Geschmackssache: Max is(s)t belehrt…

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Max' Kulinarische Kolumne - Rehragout mit Pilzknödeln

Wenn ich immer noch die Ansage „Sie haben Post…“ als Hinweis für neue E-Mails aktiviert hätte, wäre das angesichts von weit über tausend Nachrichten pro Tag eine sprachliche Endlosschleife. Also lasse ich mich stets überraschen, weiß aber mittlerweile, was mich informationstechnisch allgemein erwartet. Überraschungen eingeschlossen. Dieser Tage erreichte mich eine Nachricht von Günter Markstein aus Parchim. Den kenne ich von einigen kulinarischen Begegnungen.


Der Mann ist ein ganz passabler Hobbykoch und war sogar mal Protokollchef bei Manfred Stolpe in Potsdam. Und dieser jagdbegeisterte Himmelhund hat mir doch tatsächlich eine Kolumne (vor-) geschrieben. Die ist eine Art Memorandum für wilden Genuss. Soll heißen: Der Markstein will mich für gesundes Fleisch von Reh, Hirsch und Co. gewinnen. Eigentlich ist dafür doch der Landes-Till als oberster Waidmann, (Spargel-) Stecher, Bienen-Flüsterer und Biber-Droher zuständig. Egal.

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Markstein jedenfalls weist mich in der mir oktroyierten Kolumne darauf hin, dass am 1. Mai die Abschusszeit für Rehe beginnt. Komisch. Zu meiner Jägerzeit konnte man sich noch das ganze Jahr an die Rehlein heranpirschen. Die zweibeinigen, versteht sich. Heute stehen die nur noch in Fünferreihe auf dem Feld gegenüber unserem Haus und schauen mich treu an. Die vierbeinigen, versteht sich. So is(s)t das Leben…


Als Rezept empfiehlt mir der Jäger und Fischer ein Rehragout mit Preiselbeeren, Esskastanien und  Pilzknödeln. Darauf gehe ich doch gern ein, zumal mich auch die Beilagen reizen. Das Ragout an sich ist kochtechnisch nix Dickes. Im Schnelldurchlauf: Rehfleisch würfeln, mit Wurzelgemüse und Zwiebeln scharf anbraten, mit Rotwein ablöschen und leicht reduzieren. Wildfond oder Gemüsebrühe zugießen bis das Fleisch bedeckt ist. Alles mit Zucker, Wacholderbeeren, Pfefferkörnern, Piment, Lorbeerblättern und Thymian ansetzen und bis zu 90 Minuten köcheln.


Auch die Semmelknödel sind selbst für Laien machbar. Dazu werden alte Brötchen etwas zerkleinert, mit Milch aufgekocht, abkühlt und Eier sowie geriebene Muskatnuss eingerührt. Den Teig zehn Minuten ruhen lassen und mit einer Mischung aus scharf angebratenen Pilzen, Zwiebeln und Speckwürfeln sowie Salz, Pfeffer und gehackter Petersilie verkneten. Knödel  formen, die zehn Minuten in Salzwasser gegart werden. Angerichtet wird mit der passierten und angedickten Bratensoße, die mit Salz, Pfeffer, etwas Zitronensaft und Preiselbeermarmelade abgeschmeckt wurde. Dazu kommen vorgegarte und in der Soße erwärmte Esskastanien. Die könnte ich mir sogar in Form von Püree vorstellen.


Auch zum Einsatz kommen blanchierte Rosenkohlblätter, Preiselbeeren und etwas Sahne als Garnitur. Abgelehnt ist die Orangenscheibe. Das muss man dem Reh ja nun nicht antun. Bei dieser Machart könnte ich mich auch für einen Rehrücken, einen deftigen Rehpfeffer oder eine Frischlingskeule begeistern. Mit original grünen Klößen, versteht sich. Die schmecken gebraten und mit viel Soße auch am Tag danach.


Der Markstein hat übrigens recht: Wild kochen ist grenzenlose kochende Kreativität mit Geschmack. Und regt die Erinnerung an Zeiten an, als die Rehlein noch zweibeinig waren.

Diese Kolumne erschien am 25. April 2018 in der Schweriner Volkszeitung.

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