Ja, ich weiß, eigentlich sollte es diesmal „kräuterig“ zugehen. Jedoch „aus gegebenem Anlass“ bin ich noch nicht dazugekommen, Wald und Flur nach kulinarischen Ergänzungsgewächsen zu durchforsten. Aber wenigstens mein balkonaler Garten ist seit dieser Woche schon gut bestückt mit den Kräutern, die das Essen schmackhaft anreichern. An korrespondierenden Themen soll trotzdem nicht mangeln, denn auch Kartoffeln bedürfen des einen oder anderen Gewürzes, um besondere geschmackliche Facetten zu entfalten.
Also ran an die Knollen, die ich in (fast) jeder Form gern esse. Bis auf Süßkartoffeln, die nicht so zu meinen Vorlieben zählen. Die knollige Palette reicht von schnöden Salzkartoffeln, die bei mir immer mit etwas Kümmel gekocht werden, über Klöße in allen Variationen bis hin zu Kartoffelstampf und goldgelben Kartoffelpuffern. Auf der Suche nach neuen kartoffelverarbeitenden Ideen bin ich auf eine sehr schmackhafte Variante gestoßen, die ich ausprobiert habe.
Diese Tüften werden zwar neudeutsch "Smashed Potatoes" genannt. Abgelehnt. Quetschkartoffeln ist die zutreffendere Bezeichnung. Obwohl in meiner ehemaligen Heimat, dem Erzgebirge, die zerquetschten Kartoffeln eher mit Kartoffelbrei umschrieben werden. Egal, auch für die neuzeitliche Version müssen die Kartoffeln mit Schale etwa 20 Minuten in Salzwasser gegart werden. Dann werden sie auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech verbannt und mit Hilfe der Unterseite eines Glases oder einem Kartoffelstampfer zerdrückt, also gequetscht. Keine Bange, das tut den Knollen nicht weh. Sie aber sollten auf Ihre Finger achtgeben, denn die Kartoffeln sind richtig heiß.
Zum Schluss noch ein wenig salzen und mit Olivenöl beträufeln. Dann rein in den auf 220 Grad Ober-/Unterhitze vorgeheizten Ofen und die Quetschkartoffeln bis zu einer halben Stunde backen. Im letzten Drittel der Garzeit können Sie das Ganze mit geriebenem Käse Ihrer Wahl bestreuen. Außerdem werden kleine Schinkenstückchen ohne Fett angebraten und auf einem Küchentuch abgetropft. Ich halte es wie bei den gebackenen Kartoffeln (außen kross, innen weich) auch mit dem Schinkenspeck eher mit der etwas weniger knusprigen Variante. Aber das muss jeder für sich entscheiden.
Angerichtet werden die Quetschkartoffeln mit fein geschnittenen Schnittlauchringen, den Schinkenwürfeln, Kräutern ganz nach Geschmack sowie wahlweise mit Schmand. Als Schinkenersatz ist, wie ich es praktiziert habe, beispielsweise eine gebratene Salsiccia, alternativ eine Original Thüringer Rostbratwurst oder andere umhüllte und gegrillte Fleischsorten empfehlenswert. Man merke: Himmelfahrt und Pfingsten stehen bevor. Die kulinarische Freiluftsaison ist eröffnet.
Natürlich gibt’s auch weitere, etwas subtilere Kartoffelvarianten wie Kartoffelpasteten oder -pizzen mit grünem Spargel sowie deftigen Schmandkartoffeln. Anregungen dafür gibt’s wie immer in meiner virtuellen Rezeptothek an bekannter Stelle. Da können Sie Ihrem knollig-kochenden Affen trefflich Kartoffel geben. Mahlzeit.
Das Kolumnen-Titelfoto für den Monat Mai zeigt ein Gericht von Andreas Scholz aus dem gleichnamigen Restaurant in Weimar: Kalb / Süßkartoffeln / Morcheln / Blumenkohl
Diese Kolumne erschien am 11.5.2023 in allen Ausgaben der Schweriner Volkszeitung sowie der Norddeutschen Neuesten Nachrichten.