Mittlerweile gibt es Restaurants, in denen wird ebenso bodenständig wie abgehoben gekocht. Aber das wissen Sie als Leser meiner Kulinarischen Kolumne natürlich längst. In solchen Lokalitäten kommen Dinge auf den Tisch, die bereiten echtes Kopfkino mit gedanklichen Essstörungen. Was nicht heißt, dass einem letztlich der Geschmack verloren geht. In der Bundeshauptstadt aber erlaubt sich ein Sternegastronom sogar, Gäste per Symbol von seinem Haus fernzuhalten, die einer politisch-alternativen Klientel angehören, die die Welt nicht braucht.
Okay, von der Zielsetzung her kann ich den demokratischen Gedanken ja noch nachvollziehen. Die Umsetzung aber ist mir eher suspekt. Eintritt also nur mit nachrichtendienstlich zertifiziertem Nachweis, dass man unbedenklich schlemmen darf und die kulinarische Szene nicht unterwandert. Ich bin geneigt, Heine zu zitieren: „Denk ich an Deutschland in der Nacht…“ Aber es gibt ja auch am Tag genug zum Grübeln, was aktuelle Demokratie ausmacht.
Ich werde kulinarisch trotzdem in diesem Jahr nicht mit der Tradition brechen, dass für mich zum Jahreswechsel Fisch gehört. Diesmal empfiehlt Ihnen Max zu Silvester oder Neujahr ein pikantes Tatar als geschmackliches Duett von Saibling und Forelle.
Na gut, das ist nicht auf „meinem Mist“ gewachsen, sondern wurde von Alexander Huber aus dem oberbayerischen Pleiskirchen kreiert. Der bodenständige Sternekoch wirkt auch bei den Jeunes Restaurateurs, sozusagen der Kaderschmiede für Deutschlands Spitzenköche, erfolgreich mit. Er hat damit eine ebenso einfache wie anspruchsvolle Speise entwickelt, die jedem Tisch gut zu Gesicht steht. Machen Sie sich die Mühe, schauen Sie sich das vollständige Rezept auf meinem neugestalteten Internet-Portal an.
Das Tatar von Forelle und Saibling geht hinsichtlich der Zubereitung ganz einfach. Für vier Personen nimmt man 200 Gramm fein gewürfeltes Filet von der Forelle. Ohne Gräten, versteht sich. Dazu kommen die gleiche Menge Filet vom Saibling, etwa 30 Gramm Selleriewürfel, 20 Gramm Apfelwürfel vom roten Apfel, anderthalb Esslöffel Mayonnaise, ein Esslöffel Buttermilch, etwas Rapsöl, ein Spritzer Zitrone, etwas Zitronenabrieb, gehackter Schnittlauch und Dill sowie Salz und Pfeffer zum Würzen ganz nach individuellem Geschmack. Alles gut mischen, zu gleichen Teilen portionieren oder in Förmchen (die habe ich Ihnen vor Wochenfrist vorgestellt) geben, um dem Ganzen eine ansprechende Figur zu verleihen. Stürzen und anrichten.
Dazu gibt’s einen Schmand aus Forellenkaviar. Das klingt dekadenter als es ist. Den Forellenkaviar kann man im gut sortierten Feinkostladen recht preisgünstig erwerben. Man gönnt sich ja sonst nichts. Und wenn, warum nicht gerade zum Jahreswechsel. Wer sich übrigens kochtechnisch etwas traut, kann die begehrten Kügelchen aus dem Rogen der Forelle auch selbst herstellen, wenn man ein paar Regeln beachtet. Das Ganze wird serviert mit einem Apfel-Feldsalat vom grünen Apfel sowie knusprigen Brotchips. Das alles schmeckt nicht nur sehr gut und sieht appetitlich aus. Damit kann man im familiären sowie im Freundes- und Bekanntenkreis genusstechnisch mächtig Punkte sammeln. Und es bleibt auch noch Platz für weitere Köstlichkeiten.
Um den demokratischen Bogen zu spannen, ich wünsche nicht nur allen Fisch-Liebhabern ein genussvolles „Petri Heil“. Vorausgesetzt, man weiß, wie „Petri“ geschrieben wird. Sonst könnte einem die Gräte im Hals stecken bleiben. Prost Neujahr allerseits.
Diese Kolumne erschien am 29. Dezember 2016 in der Schweriner Volkszeitung.