Geschmackssache: Max is(s)t väterlich…

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Max' Kulinarische Kolumne - Ostpreußischer Beetenbartsch

Von Hildegard Knef ist bekannt, dass sie einen „Koffer in Berlin“ hatte, der stets dort blieb. Mir geht es ebenso. Wenn ich Sehnsucht nach „meinem“ Berlin habe, fahre ich einfach wieder hin. Ein anderer Sehnsuchtskoffer steht für mich in Ostpreußen, genauer gesagt, in Masuren. Dieser Landstrich ist für mich aber nicht die verlorene deutschtümelnde Heimat meiner väterlichen Vorfahren, sondern schlicht eine Mischung aus herrlicher Natur, wechselvoller Geschichte, Kultur, und natürlich schmackhafter kulinarischer Erlebnisse.


Mein in Königsberg geborener Vater war ein Meister der deftigen ostpreußischen Kartoffelsuppe. Damit erschöpfte sich aber sein kochendes Repertoire, obwohl er trefflich darüber palavern konnte, was gut schmeckt und wie es zubereitet werden muss, was er nicht kann… Kurz und gut: Wenn ich in Masuren bin, verzehre ich nur traditionelle, einheimische Küche. Und ich lächle dann stets, wenn am Nebentisch altgediente Ostpreußen von ihrem „Reich“ prahlen und dazu Schnitzel mit Pommes verzehren.

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Lassen Sie sich heute zu einem Gericht verführen, das es in vielen Varianten gibt. Auf den Tisch kommt Beetenborschtsch, der in meines Vaters Heimat wohl Beetenbartsch genannt und mit Schmand und Rindfleisch serviert wurde. Diese Suppe lassen Sie uns probieren. Für vier Personen lassen Sie etwa ein Kilo Rote Bete eine knappe halbe Stunde in Salzwasser garen. In einem zweiten Topf lassen Sie ein gutes Pfund Suppenfleisch vom Rind eine Dreiviertelstunde garen, dass mit Zwiebelringen, Piment, Lorbeerblatt sowie Salz und Pfeffer gewürzt wird. Die Rote Bete wird nun abgegossen, geschält, grob geraspelt und mit etwas Essig beträufelt, damit sie nicht ausblutet, also ihre markante Farbe verliert.


Ist auch das Fleisch gar, geben Sie die Rote Bete dazu und lassen alles noch eine knappe Viertelstunde garen. Raus mit dem Fleisch, das nun in kleine Würfel geschnitten wird. Die Suppe wird nun mit etwa 250 Milliliter Schmand, also saurer Sahne, unterzogen und vorsichtig mit Zucker abgeschmeckt. Final bevorzuge ich die Variante, dass man das Fleisch getrennt zum Beetenbartsch serviert. Dazu frisches Landbrot. Ein Gaumenschmaus par excellence. Das heute als Borschtsch bekannte Gericht gibt es, je nach Region und Land wie Polen, Ukraine oder Russland auch in anderen Varianten. Ganz toll auch Fisch- oder Sauerampfer-Borschtsch. Die Rezepte dafür stelle ich Ihnen in meiner virtuellen Rezeptothek vor.


Gerade in der wärmeren Jahreszeit schmeckt übrigens auch kalter Borschtsch vortrefflich. Auch davon gibt es 1001 Variante. Ich bevorzuge immer die traditionelle Variante mit saurer Sahne oder Sauermilch, klein gewürfelter Gurke, Schnittlauch und/oder Lauchzwiebeln. Das alles wird kalt zubereitet, nur die Rote Bete wurde vorher gekocht und dann in kleine Würfel geschnitten. Das Ganze darf dann, kühl gestellt, gern ein paar Stunden ziehen. Angerichtet wird mit einem Klecks Schmand und geviertelten hartgekochten Eiern. Separat kann man dazu auch Pellkartoffeln servieren.


Ich weiß übrigens gar nicht, ob mein Vater diese Art von Suppe mochte. Ein Sprichwort sagt dazu übrigens: „Was mit Roter Bete anfängt, endet mit dem Teufel…“ Mir doch egal, warum nicht auch mal einen Pakt mit dem kulinarischen Teufel eingehen.

Diese Kolumne erschien am 1. Juli 2020 in der Schweriner Volkszeitung.

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