Auf Facebook & Co. tummeln sich gelegentlich kulinarische Raritäten in Form von Fotos und Videos, die einem den Appetit im schlechtesten Sinne des Wortes verderben. Dann kann ich manchmal nicht anders und kommentiere in meiner bekannt liebenswürdigen Art. So habe ich ab und an mal social-mediale Pausen von bis zu vier Wochen. Macht nichts, dank meiner Undercover-Profile. Kürzlich aber bin ich angesichts eines Fotos wieder auf altbekannten Geschmack gekommen. Da hat Koch Robert Letz aus Wien nichts aufwändig beschrieben, sondern nur Paprikakutteln mit Bärlauchknödeln gezeigt.
Allein der Begriff „Kutteln“ erzeugt ja bei manchen Leuten Gänsehaut auf der Zunge. Ich aber habe die Dinger vor allem in Form von sauren Flecken geschätzt und auch genussvoll als „Flaki“ in Masuren gegessen. Mein Entschluss steht felsenfest: Bei mir kommen demnächst Paprikakutteln auf den Tisch. Und wer mit dem Begriff nichts anzufangen weiß: Google hilft auch in diesem Fall.
Natürlich brauchen Sie dazu vor allem Rinderkutteln. Die müssen Sie wohl oder übel beim Schlachter Ihres Vertrauens bestellen und erhalten sie vielleicht sogar bereits gekocht über die Ladentheke gereicht. Ich habe bereits meine Vitamin B-Kontakte aktiviert. Läuft.
In der Küche müssen Sie das Fleisch für die weitere Verarbeitung in feine Streifen schneiden. Ein gutes halbes Pfund sollte für zwei Personen ausreichen. Nun kommen eine Zwiebel und eine rote Paprika sowie ein paar Chili-Schoten unters Messer, werden in Butter angeschwitzt und mit Paprikapulver bestäubt. Danach wird mit einem Viertelliter Rinderfond und knapp 100 Milliliter Sahne aufgegossen, alles leicht eingekocht und schließlich gemixt.
Dann hüpft das Kuttel-Geschnetzelte in die heiße Pfanne und wird bei mäßiger Hitze oder auf kleiner Flamme ein paar Minuten geköchelt und final mit Zitronenschalen-Abrieb, Salz und Pfeffer abgeschmeckt. Ein Schuss Zitronensaft schadet auch nicht. Und nach Bedarf kann mit etwas hellem Mondamin-Soßenbinder angedickt werden. Garniert wird mit fein gehackter Petersilie oder Schnittlauch. Wenn Sie vielleicht als kulinarischer Angsthase noch nicht mutig genug für die Flecke sind, können Sie das Ganze auch mit Schweins- oder Kalbsgeschnetzeltem zubereiten.
Die nächste geschmacklich-kombinatorische Mutprobe sind die Bärlauch-Knödel. Deren Zubereitung erkläre ich Ihnen ausführlich in meiner virtuellen Rezeptothek. Dazu brauchen Sie neben den üblichen verdächtigen Zutaten natürlich auch das berühmt-berüchtigte Wildgemüse, das im Frühjahr seine Hoch-Zeit hat und zu einer Art kulinarischem Frühlings-Joint mutiert. Der Mut besteht darin, dass man die Lauchpflanze mit giftigen Maiglöckchen oder Herbstzeitlosen verwechseln kann. Kleiner Tipp: Bärlauch riecht nach Knoblauch. Aber die Risiken und Nebenwirkungen kann man bannen, wenn man das Grünzeug aus fachlich-kompetenter Hand kauft. Ich halte es jedenfalls nicht nur kulinarisch mit Theodor Fontane, der meint: „Am Mute hängt der Erfolg.“ Mahlzeit.
Das Kolumnen-Titelfoto für den Monat April 2022 zeigt eine Eigenkreation aus SaiblingsFilet mit frischem Salat und Weichkäse.
Diese Kolumne erschien am 13.4.2022 in allem Ausgaben der Schweriner Volkszeitung sowie der Norddeutschen Neuesten Nachrichten.