Die Neuigkeit zuerst: Ich bin ab sofort Hotelier. Der Rohbau meines sechsstöckigen 4-Sterne-Superior-Hauses steht bereits. Nun geht es an den Ausbau der geräumigen Komfortzimmer und exklusiven Suiten mit edlen innenarchitektonischen Materialien sowie um die attraktive Fassadengestaltung. Ein Restaurant braucht mein Hotel aber nicht. Denn für anspruchsvolle und abwechslungsreiche Kulinarik steht den Hotel-Gästen Mutter Natur in Form unseres weitläufigen Gartens bereit. Sie werden es ahnen: Max baut ein größeres Insektenhotel. Ich werde es wohl ohne Hintergedanken „Zur flotten Biene“ nennen. Nun denken Sie aber bitte nicht, ich präsentiere Ihnen jetzt ein Bienenstich-Rezept. Der ist kuchentechnisch nicht mein Favorit. Wenn, dann ziehe ich Eierschecke allen anderen Kuchensorten vor.
Deshalb zurück zur Natur und damit in den Garten. Probieren Sie doch einmal deftige Knödel, die von einem Vielerlei an Kräutern geprägt sind. Die lassen sich recht problemlos zubereiten. Für vier Personen etwa 600 Gramm Semmel- oder Weißbrotwürfel in 400 Milliliter warmer Milch einweichen, drei Eier und fünf Löffel Mehl unterrühren sowie fein geschnittene Wildkräuter unterheben. Gewürzt und abgeschmeckt wird wie üblich mit Salz und Pfeffer, eventuell auch mit etwas Muskat. Diese Masse hat nun eine gute halbe Stunde Zeit zur Ruhe.
Für die Kräutermischung können Sie alles unters Messer legen, was Sie sich geschmackstechnisch zutrauen: Die Palette reicht von Giersch über Brennnessel, Scharfgarbe und Knöterich bis hin zu Löwenzahn, Gänseblümchen, Gundermann, Kerbel, Liebstöckel und Frauenmantel. Fündig wird man dafür gleichermaßen im Garten wie im Wald und auf der Wiese. Mit Dill und Estragon sollte man wegen der prägnanten Inhaltsstoffe eher sorgsam umgehen. Kurz und gut: Die Kräuter dürfen sich untereinander geschmackstechnisch nicht tot machen. Man kann auch nur mit Spinat arbeiten.
Nun bekommen die Knödel eine ansprechende gestaltungstechnische Form und im Innenleben einen Käsewürfel verpasst. Dazu eignet sich (fast) alles, was käsetechnisch schmeckt. Ich bevorzuge stets die eher deftige Variante. Man muss ja nicht Stinker dazu sagen. Nun lassen Sie die Knödel in siedendem Wasser etwa eine Viertelstunde ziehen. Dann kann schon mit zerlassener Butter, geriebenem Käse und weiteren Kräutern und/oder Blüten angerichtet werden. Aber verfallen Sie bitte nicht in den Fehler, das Ganze blütentechnisch überladen zu garnieren. Ich kenne Angeber-Restaurants auf dem Land, die kaschieren auf diese Weise, dass geschmacklich-kombinatorisch noch etwas fehlt. Und eben diese Kombination kann sowohl Fisch als auch Fleisch sein.
So kann man beispielsweise Forelle, Dorsch oder Zander unter Zugabe von Speck etwas deftiger auf der Haut braten. Mir gefällt auch die Variante, den Fisch mit Kräutern und Butter in Folie im Backofen oder auf dem Grill zu garen. Für die Knödel eignet sich ebenfalls eine mild abgeschmeckte Meerrettichsoße mit etwas Muskat. Die kann man mit leicht rosa gebratenem Tafelspitz oder anderen Fleischsorten auftischen. Wer es lieber vegetarisch mag, kann sich dazu auch ein pochiertes Ei gönnen. Soll heißen: Technik ist beim Kochen nicht alles. Aber dem Gesamtergebnis sehr förderlich. Es muss eben genusstechnisch alles passen.
Diese Kolumne erschien am 15. Mai 2019 in der Schweriner Volkszeitung.