Vor Wochenfrist habe ich Ihnen Schmackhaftes von der Wiese erzählt. Da ist der Weg in den Wald oft nicht weit. Und wenn ich kulinarisch-waldig grüble, denke ich meist zuerst an meinen Freund Daniel Schmidthaler aus Fürstenhagen. Das ist ein kleiner, malerischer Ort in der Feldberger Seenlandschaft im äußersten Osten von Mecklenburg. Eine wunderbare Gegend, wenn man Natur genießen und entspannen möchte. Schmidthaler kocht dort, assistiert von seiner Frau Nicole als Gastgeberin, im Restaurant „Alte Schule“ auf Sterneniveau.
Mehr noch: Das Restaurant hat neben dem üblichen roten Michelin-Stern auch einen grünen. Der würdigt, in Kurzform erläutert, sein erfolgreiches Bemühen um nachhaltige, umweltbewusste, ressourcenschonende Küche. Soll heißen, der umtriebige Küchenchef ist auch sehr oft in Wald und Flur unterwegs, um die natürlichen Zutaten der Region zu suchen, zu sammeln und sie dann äußerst schmackhaft-kreativ in Szene zu setzen. Allein die Facebook-Fotos von der „Alten Schule“ regen meine kochende Fantasie immer wieder zahntropfend an. Demnächst werde ich einmal seine Lindenblütensuppe zubereiten. Die Lindenblüte ist zurzeit in Gange. Die können Sie also in freier Natur sammeln und trocknen, aber auch im gut sortierten Handel kaufen.
Nehmen Sie davon etwa 30 Gramm, gießen die Blüten mit gut anderthalb Liter heißem Wasser auf und lassen alles eine halbe Stunde ziehen. In der Zwischenzeit schneiden Sie geschälte Kartoffeln, Zwiebeln und entkernte Birnen in kleine Stücke, dünsten erst Zwiebeln und Birnen in etwas Rapsöl an, bevor Sie mit 50 Millilitern Apfelessig ablöschen und dem Lindenblütenwasser aufgießen. Ich traue mich auch, dem noch ein paar gehackte Blätter Sauerampfer unterzujubeln. Dann die Kartoffeln dazugeben, aufkochen lassen, garen und final zu einer sämigen Suppe pürieren sowie durch ein Sieb passieren. Hinzu kommen gut 100 Gramm Crème fraîche. Abgeschmeckt wird mit Salz und frisch gemörsertem Pfeffer. Diese Suppe dürfte Ihnen keine große Mühe bereiten, aber viel Geschmack bescheren.
Der Spitzenkoch Schmidthaler kombiniert dazu noch Rehfilet. Das wird erst mit gut fünf Gramm Lindenblüten in Butter kurz angebraten und darf dann in Alufolie ruhen. Lindenblüten raus aus der Pfanne, später darin das Filet in Gemeinschaft mit Brennnesselblättern nochmals etwa eine halbe Minute braten und sodann aufgeschnitten in der Suppe anrichten. Statt Reh können Sie natürlich auch anderes Wildfleisch „verbraten“. Selbst ein gutes Stück Filet von einem im Wald verirrten Rind sollten sie nicht von der Tellerkante schubsen. Ergänzen kann man mit einem frischen Baguette. Und ein passender (Rot-) Wein sollte auch nicht fehlen.
In meiner virtuellen Rezeptothek gebe ich Ihnen noch weitere Anregungen für Mahlzeiten, deren Zutaten Sie dem Wald entlocken können. Darunter Grillgemüse mit pikantem Waldfrucht-Dressing. Nicht zu vergessen: Nach dem Sammeln in der Waldesruh können Sie dort auch ein entspanntes Nickerchen einlegen. Wenn das nicht nachhaltig ist … Mahlzeit.
Das Kolumnen-Titelfoto für den Monat Juni soll daran erinnern, dass der Sommer auch die Hohe Zeit süßer Verführungen ist.
Diese Kolumne erschien am 15.6.2024 in allen 9 Regionalausgaben der Schweriner Volkszeitung, in den Norddeutschen Neuesten Nachrichten und im Prignitzer sowie in 10 Regionalausgaben des Nordkurier in MV und der Uckermark.