Hier spricht der Puffer-Max: Heute gibt’s mal wieder eine kulinarische Wanderung im Erzgebirge. Wenn man dort geboren wurde, denkt man, die Gegend wie seine Westentasche zu kennen. Pustekuchen. Diese Wunschvorstellung habe ich mir schon abgeschminkt, als ich 2008 ein Buch über das kulinarische Sachsen geschrieben habe. Mein natürliches Umfeld lag einst um Aue und reichte über Sosa und den Auersberg höchstens bis zum Fichtelberg. Auch das Vogtland ist mir nicht unbekannt. Aber allein entlang der grünen Grenze ins Böhmische gibt es viele Geheimtipps abseits von Gourmet & Co., aber mit nicht weniger Geschmack, zu entdecken.
In Steinbach nahe Jöhstadt gibt es eine „Raststätte Am Wildbach“. Speisekarte klein, aber oho. Die Palette reicht von Forelle in Haselnusskruste über Sattmacher "Mixed Grill" im Zwiebelbrottopf aus vier verschiedenen Sorten Fleisch bis zum fulminanten „Großen Fressen“ aus einer Schweinskeule im Ganzen mit Specksauerkraut und ofenfrischem Zwiebelbrot. Mit dem Wirt bin ich schnell ins Gespräch kommen. Dazu reicht schon ein einfaches „Glück Auf!“, und der Schnack geht los.
Der kulinarische Anspruch der Küche ist bodenständige erzgebirgische Küche, die auch einen geschmacklichen Ausblick nach Tschechien bietet. Ein diesbezüglicher Klassiker ist der „Blick nach Böhmen“. Der zeigte sich als Jungbunzlauer Kartoffelpuffer. Ich liebe diese Dinger. Der Ort ist übrigens der deutsche Name für Mladá Boleslav. Da kommt mein Auto her. Das steht vor der Tür. Der Puffer wird mir wenig später drinnen serviert. Dazu, verrät mir Koch Mario Eberlein, werden 60 Prozent Kartoffeln und 40 Prozent Sauerkraut verwendet. Letzteres optimal selbst zubereitet, oder aus dem Spreewald.
Die Kartoffeln werden hälftig roh und gekocht auf der mittleren Reibefläche gerieben. Das alles wird mit dem Sauerkraut und „viiiiel“ gepresstem Knoblauch und klein gehackter Zwiebel vermischt. Die lasse ich aber weg. Als Gewürze kommen Kümmel, frischer Majoran und Thymian zum Einsatz. Nun kann die Masse in Schmalz zu dünnen Kartoffel-Sauerkraut-Puffern goldgelb ausgebacken werden. Angerichtet wird mit saurer Sahne, geschnittenem Lauch und roter Zwiebel. Dazu passt ein saisonaler Salat.
Als bissfeste Beilage nach Max‘ Geschmack rät er zu Geräuchertem oder Gepölkeltem wie Kassler oder auch Hirschknacker. Letztere habe ich mir einverleibt. Nicht so geeignet seien Geflügel oder Kalb. Zumindest das gebratene Federvieh ist sowieso nicht so mein Ding. Aber die „dezente“ Knobinote hat es mir angetan. Die entwickelt einen irren Duft und treibt einen die Hitze ins Gesicht.
Dass man in Sachen Kartoffelpuffer natürlich auch ohne Ende variieren kann, brauche ich wohl nicht zu betonen. Daheim mag ich sie vor allem pur, nur mit Salz, Pfeffer, einem Hauch Quark und einem Ei. Aber „viiiiel“ Kümmel. Nicht so begeistert bin ich diesbezüglich von süßen Puffer-Variationen, sehr wohl aber in Kombination mit raffinierten, pikanten Dips. Und so gar keine schlechte Idee sind doppelt-gemoppelte Puffer. Soll heißen: Puffer mit Belag wie Hack, Mozzarella, Oliven und anderen neckischen Zutaten überbacken. Ich werde wohl mal den Max-Gedächtnis-Puffer kreieren.
Diese Kolumne erschien am 8. August 2018 in der Schweriner Volkszeitung.