In meinem knapp vier Quadratmeter großen Hochbau-Garten, man kann auch Balkon dazu sagen, gedeihen gegenwärtig Tomaten in verschiedenen Sorten. Zu den Dingern habe ich, kulinarisch gesehen, ein besonderes Verhältnis. Denn für mich gibt es kein Gemüse, das man sortenreicher und vielseitiger einsetzen und verwerten kann. Die tomatige Kreativ-Palette reicht von Karo einfach als Brotbelag über Suppen aller Couleur bis hin zu aufwendig-raffiniert in Szene gesetzten geschmacklichen Kombinationen mit Fleisch, Fisch und allem, was eine gut bestückte Küche zu bieten hat.
Ich möchte Sie für einen pikanten Salat der Schwierigkeit 4 auf meiner zehnstufigen Zubereitungs-Leiter begeistern, für den Tomaten eine bedeutende Rolle spielen. Dafür halbieren Sie zunächst sechs schöne Fleischtomaten, die Sie mit der Hautseite nach unten auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech legen, mit drei Esslöffeln Olivenöl und zwei Esslöffeln Balsamico beträufeln, mit grobem Salz bestreuen und mit Thymianzweigen, die wachsen auch auf meiner natürlichen Hochebene, belegen. Rein in den Backofen und bei 120 Grad gute zwei Stunden etwa zur Hälfte trocknen lassen.
Nun haben Sie Zeit, eine rote Zwiebel in feine Ringe zu schneiden und mit etwas Salz und einem Esslöffel Rotwein- oder Sherryessig ein paar Minuten zu marinieren. Außerdem garen Sie köchelnd ein halbes Pfund braune Linsen bissfest, gießen sie danach ab und vermählen sie noch warm mit den Zwiebelringen. Gewürzt wird mit ein paar Esslöffeln Olivenöl, ein, zwei (!) gepressten Knoblauchzehen und grobem, schwarzen Pfeffer. Alles gut vermischen und abkühlen lassen. Danach je drei Esslöffel Grün von der Frühlingszwiebel, Schnittlauchröllchen sowie gehacktem Dill unterheben und nach Geschmack nachjustieren, sprich: würzen. Das war es eigentlich schon.
Nun können Sie als kulinarischer Architekt loslegen und auf einem großen Teller ein Linsentürmchen mit den Tomaten als Balkone bauen und mit pikanten Fenstern in Form von Gorgonzola-, alternativ Bavaria Blue- oder Roquefort-, Bröckchen, dekorieren. Das geht auch mit Camembert oder Brie – eben Quodlibet: Wie es beliebt. Das Bauwerk können Sie noch mit der Garflüssigkeit von den Tomaten beträufeln und dezent mit Kräutern begrünen. Das schmeckt ohne alles, aber auch mit einem frischen Baguette.
Ich würde/werde mich aber trauen, dazu beispielweise gebratene Sardinen oder Maränchen zu schnabulieren. Der Fisch, den Sie am besten beim Fischer Ihres Vertrauens bestellen, wird von der Mittelgräte sowie Kopf und Schwanz befreit, gut gewaschen und trockengetupft. Kurz vor dem Anrichten wird er mit Salz und Pfeffer von beiden Seiten kurz goldbraun gebraten. Das ist ein geschmacklich-trefflicher Kontrapunkt zu dem Salat.
Und in meiner virtuellen Rezeptothek gibt’s wie immer eine Vielzahl von Gerichten mit Tomaten aller Sorten, Formen, Farben und Größen. Dazu kann man sogar einen würzig-kühlen Tomatensaft trinken. Womit Sie den anreichern, ist Ihnen überlassen. Mahlzeit.
Das Kolumnen-Titelfoto für den Monat August zeigt eine sommerliche Cremesuppe mit Garnelen, serviert im "Landhaus Knötel" in Ludwigslust.
Diese Kolumne erschien am 18.8.2022 in allen Ausgaben der Schweriner Volkszeitung sowie der Norddeutschen Neuesten Nachrichten.