Geschmackssache: Max is(s)t brutal…

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Max' Kulinarische Kolumne - Mecklenburger Sommerfrische

In Berlin gibt’s ein Sterne-Restaurant, da wird behauptet, man koche „brutal lokal“. Soll heißen, die verarbeiten nur Produkte aus dem unmittelbaren Umfeld und finden für jedes Blatt und jeden Grashalm eine mehr oder weniger geschmackvolle Umsetzung. Ich bin auch ein Vertreter der kulinarisch-regionalen Komponente und mir diesbezüglich der Unterstützung vieler Köche sicher.

Das kam mir zugute als ich nach einem professionellen Mitstreiter suchte, mit dem ich auf einer Show-Bühne kochen konnte, die der Kunstverein LandArt in der Barther Boddenbühne aufgebaut hatte. Klönschnack mit Musik war angesagt. Das ist eine Art Riverboat am Bodden als Mix aus Talk und Genuss in vielerlei Hinsicht. Zum Glück kenne ich Holger Gniffke aus Penzlin. Der gelernte Koch, Küchenmeister und Chef einer Gesellschaft für Lebensmitteltechnologie und Ernährung teilt meine Philosophie. Mit ihm bin ich als  tätiger Beikoch eine kochende Verbindung eingegangen. Unsere selbst gestellte Aufgabe war es, ein Drei-Gang-Menü für 100 Gäste zu zaubern und zu schicken, wie es im kochdeutsch heißt.

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Mein „Chef“ hatte ein vorzügliches  „Mecklenburger Heimatmenü“ entwickelt und alles perfekt vorbereitet. Der Rest war dann schnell erledigt. Pustekuchen, wir hatten fünf Stunden alle Hände voll zu tun und haben mächtig geschwitzt. Den Auftakt bildete eine „Pommersche Sommerfrische“. Dem folgte eine „Feine Schweinerei mit Kruste“ und ein finales „Mecklenburger Kaffeeschnittchen“.  Wenn das nicht regional ist, was dann.

Die „Sommerfrische“ ist eine quicklebendige, kalte Suppe für vier Personen. Dazu halbiert man eine Salatgurke längs und entfernt mit einem Teelöffel die Kerne. Drei Viertel davon werden in grobe Stücke geschnitten. Sodann ein halbes Bund Schnittlauch schneiden, acht Radieschen putzen, halbieren und zusammen mit 750 ml eiskalter Buttermilch und 150 g Schmand gut pürieren. Alles mit Salz, Pfeffer und Zitronensaft abschmecken und zugedeckt mindestens 4 Stunden kalt stellen. Vor dem Servieren die Suppe nochmals abschmecken. Als Einlage werden Kartoffelwürfel, die restliche Gurke, Eierstich und Schnittlauch in die Suppe gegeben und  alles mit einem raffiniert-pikanten Raps-Brennnessel-Öl beträufelt, das man selbst herstellt. Rhabarbersalz rundet das Ganze geschmacklich trefflich ab.

Geschmeckt hat es dem Verlauten nach allen. Sogar einem leibhaftigen Minister, der mir bisher eher weniger „geschmeckt“ hat, aber kompetent und sympathisch rüberkam. Nein, der Landes-Till war es nicht. So viel sei verraten. Wenn ich mir auch gewünscht hätte, dass zum Thema regionale Kulinarik ein wenig geplaudert worden wäre: Holger Gniffke und ich sind uns einig, dass wir gemeinsam etwas aus diesem Anspruch machen und traditionell typische Gerichte aus Mecklenburg und Vorpommern neu auflegen und in einem Buch zusammenfassen. Darauf dürfen Sie sich ebenso freuen wie auf die vollständigen Rezepte des Menüs, die man an gewohnter Stelle findet.

Um den Bogen zu „brutal lokal“ zu spannen: Militante kulinarische Regionalisten sind wir natürlich nicht. Trotzdem wünschen wir uns auch im Nordosten mehr Regionalität auf dem Tisch. Denn Schnitzel mit Pommes und Mayo sind ja kulinarisch-regional eher Randgebiete.  Wenn es also landestypisch ein wenig anspruchsvoller sein soll, dann muss man etwas Mut zum Produkt und Kreativität beweisen, aber durchaus auch Kompromisse eingehen. Schließlich ist der Weg das Ziel, und das heißt Genuss.

Diese Kolumne erschien am 21. Juni 2016 in der Schweriner Volkszeitung.

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