Mir sind solche Gastlichkeiten suspekt, in denen Schnitzel und Steaks in mehr als dreißig Varianten überbacken angeboten werden. Aufgeweichte Fleischstücke mit diffuser Pampe sind so gar nicht mein Ding. Wenn schon überbacken, dann Fleisch pur mit einem pikanten Belag. Grund genug für mich, einmal nach ungewöhnlichen Kombinationen Ausschau zu halten, die man geschmacklich-kombinatorisch eher nicht auf dem Zettel hat.
Es war Zufall, dass ich in dieser Findungsphase wieder einmal Kontakt mit meinem Freund Joannis Malathounis hatte. Der in Stuttgart geborene Koch mit griechischen Wurzeln führt in Kernen im Remstal das einzige griechische Sterne-Restaurant außerhalb Hellas. Sein kulinarischer Anspruch ist moderne griechische Küche. Die verstehen, scherzt der Spitzenkoch öfters, selbst die Griechen nicht. Macht nichts. Denn seine Küche ist fantastisch kreativ und doch bodenständig-authentisch.
Genug des Gesabbels: Wir haben über Mischungen parliert, mit denen man ein Steak würdig überbacken kann. Zunächst einmal geht es um den Belag. Damit der eine Bindung hat, braucht man eine Grundfarce. Die kann man auf Fisch- oder Fleischbasis herstellen oder aufgeschlagene Butter nach Art „Café de Paris“ oder „Beurre blanc“ mit oder ohne Mie de Pain (geriebenes Weißbrot ohne Krume) komponieren. Fachchinesisch. Kümmern Sie sich nicht drum. Weitere Anleitung und Kombinationsmöglichkeiten gibt’s inklusive Fotos in meiner virtuellen Rezeptothek.
Hinsichtlich der Zutaten haben wir uns für die griechisch-deutsche Ko-Produktion auf Zitrone, Dill, Thymian, Tomate, Zucchini, Fenchel, Schnecken und Kürbisblüten als Deko verständigt. Denkbar sind auch Zutaten wie Garnelen, Artischocken und Knoblauch. Das schön klein gewürfelte Gemüse braucht man nicht einmal vorzugaren, sondern wie ich einfach mit ausgelassener, leicht aufgeschäumter Butter mischen und ganz nach Belieben abschmecken. Ich habe die Tomaten nur in ganz feine Scheiben geschnitten und die Zitrone auch nur als Abrieb, Knobi inklusive, untergejubelt. Schnecken hatte ich nicht bekommen, dafür vorgegarte Garnelen klein geschnitten.
Nun kommt das Fleisch recht unspektakulär ins Spiel. Dafür habe ich wunderbar marmoriertes Rindersteak gekauft, in der Pfanne nicht zu scharf angebraten, in eine Auflaufform gelegt, mit den Tomatenscheiben und mit der Butter-Gemüse-Mischung belegt. Final kommt darauf aromatischer Weichkäse in Würfeln, oder was die Konsistenz hergibt. Der Epoisses-Käse (alternativ Chaumes, Munster, selbst Ziegen- oder Blauschimmelkäse) aus dem Angebot vom Käseladen Mühlenberg in Schwerin passte vorzüglich. Dann rein in den Backofen und gratinieren/überbacken.
Die Kunst besteht jetzt „nur“ darin, zu erreichen, dass das Fleisch die gewünschte Garstufe, beispielsweise „Medium“, hat. Hat bei mir famos geklappt. Die Steaks mit viel kreativem Potenzial nach oben waren ein „Träumchen“ und haben mit einem Glas Rotwein auch ohne alles formidabel gemundet. Baguette dazu geht auch. Aber man soll ja nicht völlern …
Diese Kolumne erschien am 12.8.2021 in allen Ausgaben der Schweriner Volkszeitung, der Neuen Osnabrücker Zeitung und ihren Partnermedien, der Rheiderland Zeitung, den Ostfriesischen und den Grafschafter Nachrichten, in den Ausgaben des Beig-Verlages Pinneberg sowie einigen Ausgaben des SH:Z Verlages in Schleswig-Holstein.