstehen, hat sich ja längst herumgesprochen. Davon zeugen kulinarische Renner wie "Himmel und Erde", das Dömitzer Kartoffelnest als pikante Speise mit Graved Lachs und Minzmeerrettich, Kartoffelpfannen und -aufläufe in großer geschmacklicher Vielfalt und sogar Kartoffelpizza mir durchwachsenem Speck, Tomaten, Käse und reichlich Gewürzen. Nicht zu vergessen auch die Kartoffelprodukte aus Hagenow, aus denen sich unter anderem richtig gute Klöße herstellen lassen.
Trotzdem ist aber auch bei Klößen Handarbeit Trumpf und im Geschmack durch nichts zu ersetzen. Das gilt auch für Kroketten, Herzoginkartoffeln oder Pommes frites, bei denen man mit eben dieser Handarbeit reizvolle geschmackliche Akzente herauskitzeln kann. Dass das für den Gastronomen eine sehr aufwändige Angelegenheit ist, soll dabei nicht vergessen werden. In diesem Sinne ist es keine Sünde, für diese Art von Kartoffelverarbeitung hochwertige Convenience-Produkte zu verwenden.
Fazit: Probieren geht auch hier über Studieren. Und Freude macht das Ganze auch noch, wenn man tolle Kartoffelidee schmackhaft in Szene gesetzt hat oder ganz bodenständig die Pellkartoffeln mit Butter, Quark, Leinöl oder mit marinierten Hering auf den Tisch bringt.
Diese Kolumne und dieser Beitrag erschienen im Rahmen der Seite
"Kochen & genießen" in der Schweriner Volkszeitung vom 4. November 2014.