Wenn man(n) zwei Tage dienstlich auf Usedom weilt, hat das mit Sicherheit mit „Äten un Drinken“ zu tun. So geschehen am vergangenen Wochenende in Heringsdorf. Dort wurde unweit der Seebrücke ein sehr interessanter Concept Store eröffnet. Das hat aber was mit Klamotten zu tun. Dazu kann man sich im Internet oder in der Zeitung schlau machen. In dem Gebäude des alten Heringsdorfer Casino ist jedoch auch eine anspruchsvolle Gastronomie mit Gourmet-Bereich etabliert, die dank des Spitzenkochs Tom Wickboldt Sternepotenzial besitzt. Darüber wird noch zu sprechen sein.
Meine eigentlichen kulinarischen Entdeckungen aber haben mich buchstäblich verblüfft. Erstens weil ich Geheimtipps in Sachen gutem Essen gefunden und zweitens, weil ich eine mir bisher unbekannte Sättigungsbeilage für Fisch entdeckt habe. Jedenfalls nicht dem Namen nach. Empfehlenswert in dieser Hinsicht ist der kleine Ort Rankwitz im sogenannten Lieper Winkel. Dort gibt’s einen kleinen Hafen am Achterwasser mit gleich zwei exzellenten Fischgaststätten. Alle Achtung, was die in bester Qualität auftafeln. Und wenige Kilometer weiter ist in Morgenitz eine Bauernstube eine richtig tolle Adresse. Die klare Fischsuppe: À la bonne heure.
Und was haben die drei Gaststätten gemeinsam? Fischkartoffeln. Nie gehört, nie gegessen. Ich dachte, die wollen mir was vom Pferd erzählen. Es hat sich aber aufgeklärt. Das ist eine Art Kartoffelstampf, wie man im Norden sagt. Also Karo einfach. Aber marketingtechnisch pfiffig, wie die Vorpommern sind, nennen die das beispielsweise Usedomer Fischtüften. Und der Gast fällt drauf rein. Aber er wird es nicht bereuen. Was sich wie ein Arme Leute Essen anhört, ist sehr delikat und passt „wunnerbar“ zu Fisch.
Für die Fischkartoffeln schneidet man Kartoffeln, Petersilienwurzeln und eine große Zwiebel in grobe Stücke und lässt das Ganze mit Lorbeerblatt und Pimentkörnern in Salzwasser etwa eine Viertelstunde garen. Alles abgießen, aber ein wenig von dem Kochwasser beiseite stellen. Die Kartoffeln von den Gewürzen befreien und den Rest grob stampfen. Nun kommt so viel Kochwasser, etwas Milch und Kaffeesahne hinzu, bis der Stampf die Konsistenz Ihres Vertrauens hat. Der wird schließlich noch mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss abgeschmeckt und mit fein gehackter Petersilie vermischt. Zum Schluss kommt noch klein gewürfelter und kross ausgelassener Räucherspeck dazu. Rauf auf die Tüften, die beispielsweise mit verschiedenen Fischsorten serviert werden können.
An bekannter Stelle im Internet können Sie lesen, wie die zubereitet werden. Da geht es nämlich um Fischfilets, die in einer pikanten Marinade eingelegt und dann im Backofen gegrillt werden. Das alles in Kombination mit einem frischen Gurkensalat ist ein echter Gaumenschmaus, kann ich versichern. Die Idee, die Fischkartoffeln mit etwas Fischfonds zuzubereiten, habe ich übrigens verworfen. Das ist wohl doppelt gemoppelt und könnte den Geschmack zu stark überlagern.
Also, diesmal lieber bodenständig bleiben und bei aller Kreativität nicht zu sehr experimentieren. Schon Einstein wusste schließlich, dass nur ein einziges Experiment beweisen kann, wie unrecht der Koch hat.
Nachsatz: Auf Anfrage hat sich nun auch René Bobzin von der Bauernstube in Morgenitz bei mir gemeldet und mir dankenswerter Weise "sein" Fischkartoffel-Rezept zur Verfügung gestellt hat. Da geht es gewürztechnisch noch interessanter zu. Und er verriet mir, dass "jede Fischersfrau in der Umgebung diese Tüften" detwas anders koche. Das Rezept aus der Bauernstube gibt's dann natürlich auch in meiner Rezeptsammlung auf diesem Portal-
Diese Kolumne erschien am 11. April 2017 in der Schweriner Volkszeitung.