Paul Gruner-Straße 44 - 04107 Leipzig
www.michaelis-leipzig.de
Wenn ich heute durch Leipzig fahre oder schlendere, nutze ich immer auch die Gelegenheit, mir aufwändig restaurierte oder neue Bauwerke anzuschauen. Und ich bin beeindruckt, was die altehrwürdige Messestadt in dieser Beziehung zu bieten hat. Angetan haben es mir dabei vor allem auch die große Zahl der Jugendstil- und Gründerzeithäuser.
Eines davon liegt im südlichen Zentrum, unweit vom Neuen Rathaus und beherbergt seit über 15 Jahren das Hotel Michaelis. Hoteldirektor Michael Reinhold dementiert schmunzelnd, dass sein Vorname etwas mit dem Namen des Hotels zu tun hat, weist aber einigermaßen stolz darauf hin, dass sein Haus wohl zu den schönsten Hotels in Leipzig gehört und einen hohen Anspruch an Professionalität und Service verkörpert.
Der jugendlich aussehende Mann in den besten Jahren führt mich freundlich und kompetent durch sein Haus. Ich bin beeindruckt von der stilvoll-schlichten Eleganz der insgesamt 62 Zimmer und Appartements. Meist sind sie in dezenten Pastelltönen gehalten. Die Farbe Rot in allen Nuancen dominiert, wirkt aber keinesfalls aufdringlich.
Effektvolle Streifentapeten werden gekonnt dazu eingesetzt, um die Raumwirkung der Zimmer zu unterstützen, die wie selbstverständlich mit allem Komfort modernen Wohnens ausgestattet sind. Hier lässt es sich wohnen und Leipzig von seiner gastfreundlichen Seite erleben. Hinzu kommt die Möglichkeit ausgiebiger Wellnessfreuden, die Frau und Mann in der unweit vom Hotel gelegenen Wellness-Oase sozusagen als Einstimmung auf einen entspannten Abend im Michaelis genießen kann.
Zum Genuss gehört in dem renommierten Haus natürlich auch anspruchsvolle Kulinarik. Michael Reinhold: "Unsere diesbezügliche Philosophie heißt: Kochen ist eine Kunst." Damit hat er natürlich recht, was nicht heißt, dass die Umsetzung dieses Anspruchs ein Selbstläufer ist. Denn dazu bedarf es auch der notwendigen Künstler, die mit Leib und Seele bei der Sache sind. Zahlreiche Auszeichnungen diverser Restaurant-Bewertungsportale beweisen aber, dass Reinhold offensichtlich bei der Auswahl der Koch-Künstler ein goldenes Händchen hat.
Die beiden Küchenchefs Patrick Schellenberger und Mirko Brückner und ihr Team bieten im doppeldeutigen Sinne des Wortes eine ausgezeichnete Küche mit Gourmet-Niveau. Als moderne Crossover-Küche bezeichnen die beiden Küchenchefs ihr Angebot. Soll auch heißen: Angeboten wird anspruchsvolle regionale Küche mit erstklassigen Produkten und raffinierten geschmacklichen Nuancen. Was nicht heißt, dass die Produkte alle aus Leipzig und dem Umland stammen, denn beispielsweise Fjordforelle, Seeteufel oder spezielle Käsesorten wachsen nun mal nicht auf den Bäumen von "Leipzsch", wie der Sachse seine Stadt nennt.
Das trotzdem genügend regionale Einflüsse vorhanden sind, erklärt mir Patrick Schellenberger im ausführlichen Interview. So kreiert er den sächsischen Sauerbraten beispielsweise aus Hirschrücken regionaler Herkunft und getraut sich sogar, die berühmte "Leipziger Lerche", ein eigentlich süßes Gebäck mit Kümmel und Krokant anzubieten. Ich liebe Kümmel. Fest und flüssig. Entschieden habe ich mich schließlich aus Zeitgründen und meinem Faible für Fleisch in allen Varianten für ein köstliches Karree vom Spanferkel. Das ist, kombiniert mit Pfifferlingen, Aprikose und einer Kartoffelpraline ein Gedicht, kann ich nur sagen. Reizen würden mich aber auch der Sommerbock, das Medaillon vom Seeteufel. Ganz zu schweigen von den gebratenen Jakobsmuscheln mit Melone, Wildkräutern und Szechuanpfeffer. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Oder so ähnlich.
Damit ich es nicht vergesse: Serviert das alles im lichtdurchfluteten Restaurant Michaelis. Auch hier dominieren dezente Farben in Kombination aus Rot und Grau. Die Tische sind geschmackvoll eingedeckt, der Service unaufdringlich und kompetent. Eben herzliche Leipziger Gastlichkeit. Zum Glück mit einem gehobenen Anspruch an sprachliche Eloquenz. Soll auch heißen: Des Leipzigers Muttersprache ist im Detail sehr gewöhnungsbedürftig. Was allerdings auch einen gewissen Charme hat und den sprachlichen Entdeckergeist anregt.
Im Übrigen habe ich festgestellt, dass der Name Michaelis in Klein Paris, wie Leipzig auch genannt wird, nahezu omnipräsent ist. Denn das Unternehmen betreibt unter anderem das Da Capo, eine sogenannte Eventlocation (grässliches Wort) im reizvollen Industriedesign samt einem Oldtimermuseum. Ferner gehören dazu auch die Michaelis Gastronomie auf dem Mediencampus Villa Ida, ein nach Aussage von Michael Reinhold "angesagtes Szenerestaurant mit exzellenter Küche", das Michaelis im Museum der Bildenden Künste und im Gewandhaus. Letzteres ist keine Konkurrenz zum Sterne-Restaurant "Stadtpfeiffer" von Detlef Schlegel, aber eine durchaus einladende Catering-Alternative bei einem Besuch im Gewandhaus.
Wer es richtig nobel haben möchte, besucht das Schloss Güldengossa im Leipziger Neuseenland, das gastronomisch ebenfalls ein Kind von Michaelis ist und ein ebenso reizvolles Ambiente wie ein malerisches Umfeld bietet. Nicht minder interessant die Alte Essig-Manufaktur für Tagungen und andere Veranstaltungen.
Und, habe ich was zu meckern? Nein. Es sein denn diese auf der Website oft verwendeten neudeutschen Anglizismen. Aber ich weiß, das ist der Geist der Zeit. Meiner ist es nicht. Kritik habe ich aber an mir selbst. Hätte gern mehr Zeit gehabt, um die Michaelis-Dependancen rund um Leipzig zu besuchen und vor allem kulinarisch zu entdecken. Das hole ich nach, versprochen, lieber Herr Reinhold.