Geschmackssache: Max is(s)t unkompliziert…

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Max' Kulinarische Kolumne - Kaiserstühler Schneckennest

Im Leben und in kulinarischer Hinsicht mag ich „Typen“. Soll heißen, ich stehe nicht auf willfährige Ja-Sager und Beifall-Klatscher, die „mit dem Dolch im Gewande“ argumentieren und selbiges beliebig in den Wind hängen. Mein Ding ist offenes Visier in jeder Beziehung und, kulinarisch gesehen, Mut zur Kreativität, der dazu beiträgt, Genuss und Geschmack zu erkunden und zu lernen. Also suche ich nach „Typen“, die meinem Gusto entsprechen und mich auf geschmackvolle Fährten locken.


Einer davon ist Renee Rischmeyer. Der in Wismar geborene Mittvierziger kochte nach Lehrjahren in Hamburg auf der MS Europa und arbeitete in der Schweiz. Von 2003 bis 2006 kehrte er in seine Heimat zurück und arbeitete als Küchenchef mit Stern im Gutshaus Stolpe, war 2005 sogar Aufsteiger des Jahres in MV. Heute arbeitet er als Chef im Sterne-Restaurant Zirbelstube im Hotel Colombi in Freiburg im Breisgau. Er ist ein kreativer Perfektionist, wie ein Blick auf die Menü-Karte seines Restaurants beweist. International ausgerichtete Gourmet-Küche vom Feinsten.

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Dementsprechend schlägt er mir tolle Gerichte zum Nachkochen vor: Ein Sashimi vom Thunfisch und/oder einen Rehrücken mit Steinpilzen, Kohlrabi und Preiselbeerkratzerln. Genial, leider an dieser Stelle nicht umsetzbar. Aber virtuell gut aufgehoben. Ich habe mich jedoch nach Gerichten umgeschaut, die im Badischen sehr beliebt sind.


Darf ich Ihnen ein Kaiserstühler Schneckennest anbieten? Dafür werden für vier Personen je ein Bund Petersilie, Dill und Schnittlauch zur Hälfte püriert, zur anderen Hälfte mit etwa 200 Gramm weicher Butter vermischt. Dazu kommen fein geriebene Zwiebeln und fein gepresster Knoblauch. Alles mit Zitronensaft, Salz und Pfeffer abschmecken, in Pergamentpapier fest aufrollen und kalt stellen.


Dann werden vier dicke Scheiben Bauernbrot mit je sechs Vertiefungen ausgestattet in die je eine Weinbergschnecke gesetzt und mit einer Scheibe Kräuterbutter bekrönt wird. Rein in den Backofen und bei 200 Grad eine Viertelstunde backen. Final alles heiß servieren und mit den restlichen Kräutern garnieren. Wem die Schnecken suspekt sind, der kann die mit Würfeln von Rinder- oder Kalbszunge ersetzen. In diesem Fall wäre es durchaus möglich, das Zungennest mit geriebenem Käse zu bestreuen und zu überbacken.


Eine andere badische Spezialität ist eine Grumbieresuppe mit Kracherle. Lassen Sie sich von der komplizierten Bezeichnung nicht verrückt machen, die „nur“ für Kartoffelsuppe mit Brotwürfel steht. Dafür werden Suppengrün, Petersilienwurzel und Zwiebeln klein gehackt. Alles mit Schweineschmalz andünsten, Fleischbrühe zugießen und eine halbe Stunde kochen lassen. Die Zugabe sind dicke Brotwürfel, die mit gehacktem Knoblauch und Schmalz knusprigbraun angebraten werden, sowie halbierte Scheiben fester Leberwurst. Darüber kommt gut Majoran. Fertig. Schmeckt köstlich. Passt sogar in Kombination mit den Schneckennestern.


Soll auch heißen: Was kompliziert klingt, ist oft ganz einfach, wenn man sich traut und Kreativität beweist. Das ist in Gourmet-Restaurants nicht anders als in häuslichen Küchen. Ich hoffe sehr, dass Rischmeyer mal wieder als Gastkoch im Norden aufschlägt.

Diese Kolumne erschien am 19. September 2018 in der Schweriner Volkszeitung.

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