Für mich ist Weihnachten stets mit dem Anspruch an besinnliche Stille verbunden. Fröhlichkeit und Lebenslust, die mir sonst durchaus eigen sind, werden in diesen Tagen vor allem „innere Angelegenheiten“. Dem angepasst ist meine Weihnachtswohnung geschmückt: Viele Kerzen und damit verbundener warmer Schein. Ein Weihnachtsbaum ohne Lametta und schrill-buntem Behang. Dazu ein schlichter Adventskranz auf dem Tisch. Auch in kulinarischer Hinsicht war ich nie für große Völlerei. Statt monströser Weihnachtsgans und aufwändiger Weihnachtsbäckerei hat sich mein Geschmack immer mehr auf kleine, aber raffinierte Weihnachtskost fokussiert. Das wird auch meine Weihnachtsküche prägen, die ich mir 2022 gönne.
In Sachen Nachtisch, den man heute ja erhaben als Dessert bezeichnet, habe ich aber lange nach einer pfiffig-einfachen Idee gesucht. Und bin in Ostpreußen, der Heimat meines Vaters, fündig geworden. Dort kamen nämlich öfters Apfelflinsen auf den Tisch. Die kann man in Form von kleinen Küchlein sozusagen im Handumdrehen zubereiten.
Für zwei Personen mischen Sie dafür etwa 80 Gramm Mehl mit 30 Gramm Zucker und verrühren alles mit einem Eigelb und 100 Milliliter fruchtigem Weißwein, alternativ mit der gleichen Menge Milch, zu einem sämigen Teig. Auch das Eiweiß wird verarbeitet, mit einer Prise Salz zu Schnee geschlagen und unter den Teig gehoben.
Nun schneiden Sie einen wohlproportionierten Apfel in etwa fünf Millimeter dicke Scheiben und entfernen vorsichtig die Reste des Kerngehäuses. Die Apfelscheiben werden jetzt durch den Teig gezogen und in Butterschmalz schwimmend ausgebacken. Nachdem die Flinsen auf Küchenpapier abgetrocknet sind, können sie mit Zimt und etwas Puderzucker bestäubt und warm schnabuliert werden. Und wer sagt denn, dass man dazu nicht auch einen frischen Obstsalat „Marke Eigenbau“ oder eine Nocke aus Vanilleeis reichen kann. Dazu ein Glas guten Rotweins, mehr braucht Geschmack nicht. Das wird mein kulinarisches Finale am Heiligabend. Die Generalprobe gestern ist inklusive Weinprobe jedenfalls nahezu perfekt gelungen.
Auch nicht von schlechten Ostpreußen ist eine Zitronenspeise, die nach "Gutsherren-Art" am kurischen Haff zubereitet worden sein soll. Ähnliches hat meine Tante Emma manchmal aufgetischt. Die hat zwar nicht bei verarmten ostpreußischen Landadeligen, aber bei einem sehr sympathischen Chefarzt im Erzgebirge den Haushalt geschmissen und exzellent gekocht. Dazu brauchen Sie recht wenig Zutaten und verarbeiten unter Einbeziehung von Zucker, Gelatine und Weißwein ein Ei und den Saft sowie den Abrieb einer halben, großen Zitrone.
Wie das genau geht, erfahren Sie wie immer in meiner virtuellen Rezeptothek. Serviert wird das Dessert ganz nach Geschmack mit Schlagsahne und Schokoladenraspeln. Das ist bei mir samt einem trockenen Sekt die finale Silvesterspeise. Erst einmal aber wünsche ich Ihnen besinnliche und geschmackvolle Weihnachtsfeiertage. Bleiben Sie schön neugierig auf das, was danach kommt. Prost und Mahlzeit.
Das Kolumnen-Titelfoto für den Monat Dezember zeigt den 1. Gang eines Menüs im Hotel Elephant Weimar im Rahmen gemeinsamen Kochens von Spitzenkoch Franz Keller vom Falkenhof in Heidenrod in Hessen und Johannes Wallner, Küchenchef im Elephant: Juvenilferkel | Thüringer Trüffel | Bete | Sonnenblumenkerne.
Diese Kolumne erschien am 21.12.2022 in allen Ausgaben der Schweriner Volkszeitung sowie der Norddeutschen Neuesten Nachrichten.